«Passt das zu uns?»
Tattoo-Zoff in der Schwinger-Familie

Otto Seeholzer, ehemaliger Schwinger und Polizist von Bümpliz, hetzt gegen Tattoo-Schwinger. Das geht vielen Bösen tief unter die Haut.
Publiziert: 16.03.2016 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 19:15 Uhr
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Der erfolgreichste Schwinger mit einem gestochen scharfen Körper ist der Appenzeller Michael Bless.
Foto: Blick
Marcel W. Perren

Otto Seeholzer erkämpfte sich als aktiver Schwinger 21 Kränze. Im Geist ist er noch immer ein waschechter Polizist, der bis zu seiner Pensionierung im Dienst der Kapo Bern die Rolle vom Bezirkschef in Bümpliz interpretiert hat. Den strengen «Landjäger» hat der «Öttu» aber auch als Funktionär beim Eidgenössischen Schwingerverband markiert – als ESV-Werbeverantwortlicher hat Seeholzer einige Busszettel an die königlichen Adressen Abderhalden und Forrer verschickt.

Und an der jüngsten Abgeordnetenversammlung in St. Gallen hat der «Bulle von Bümpliz» gemäss der Schwinger-Bibel «Schlussgang» die bösen Buben mit Tätowierungen ins Visier genommen. «Mein Eindruck ist es, dass der Schwingsport tattoofrei bleiben soll.» Seeholzer behauptet zwar im selben Atemzug, dass es ihm nicht darum gehe, Tätowierungen zu verbieten. «Aber ich stelle die Frage: Passt das zu uns? Wir sind bekanntlich ein eher konservatives Volk. Klischees geniessen einen hohen Stellenwert. Fallen diese Klischees weg, sind wir nichts anderes als andere Sportarten.»

Der erfolgreichste Schwinger mit  einem gestochen scharfen Körper ist der Appenzeller Michael Bless. Der fünffache Kranzfestsieger reagiert mit einem müden Lächeln auf Seeholzers Attacke: «Solche Voten prallen ziemlich an mir ab. Ich kann ja verstehen, dass Tattoos nicht jedermanns Sache sind. Aber für mich ist dies eine höchst private Angelegenheit. Und wenn von mir Respekt erwartet wird, darf ich dies auch von meinem Gegenüber erwarten.»

Patrick Räbmatter (r.) fällt mit tätowierten Sonnenstrahlen auf seinen Armen auf.

Ähnlich reagiert Patrick Räbmatter. Der Aargauer, der im letzten Sommer am Baselbieter seinen ersten Kranzfestsieg erkämpfte, fällt mit tätowierten Sonnenstrahlen auf seinen Armen auf. «Diese Tätowierung hat für mich eine sehr persönliche Bedeutung. Immer wenn ich an meinen verstorbenen Grossvater denke, geht für mich die Sonne auf. Darum habe ich mir dieses Symbol stechen lassen.»

Schwingerkönig Kilian Wenger trägt zwar selber keine Tätowierung, setzt sich aber für seine Tattoo-Kollegen ein: «Es soll jeder selber entscheiden dürfen, ob und wie er seinen Körper schmückt. Und weil mittlerweile ein grosser Teil des Schwingerpublikums selber eine Tätowierung trägt, wird es auch nicht viele Schwingerfreunde stören wenn ein Aktiver tätowiert ist.»

Schwingerkönig Kilian Wenger setzt sich für seine Tattoo-Kollegen ein.
Foto: Keystone

Dieser königlichen Meinung schliesst sich ESV-Obmann Paul Vogel an: «Tattoos sind eine private Entscheidung, auf die wir keinen Einfluss haben dürfen und wollen.»

Dafür pflichtet der Oberschwinger Vogel seinem Ehrenmitglied Seeholzer bezüglich einer Wortmeldung bei, die an Schwinger gerichtet ist, welche mitten im Wettkampf mit überrissenen Jubelszenen auffallen. «Seeholzer stört, dass die Tugenden Respekt, Bescheidenheit und Ehre im Sägemehlring nicht mehr konsequent eingehalten werden. Emotionen seien gut und würden zum Wettkampf gehören, wenn es die sportliche Wichtigkeit erlaube. Aber Jubelszenen, wenn noch nichts verloren oder gewonnen sei oder der Gegner gar verletzt sei, passe nicht zur Schwingerei. Es ist deshalb unser Auftrag, die Technischen Leiter in Sitzungen darauf hinzuweisen, dass die Schwinger bezüglich des sportlichen Verhaltens vor den Schwingfesten zu informieren sind.» Fortsetzung folgt...

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