Die Schlussgänge
Wer das Drehbuch für Christian Stuckis letztes Schwingfest geschrieben hat, mag es kitschig. Der abtretende Schwingerkönig zieht beim Seeländischen in den Schlussgang ein. Und bekommt die Chance zur Revanche gegen Christian Gerber. Im 4. Gang noch unterlegen, kann er ihn nun kurz vor Ablauf der zwölf Minuten bodigen. Für Stucki ists der sechste Sieg beim Seeländischen, der insgesamt 44. Kranzfestsieg und der 134. Kranz. Mit einem Happy End verabschiedet er sich in die Schwing-Rente.
Joel Wicki geht aggressiv in den Stoos-Schlussgang, lanciert früh Angriffe gegen Mike Müllestein. Der bleibt auch im zum Schluss des Festes einsetzenden Regen standhaft. Und kommt plötzlich selber ganz nah an den Sieg. Mit einem Fussstich legt er Wicki beinahe aufs Kreuz, aber das Resultat wird ihm nicht gegeben. Wenig später ists dann passiert und er liegt selbst im Sägemehl. Wicki gewinnt nach dem Urner, Schwyzer und Luzerner Kantonalen sein viertes Fest in diesem Jahr. Auf dem Stoos triumphiert er nach 2017, 2019 und 2021 zum vierten Mal. Damit zieht er mit Adi Laimbacher gleich. Einzig Philipp Laimbacher (fünf Siege) und Karl Meli (acht Siege) haben das Fest öfter gewonnen.
Tschou zäme
Im Zentrum des Seeländischen steht der Abschied von Christian Stucki. Schon frühmorgens sind praktisch alle Plätze besetzt, nur noch ganz wenige Tickets gibts an der Tageskasse zu kaufen. Alle wollen den König 2019 noch einmal schwingen sehen. Schon bevor er das erste Mal das Sägemehl betritt, schenken ihm die Zuschauer stehende Ovationen. Und wie dankt es ihnen Stucki? Mit einer letzten Gala und dem Beweis, dass ers immer noch kann. Am Schluss fliessen dem Bösen die Tränen nur so über die Wangen.
Das rote Hemd
Es ist das Markenzeichen, das Christian Stucki durch seine Karriere begleitet hat: das rote Hemd. In Lyss ist es omnipräsent, denn die Seeländer Schwinger tragen zu Ehren ihres abtretenden Königs alle sein Hemd.
Aber nicht nur das Hemd ist omnipräsent, sondern auch Stuckis Konterfei. Seine Fans haben ein Porträt von ihm, auf dem er eine Krone trägt, auf T-Shirts drucken lassen.
Die Quote
Jubiläum für Joel Wicki. Er gewinnt auf dem Stoos den 60. Kranz seiner Karriere, feiert den 21. Sieg. Heisst: Jedes dritte Mal ist der Kranzgewinn gleichbedeutend mit dem Festsieg. Eine beeindruckende Quote.
Keine Revanche
Erstmals seit dem Eidgenössischen letzten Sommer nehmen König Joel Wicki und sein Schlussgang-Gegner Matthias Aeschbacher am gleichen Schwingfest teil. Kommts auf dem Stoos zum erneuten Aufeinandertreffen und damit zur Revanche? «Das wäre für mich keine Revanche-Paarung», sagt Aeschbacher vor dem Fest zur «Aargauer Zeitung». «Natürlich wird das von allen anderen so aufgenommen. Aber wenn ich mir solche Gedanken machen würde, dann würde mir der Fokus fehlen.» Letztlich werden die beiden nicht aufeinander losgelassen. Auch im Schlussgang stehen sie sich nicht gegenüber – weil Mike Müllestein mit einem Plattwurf im 5. Gang an Aeschbacher vorbeizieht.
Die Rückenbeschwerden
Zwei grosse Namen fehlen an diesem Sonntag auf den Teilnehmerlisten. Kilian Wenger muss seine Teilnahme am Stoos-Schwinget wegen Rückenbeschwerden und einem viralen Infekt absagen. Auch Pirmin Reichmuth zwickts im Rücken, er gibt fürs Seeländische Forfait.
Der Schreckmoment
Der 1. Gang auf dem Stoos wird von einem Unfall überschattet. Im Eidgenossen-Duell zwischen Alex Schuler und Marco Good staucht es letzteren am Platzrand ordentlich zusammen. Ein Schmerzensschrei hallt durch die Arena. Good wird längere Zeit gepflegt, ehe er mit einer Nackenverletzung auf der Trage abtransportiert und wenig später mit dem Helikopter ins Spital geflogen wird. Wie gravierend seine Verletzung ist, ist bisher nicht bekannt.
Die Überraschung
Im 2. Gang auf dem Stoos greifen Elias Pirkheim und Sven Schurtenberger zusammen. Körperlich liegen die Vorteile klar bei Schurtenberger, aber Pirkheim lässt sich davon nicht beirren. Einen Angriff nach dem anderen lanciert er, am Ende kontert er am Boden eine Aktion von Schurtenberger erfolgreich und holt sich überraschend den Sieg.
Der Rekord
Im 6. Gang greift Christian Schuler mit Reto Thöni zusammen. Er bekundet keinerlei Probleme mit ihm und legt ihn platt auf den Rücken. Damit schreibt der 35-Jährige ein Stück Stoos-Geschichte. Denn mit dem Sieg sichert er sich seinen 12. Kranz bei diesem Fest und zieht mit Rekordhalter Anton Steiner gleich. Sein erstes Eichenlaub hat sich Schuler hier 2006 geholt.
So gehts weiter
Am kommenden Sonntag gehts mit dem nächsten Bergkranzfest weiter. Die Bösen steigen am Schwarzsee-Schwinget in die Zwilchhosen. Zudem findet in Flims GR das Bündner-Glarner Kantonale statt. (bir)