BLICK: Pirmin Reichmuth, die Schwingsaison 2020 wird sehr kurz, falls überhaupt geschwungen wird. Enttäuscht?
Pirmin Reichmuth: Ja, aber nicht vom Entscheid des Bundesrates, Grossveranstaltungen bis 1000 Personen bis Ende August nicht zuzulassen. Das ist sicher richtig. Ich bin vielmehr enttäuscht von unserem Verband, dass man nicht früher gehandelt hat. Man hätte sich auch ohne Weisung von oben hinstellen und sagen können: «Dieses Jahr schwingen wir nicht.» Der Sport hat im Moment gerade nicht die wichtigste Rolle.
Sie machen dem Verband Vorwürfe?
Ich verstehe das nicht. Um zu merken, dass diese Saison nicht geschwungen werden kann, muss man nun wirklich keinen Doktortitel haben. Bei uns traut sich niemand, seine Meinung zu sagen. Man will dem anderen nicht gegen das Schienbein treten. Dann kommt so etwas dabei raus. Jede Woche, die man früher Bescheid weiss, wäre wertvoll – für uns Athleten, aber auch für die Organisatoren von Schwingfesten.
Einige Veranstalter haben ihre Anlässe bereits in den September und Oktober verschoben. Wie sehen Sie das?
Aus Anstand sollten diese Feste jetzt auch abgesagt werden. Das ist den anderen Organisatoren gegenüber nur fair. Und auch für uns Schwinger ist es besser. Im Moment können wir noch nicht einmal trainieren. Und im September sollten wir wieder mit dem Aufbau für die neue Saison beginnen können. Zumal ja überhaupt nicht gesagt ist, dass dann tatsächlich Grossveranstaltungen stattfinden dürfen. Es geht auch um Planungssicherheit.
Warum?
Weil wir Schwinger praktisch alle im Berufsleben stehen. Wir verdienen das Geld an einem anderen Ort. Wir sind nicht darauf angewiesen, aber wir müssen uns mit dem Arbeitgeber organisieren können.
Sie werden 2020 weniger Preisgelder kassieren. Wie sieht es bei den Sponsorengeldern aus?
Da wird es sicher Einbussen geben. Aber das ist nur fair, wir werden kaum im Fernsehen zu sehen sein, es gibt wohl keine Wettkämpfe. Ich will ehrlich sein: Natürlich verdienen ein paar von uns sehr gut. Wir können uns nicht beklagen, uns geht es super. Doch das Geld, das wir kassieren, ist für die meisten ein «Zückerli».
Ende August wäre mit dem 125-Jahr-Jubiläumsschwingen des ESV in Appenzell ein eidgenössischer Anlass angestanden. Der findet nun wohl im August 2021 statt…
…dann hätten wir im August Appenzell, Schwägalp und Kilchberg, das ja auch ansteht. Drei Highlights innert wahrscheinlich vier Wochen. Das ist körperlich unglaublich herausfordernd. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum das eine Option ist. Im Sinne der Athleten ist das nicht.
Was schlagen Sie vor?
Man könnte Appenzell problemlos im Juni 2021 machen, da gibt es durchaus auch Lücken im Kalender. Ich hoffe, man fragt uns Sportler. Wir sind es schliesslich, die schwingen müssen.
Sie vertreten mit dem Athletenrat die Schwinger. Wie sehen Ihre Konkurrenten und Kameraden aus dem Sägemehl die Massnahmen?
Ich spüre eine grosse Akzeptanz. Wir sind ziemlich einheitlicher Meinung, wie ich mitbekommen habe. Es gibt niemanden, der jetzt um jeden Preis schwingen will.
Sie haben nun plötzlich den ganzen Sommer über sonntags frei. Wissen Sie schon, wie Sie die neue Freizeit nutzen?
Oh ja. Ich absolviere derzeit eine Ausbildung zum Physiotherapeuten, bin im Praktikum und muss meine Bachelorarbeit schreiben. Mir wird definitiv nicht langweilig diesen Sommer. Aber es wird sicher irgendwann in den Fingern jucken, weil wir nicht ins Sägemehl steigen dürfen. Am Sonntag wäre die Kranzfest-Saison ja auch für mich losgegangen.
