Irène Bodenmann-Meli ist ausser Atem. In den 90er-Jahren gehörte die Tochter des zweifachen Königs Karl Meli (1961 und 1964) zu den stärksten Schwinger-Frauen der Sägemehl-Schweiz. Doch jetzt ist die 55-jährige Winterthurerin bereits «am Anschlag», wenn sie vom Parterre ihres Restaurants Sternen in ihr Schwinger-Museum im ersten Stock hochsteigt.
Bis vor einem Jahr hat die Sternen-Wirtin die paar Treppenstufen spielend gemeistert. Doch dann hat sie von ihrem Arzt die niederschmetternde Diagnose erhalten – Lungenkrebs!
Die Kranzschwingerin führt seit diesem Tag einen heroischen Kampf gegen diesen tödlichen Gegner. Aber natürlich haben die Chemotherapien auch Irène gezeichnet und geschwächt. «Weil mein nicht operabler Tumor wieder gewachsen ist, musste ich kürzlich wieder mit der Chemo anfangen. Ich habe das Glück, dass ich diese Therapie ziemlich gut vertrage und der Tumor wieder schrumpft. Aber die Chemo ermüdet auch mich enorm.»
Trotzdem kümmert sich die Mutter eines Sohnes fünf Tage in der Woche um das Wohl ihrer Gäste. «Ich liebe meinen Job über alles. Und wenn ich mit meinen Gästen beschäftigt bin, denke ich nicht über meine Krankheit nach. Darum darf ich jetzt trotz allem sagen, dass es mir gut geht!»
Echte Raritäten im Museum
Besonders gut geht es der grossen Kämpferin, wenn sie ihre Gäste durch das Museum führt, das sie 2009 mit ihrem 2012 verstorbenen Vater eröffnet hat. Hier sind neben den unzähligen Ehrengaben und 124 Kränzen von Karl Meli echte Raritäten ausgestellt.
Unweit der Gründungsfahne des Eidgenössischen Schwingerverbandes stechen blaue Zwilchhosen ins Auge. «1931 wurde am St. Galler Kantonalen in Lichtensteig nicht nur in den klassisch braunen, sondern eben auch in blauen Zwilchhosen geschwungen. Dies sollte den Zuschauern das Erkennen der Schwinger erleichtern», erklärt Bodenmann-Meli.
In Melis Museum gibt es aber auch Eigenheiten, die sogar die Besitzerin vor ein Rätsel stellen. «Normalerweise sind alle Kranz-Schleifen von Eidgenössischen rot und weiss gefärbt. Doch in der Kranz-Sammlung vom Thurgauer Otto Brändli ist am Eichenlaub vom Eidgenössischen 1953 in Winterthur eine weiss-bronzene Schleife angebracht. Bis heute hat mir niemand sagen können, warum damals nicht rot-weisse Schleifen an die Kränze geheftet wurden.»
Irène Bodenmann-Meli weiss nicht, wie lange ihr der Krebs noch Zeit lässt, um Antworten für diese und andere Fragen zu erhalten. Die zähe Erbin des neunfachen Eidgenossen weiss jedoch, dass sie den Krebs mit Kampfgeist und Lebensmut zwar nicht besiegen, aber zumindest in Schach halten kann.