Papa begeistert über Super-Comeback
Stucki ist so aggressiv wie noch nie!

Christian Stucki (34) fährt bei seinem Wettkampf-Comeback auf dem Bözingenberg sechs Pflichtsiege und eine ziemlich dicke Lippe ein.
Publiziert: 03.08.2019 um 23:39 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2019 um 09:05 Uhr
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Vor dem ersten Gang ist die Anspannung bei Stucki gross.
Foto: BENJAMIN SOLAND
Marcel W. Perren (Text) und Benjamin Soland (Fotos)

Auf dem Bözingenberg hinterlässt Christain Stucki schon als Bub grosse Spuren. Er ist zehn, als er auf dem Berg oberhalb des Bielersee erstmals wettkampfmässig in die Zwilchhosen steigt. «Weil er schon damals 1.70 Meter gross war, musste ich dem Kampfgericht Chrigus Ausweis zeigen, weil die Herren nicht glauben konnten, das ein derart grosser Bursche erst zehn ist», erinnert sich Stuckis Vater Willi (63). «Chrigu hat damals Latschen in der Grösse 44 getragen, die ihm schon vier Monate später wieder zu klein waren. Weil diese Lowa-Schuhe 200 Franken gekostet haben, habe ich sie danach über Jahre hinweg ausgetragen.»

Einigermassen angespannt vor dem Comeback

Jetzt sind die Stuckis  zurück auf dem Bözingenberg. Die Füsse des amtierenden Unspunnen-Siegers sind in der Zwischenzeit auf die Grösse 51 angewachsen. Richtig rund gelaufen ist der 198 cm lange, 150 Kilo schwere Gigant damit in den letzten Monaten allerdings nicht. Am Gauverbandsfest der Emmentaler erleidet der Seeländer bei der Niederlage gegen Armon Orliks Bruder Curdin einen Innenbandriss  am linken Knie. Seitdem hat die grösste Königs-Hoffnung der Berner kein Wettkampf bestritten. Deshalb wirkt der 126-fache Kranzgewinner vor seinem Comeback einigermassen angespannt, obwohl sein erster Kontrahent Robin «Röbu» Roth (19) gerade Mal zwei Kränze auf dem Konto hat.

Und der jüngste Bruder vom Eidgenossen Philipp Roth (24) wehrt sich tapfer, kann die ersten zwei Angriffe vom Berner «Big Foot» abwehren, bis er nach 1 Minute und 24 Sekunden dann doch auf dem Rücken liegt. Stucki holt sich als Lohn für seine standesgemässe Rückkehr einen Kuss von seiner Frau Cécile ab. «Wie ist es dir gelaufen?», will Chrigus Herzdame wissen.  «Äs geit eso. Äs isch scho sackstarch, wi sich dä huerä Röbu cha usträiä...» Stuckis zweiter Gegner Matthieu Burger (18, 1 Kranz) dreht sich einmal erfolgreich aus, bis das Talent aus dem Berner Jura nach 49 Sekunden als Verlierer feststeht.

Einen aussergewöhnlichen Widersacher erwartet den grossen Favoriten im dritten Gang mit Lars Heiniger, der auf dem Bözingenberg mit 24 Lenzen auf dem Buckel seinen ersten Wettkampf als Schwinger bestreitet. «Nachdem ich jahrelang intensiv im Kraftraum geschuftet habe, habe ich mich im März entschieden, anzufangen zu schwingen», erzählt Heiniger, der bei seinem Debüt die ersten beiden Kämpfe gewinnt. Stucki macht den Newcomer aber im ersten Zug platt. «Unglaublich, wie viel Kraft dieser Mensch hat», stöhnt Heiniger.

«Dafür kann Chrigu ausgeruht nach Zug fahren»

Willi Stucki verfolgt den Test seines Sohns von der Festwirtschaft aus mit bestem Blick aufs Sägemehl. «Ich habe den Chrigu noch nie so konzentriert erlebt wie jetzt», versichert der Mann, der 1983 und 86 selber am Eidgenössischen geschwungen hat. «Früher ist er oft viel zu leger in den Ring gelaufen und hat dann die nötige Aggressivität vermissen lassen. Aber zum  Glück hat er jetzt mit Tommy Herzog einen Trainer gefunden, der ihn mit den genau richtigen Worten aufgeweckt hat.»

Dass sein Jüngling in dieser Saison viel weniger Wettkämpfe als die anderen Favoriten absolviert, sieht Willi nicht als Nachteil. «Dafür kann Chrigu ausgeruht nach Zug fahren. Und das Schwingen hat er während dieser Verletzungspause garantiert nicht verlernt.»

Das bekommt im vierten Gang auch der Nichtkranzer David Schwab zu spüren, der nach 2,5 Sekunden von Stucki mit einem lehrbuchmässigen Kurz platt gemacht wird. Dann kommt es endlich zum Duell Stucki gegen Gnägi. Allerdings bekommt es «Chrigu» nicht mit dem derzeit leicht verletzten, neunfachen Kranzfestsieger Florian «Flöru» Gnägi (31) zu tun, sondern mit dessen elf Jahre jüngeren Bruder Damian. Einer von den rund 700 Zuschauern findet diese Einteilung derart unfair, dass er zu laut zu schreien beginnt: «Dämu, griif em Chrigu a Secku...»

«Päpu het mit emnä Super-Churz gwunnä»

Doch der «kleine» Gnägi kann dem übermächtig anmutenden Kontrahenten fast zwei Minuten lang mit fairen Mitteln standhalten, dann liegt aber auch er auf dem Rücken. Damit steht Stucki erwartungsgemäss im Schlussgang. Dort wartet mit Matthieu Burger derselbe Gegner wie im zweiten Gang. Der Zweitplatzierte vom letztjährigen Nachwuchschwingertag bleibt eine Minute und 45 Sekunden auf den Beinen – dann macht Stucki alles klar.

«Päpu het mit emnä Super-Churz gwunnä», jubelt  Sohn Xavier (6), der wie sein väterliches Vorbild ein rotes Hemli und massangefertigte Schwinger-Hösli trägt. Völlig frei von Beschwerden ist der «Päpu» nach seinem siegreichen Comeback aber nicht: «Ich weiss nicht genau wann, aber ich habe mir im Verlaufe dieses Wettkampfs auf die Lippen gebissen. Dafür hat mir mein Knie überhaupt keine Probleme bereitet, und das ist die wichtigste Erkenntnis dieses Tages.»

Stucki weiss aber auch, dass er sich im Hinblick auf das Berner Kantonale am nächsten Sonntag und auf das Eidgenössische noch einmal steigern muss. «Ich hatte letzte Woche ein hartes Trainingslager. Deshalb hat mir noch eine gewisse Spritzigkeit gefehlt.» Richtig spritzig präsentieren sich am Ende dieses Tages Stuckis Buben Xavier und Elia (3), die sich einen packenden Zweikampf liefern. Ein klares Ergebnis bleibt in diesem Brüder-Duell aber aus.

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Sven Thomann

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