Im Lysser Stiglimatt-Quartier ist selbst im Haus des stärksten Eidgenossen seit Tagen eine kindliche Angst spürbar. Christian Stuckis ältester Bub Xavier (6) spricht am Familientisch immer wieder dasselbe Thema an: «Sagt mir bitte, dass dieses Coronavirus doch nicht so gefährlich ist!»
Mama Cécile und Papa Christian packen immer wieder dieselben Worte aus, um den Erstklässler zu beruhigen: «Xavier, für uns jüngeren Menschen ist dieses Virus wirklich nicht so gefährlich. Wir müssen aber trotzdem sehr vorsichtig sein, damit wir die älteren Menschen, für die eine Ansteckung tödliche Folgen haben könnte, schützen können.»
Familie Stucki schützt ältere Mitmenschen
In der Familie des Schwingerkönigs werden die älteren Mitmenschen tatsächlich in vorbildlicher Manier abgeschirmt. Obwohl Stuckis Eltern Daniela und Willi den 65. Geburtstag noch vor sich haben und somit nicht zur Hochrisikogruppe gehören, hat Cécile ihren Arbeitsplan so verändert, dass Xavier und sein jüngerer Bruder Elia (4) in dieser kritischen Zeit nicht auf den Hütedienst der Grosseltern angewiesen sind.
«Chrigu absolviert ein Arbeitspensum von 60 Prozent als Lastwagenchauffeur, ich arbeite 40 Prozent auf einem Notariatsbüro. Homeoffice ist bei dieser Tätigkeit nicht möglich. Normalerweise sind wir deshalb beide am Montag aus beruflichen Gründen ausser Haus. Nun konnte ich aber den Arbeitsplan so korrigieren, dass ich bei den Kindern bleiben kann, wenn Chrigu zur Arbeit fährt.»
Umgekehrt kümmert sich der Sportler des Jahres 2019 um den Haushalt, wenn seine Frau ins Büro geht. «Chrigu ist ein sehr guter Koch. Er beherrscht nicht nur das Niedergaren von Fleisch exzellent, er kann auch in sensationeller Manier ein Ratatouille oder Thai-Curry zubereiten», schwärmt Cécile.
Stucki trainiert nun zuhause
Weil der Eidgenössische Schwingerverband die Trainings im Sägemehl bis Ende April verbietet, hat der 128-fache Kranzgewinner derzeit sowieso mehr Freizeit. Zumal für den 35-Jährigen bis zum Ende der Corona-Krise auch die Türe zur «Folterkammer» seines Konditionstrainers Tommy Herzog verschlossen bleiben wird.
Stucki hat deshalb einen Notplan konzipiert, damit er seinen gigantischen Körper (198 cm/150 Kilo) bis zur Wiedereröffnung von Herzogs Trainingszentrum in Beromünster in Schwung halten kann: «Ursprünglich wollte ich den privaten Kraftraum meines Onkels benutzen. Aber weil ich mittlerweile damit rechne, dass der Bundesrat in den nächsten Tagen eine Ausgangssperre ausrufen wird, richte ich mir nun in meiner eigenen Garage einen Kraftraum ein.»
Dass der Kraftraum des Königs im Vergleich zum Zentrum seines Coaches nur spartanisch eingerichtet ist, sieht seine starke Gattin pragmatisch. «Wenn Chrigu zu wenig Geräte hat, kann er ja das Auto herumschieben ...»
Sohn Xavier vermisst seine Grosseltern
Cécile Stucki erkennt in dieser schwierigen Phase generell auch eine grosse Chance: «Dieser Corona-bedingte Stillstand hat den positiven Nebeneffekt, dass sich die Natur endlich wieder einmal erholen kann. Deshalb gibt es in den Kanälen von Venedig, die noch vor ein paar Wochen total verdreckt waren, plötzlich wieder klares Wasser. Das macht mir Hoffnung.»
In der Zwischenzeit hat ihr Xavier am Familientisch zu Papier und Stift gegriffen. Wenn er seine geliebten Gross- und Urgrosseltern wegen diesem verflixten Virus schon nicht sehen kann, will er ihnen wenigstens einen Brief schreiben. Allzu leicht fällt ihm das Schreiben derzeit aber nicht. Seine Hände sind aufgrund des ständigen Waschens und Desinfizierens in den letzten Wochen ziemlich wund geworden.
Trotzdem bringt der kleine Stucki ein paar Zeilen zu Papier, die seinen Ahnen das Leben in der Quarantäne zumindest für einen kurzen Moment erheitern werden.