Remo Käser trifft Drag Queen
«Du kommst extrem weiblich rüber»

Für das BLICK-Unspunnen-Extra taucht Remo Käser in für ihn eine unbekannte Welt. Der Schwinger trifft Drag Queen Vicky Goldfinger.
Publiziert: 26.08.2017 um 16:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:25 Uhr
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Remo Käser begibt sich für das BLICK-Unspunnen-Extra in unbekannte Welten.
Foto: BENJAMIN SOLAND
Marcel W. Perren

Der 20-jährige Remo Käser ist ein Popstar in Zwilchhosen. Der Drittplatzierte des letzten Eidgenössischen verpackt seinen muskulösen Körper in Designer-Klamotten. Er legt Wert auf eine makellose Frisur, an seinem linken Ohrläppchen funkelt ein schmucker Stecker. Dadurch strahlt der zweifache Kranzfestsieger auf die Frauen einen besonderen Glanz aus, «Prinz Remo» gehört zu den grössten Frauenlieblingen der Sägemehl-Schweiz. Diesmal trifft sich die jüngste Berner Unspunnen-Hoffnung im Zürcher Kaufleuten mit einer ungewöhnlichen Frau. Es ist die Drag Queen Vicky Goldfinger, hinter der sich der homosexuelle Schauspiel-Student Samuel Zihlmann (26) verbirgt.

Remo Käser: Vicky, sind deine Brüste echt?

Vicky Goldfinger: Nein, natürlich nicht. (Vicky greift in ihren Ausschnitt und hält Remo eines ihrer Brustkissen unter die Nase) Diese Implantate werden von vielen Frauen benutzt, die sich nach der Diagnose Brustkrebs die echte Brust entfernen lassen müssen. Von Drag Queens wie mir werden die Dinger jetzt halt etwas zweck-entfremdet …

Käser: Du kommst damit wirklich extrem weiblich rüber. Wie oft kommt es vor, dass du von heterosexuellen Menschen angemacht wirst?

Goldfinger: Ich trete in dieser Rolle ja meistens in Schwulenklubs auf. Und dort gibt es logischerweise kaum Männer, die auf Frauen stehen. Aber ich habe schon das Experiment gewagt, dass ich mich mit einem Bild von mir als Drag Queen auf einer Dating App für Heteros angemeldet habe. Es war echt verrückt, wie viele nach Frauen suchende Männer sich da bei mir gemeldet haben. Als ich diese Herren in meinem Antwortschreiben darauf aufmerksam gemacht habe, dass ich keine richtige Frau bin, haben einige sehr betupft reagiert. Es gibt aber auch Hetero-Männer, die mein Spiel mit den Geschlechtern richtig geil finden und mehr von mir möchten. Aber da stossen sie bei mir an eine Grenze.

Käser: Inwiefern?

Goldfinger: Es gibt bei mir eine Grenze der Intimität. In meiner Rolle als Vicky Goldfinger bin ich überhaupt nicht scharf auf Sex. Ich hatte zwar auch schon Geschlechtsverkehr als Drag Queen, mit der Perücke und den künstlichen Brüsten ist das aber extrem unbequem. Aber sag mal ganz ehrlich: Hättest du mich angeschrieben, wenn du mein Drag-Bild auf einer Dating-Plattform entdeckt hättest?

Käser: Nein. Ich halte generell nicht viel von solchen Plattformen. Zudem lebe ich sehr glücklich mit meiner Freundin Rebecca zusammen. Würde ich denn in dein Beuteschema passen?

Goldfinger: Du bist mir um ein paar Jahre zu jung! Was mich brennend interessiert: Es soll ja immer noch viele Schwinger geben, bei denen die Frau ausschliesslich für den Haushalt und die Erziehung der Kinder zuständig sein sollen. Siehst du das auch so?

Käser: Überhaupt nicht. Meine Freundin arbeitet in einem Spital, und ich nehme in unserer gemeinsamen Wohnung sehr oft selber den Staubsauger oder den Kochlöffel in die Hand. Dein Bild von einem modernen Schwinger ist also nicht mehr zeitgemäss. Hast du denn schon einmal ein Schwingfest besucht?

Goldfinger: Bis jetzt habe ich immer einen grossen Bogen um solche Veranstaltungen gemacht. Aber diese Kultur ist mir nicht fremd, schliesslich stammt mein Vater aus einer Jodler-Familie im Entlebuch. Und ich bin für eine kurze Zeit ins Judo gegangen und habe später Bodybuilding betrieben. Aber das hat nie so richtig zu mir gepasst. Ich war schon als Schulbub am glücklichsten, wenn ich in Frauenkleidern verkleidet auf dem Pausenhof eine Show abziehen konnte.

Käser: Wie schwer ist es dir gefallen, deinem aus der konservativen Jodlerszene stammenden Vater zu gestehen, dass du schwul bist?

Goldfinger: Ich war bereits 19, als ich mein Coming-out bei den Eltern hatte. Weil ich wie gesagt bereits als Kind am liebsten in Frauenklamotten herumgelaufen bin, waren sie nicht wirklich überrascht. Haben sich eigentlich auch schon Schwinger als homosexuell geoutet?

Käser: Ich persönlich kenne keinen aktiven schwulen Schwinger. Aber ich weiss, dass sich ein eidgenössischer Kranzschwinger nach seinem Rücktritt in seinem Umfeld geoutet hat.

Goldfinger: Wie würdest du reagieren, wenn sich einer deiner Kollegen öffentlich zur Homosexualität bekennen würde?

Käser: Ich hätte damit überhaupt kein Problem. Ich weiss, dass sich ein Mensch seine Veranlagung nicht selber aussuchen kann. Deshalb ist es mir egal, ob ein Mann eine Frau oder eben einen anderen Mann liebt. Hauptsache, er hat jemanden, den er richtig gern haben kann und der seine Liebe erwidert.

Goldfinger: Das hast du wunderschön gesagt. Ich glaube, ich werde in Zukunft einmal ein Schwingfest von dir besuchen.

Käser: Du bist jederzeit herzlich willkommen. Und vielleicht werde ich mich einmal bei uns an der Fasnacht als Frau verkleiden.

Goldfinger: Super Idee, das würde ich zu gerne sehen …

Weitere Geschichten heute im BLICK-Extra zum Unspunnen-Schwinget am Kiosk!

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