Keine Zeit für Sponsor-Termine
Giger verzichtet auf 100'000 Franken

Als Vize-Schwingerkönig und Traum aller Schwiegermütter könnte Sämi Giger viel Geld verdienen. Doch der junge Thurgauer hält lieber an den alten Schwinger-Tugenden fest.
Publiziert: 11.06.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:35 Uhr
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Jung und errfolgreich: Sämi Giger, Vize-Schwingerkönig 2016.
Foto: 50 Rolf Eicher
Marcel W. Perren

Er ist 19 Jahre jung, sportlich erfolgreich, und seinem verschmitzten Lächeln können nur wenige Frauen widerstehen. Ja, das Erscheinungsbild von Sämi Giger wäre für die grossen Werbesäulen massgeschneidert.

Doch der Sohn eines Landwirts aus Appenzell Ausserrhoden und einer im Thurgau lebenden Busfahrerin läuft immer noch mit einer werbefreien Mütze durch die Sägemehlschweiz.

Giger hat bis jetzt alle Anfragen von Sponsoren mit Nein beantwortet. Ein Beispiel: Nachdem er beim letzten Eidgenössischen in Estavayer auf dem zweiten Schlussrang gelandet ist, wollte Käse-Gigant Emmentaler neben Schwingerkönig Matthias Sempach auch Sämi als Werbeträger verpflichten. Eine Zusage hätte ihm rund 100'000 Franken im Jahr eingebracht. Doch auch dieses Angebot konnte Giger nicht erweichen: «Ich schwinge in erster Linie aus Freude und nicht des Geldes wegen. Und bis ich meine Lehre als Zimmermann abgeschlossen habe, werde ich sowieso keine Sponsorenverträge abschliessen.»

Vor knapp sieben Jahren hat sich ein anderer stark schwingender Zimmermann-Stift in einer ähnlichen Situation anders entschieden – Kilian Wenger hat sich nach dem sensationellen Sieg am Eidgenössischen in Frauenfeld komplett an die Sponsoren verkauft.

Sportlich ging es danach mit King Kilian bergab. Langjährige Weggefährten von Wenger führen diese negative Entwicklung bis heute auf die Tatsache zurück, dass der König nach Frauenfeld den Sport, den Beruf und die zahlreichen Sponsoren-Verpflichtungen nicht mehr unter einen Hut bringen konnte.

Wengers Biografie hat bei Giger eine ordentliche Portion Vorsicht ausgelöst. Die Kilian-Saga dient ihm als Warnschild. «Sämi weiss, wie wichtig die Regeneration und ein freier Kopf ist, um im Leistungssport erfolgreich zu sein. Und mit seiner Doppelbeanspruchung Zimmermann-Lehre und Schwingen wäre es für ihn schwierig geworden, um auch noch den Verpflichtungen eines Sponsors gerecht zu werden, zumal für Giger auch die Pflege von seinen Kameraden wichtiger ist als der kurzfristige finanzielle Erfolg», erklärt Manuel Strupler, der technische Leiter der Thurgauer Schwinger.

Ausbildung statt Geld

Mit seiner Entscheidung gegen das schnelle Geld hat Giger seinen Wert vor allem bei der älteren Schwinger-Garde gesteigert. Irene Bodenmann-Meli, Tochter des zweifachen Schwingerkönigs Karl Meli, schwärmt: «Dieser junge, gutaussehende Bursche verkörpert noch die alten Schwingerwerte. Mein Vater hätte sich einen König wie Sämi -gewünscht. Und ich tue es auch.»

Noldi Ehrensberger, Schwingerkönig von 1977, stimmt ebenfalls ein Loblied an: «Sämi gehört zu den besten Botschaftern des Schwingsports. Eine gute Ausbildung und starke sportliche Leistungen sind ihm wichtiger als Ruhm und Geld. Wenn er gesund bleibt und im selben Stil weitermacht, wird er beim nächsten Eidgenössischen in Zug ein ganz heisser Anwärter auf die Krone sein.»

Der vierfache Kranzfestsieger Giger kämpft bereits heute in der Innerschweiz. Beim Berg-Klassiker auf dem Stoos trifft er im Anschwingen auf Andreas Ulrich. Gegen den achtfachen Kranzfestsieger aus dem Kanton Schwyz hat Giger bis heute noch nie gewonnen.

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