Ja, was den nun? Mit dem Verbot von Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen bis Ende August ist die Schwingsaison 2020 in ernsthafter Gefahr. «Es ist, wie es ist. Die Gesundheit geht vor», sagt Schwingerkönig Christian Stucki. Überraschend: Abgesagt ist sie noch nicht. Wird das Veranstaltungsverbot ab September aufgehoben, könnten die Kranzfeste, die bereits in den Herbst verschoben wurden, noch stattfinden. Eine Idee, für die Aktivenvertreter Pirmin Reichmuth im BLICK-Interview den Verband scharf kritisiert.
«Wir sind von unten nach oben organisiert», sagt Rolf Gasser, Leiter der Geschäftsstelle beim ESV. «Darum können wir nur Empfehlungen abgeben.» Man werde die Sache nun mit den Teilverbänden anschauen. «Ich kann derzeit nicht beurteilen, wie die Chancen stehen. Wir halten uns an sämtliche Vorgaben des BAG.»
Erst 2021 stattfinden wird das Eidgenössische Jubiläumsfest, der eigentliche Saisonhöhepunkt dieses Jahres, der Ende August angesetzt gewesen wäre.
Richtig so, meint Kilian Wenger. «Es wäre seltsam, wenn nacheinander Grossanlässe abgesagt werden und die Schwinger packen in Appenzell 18'000 Zuschauer auf eine Tribüne.» Der König von 2010 glaubt nicht daran, dass er diese Saison noch ins Sägemehl steigen darf.
Sicher ist: Bis Ende August gibt es keine Schwingfeste. Weiterhin gilt wegen des Coronavirus eine absolute Trainingssperre für die Schwinger – schliesslich kommt es im Sägemehl zu engem Körperkontakt. Ein Comeback wird es nur im grossen Stil geben: Für alle oder für niemanden. «Wir gelten als Amateursport», erklärt Gasser. «Wenn das Training nach einem Bundesratsbeschluss wieder erlaubt sein wird, soll es für alle 5840 Aktiv- und Jungschwinger möglich sein.»
Ja, was den nun? Mit dem Verbot von Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen bis Ende August ist die Schwingsaison 2020 in ernsthafter Gefahr. «Es ist, wie es ist. Die Gesundheit geht vor», sagt Schwingerkönig Christian Stucki. Überraschend: Abgesagt ist sie noch nicht. Wird das Veranstaltungsverbot ab September aufgehoben, könnten die Kranzfeste, die bereits in den Herbst verschoben wurden, noch stattfinden. Eine Idee, für die Aktivenvertreter Pirmin Reichmuth im BLICK-Interview den Verband scharf kritisiert.
«Wir sind von unten nach oben organisiert», sagt Rolf Gasser, Leiter der Geschäftsstelle beim ESV. «Darum können wir nur Empfehlungen abgeben.» Man werde die Sache nun mit den Teilverbänden anschauen. «Ich kann derzeit nicht beurteilen, wie die Chancen stehen. Wir halten uns an sämtliche Vorgaben des BAG.»
Erst 2021 stattfinden wird das Eidgenössische Jubiläumsfest, der eigentliche Saisonhöhepunkt dieses Jahres, der Ende August angesetzt gewesen wäre.
Richtig so, meint Kilian Wenger. «Es wäre seltsam, wenn nacheinander Grossanlässe abgesagt werden und die Schwinger packen in Appenzell 18'000 Zuschauer auf eine Tribüne.» Der König von 2010 glaubt nicht daran, dass er diese Saison noch ins Sägemehl steigen darf.
Sicher ist: Bis Ende August gibt es keine Schwingfeste. Weiterhin gilt wegen des Coronavirus eine absolute Trainingssperre für die Schwinger – schliesslich kommt es im Sägemehl zu engem Körperkontakt. Ein Comeback wird es nur im grossen Stil geben: Für alle oder für niemanden. «Wir gelten als Amateursport», erklärt Gasser. «Wenn das Training nach einem Bundesratsbeschluss wieder erlaubt sein wird, soll es für alle 5840 Aktiv- und Jungschwinger möglich sein.»