Auf einmal wirkt der sonst so unbeschwerte und redselige Remo Käser ziemlich uncool. Bei der Anfahrt zum Flugplatz im vorarlbergischen Hohenems offenbart der heroische Triumphator des Emmentalischen und Berner-Mittelländischen in breitem Berndeutsch: «Jetz haa i ziemli dr Gagg i de Hose!»
In Käsers Innereien rumort es ganz gewaltig, weil er vor ein paar Wochen in einer gemütlichen Runde den Mund ziemlich voll genommen hat: «Ich habe grosskotzig verkündet, dass ich einen Fallschirmsprung absolvieren werde. Und wenn ich mit so etwas plagiere, ziehe ich es auch durch – obwohl ich jetzt am liebsten den Rückwärtsgang einlegen würde.»
Bei der Ankunft im Clubhaus läuft Remo frontal dem Mann in die Arme, der mit ihm den Tandem-Sprung machen wird – der mehrfache Speed-Skydiving Weltmeister Marco Wiederkehr. Der Zürcher versucht den Alchenstorfer zu beruhigen: «Ich habe bis heute über 3000 Tandem-Sprünge gemacht, und nach der Landung waren bis auf eine Ausnahme alle meine Kunden begeistert.»
Natürlich will Remo mehr über die Ausnahme wissen. Wiederkehr schmunzelt und sagt: «Dein Schwingerkollege Nöldi Forrer. Er hat im Sommer 2013 auf einer Flughöhe von 3000 Meter zum Fenster rausgeschaut und dann entschieden, dass er doch nicht mit dem Fallschirm aus dem Flieger springen will ...»
Die Vorstellung, den Schwingerkönig von 2001 und Rekord-Kranzgewinner (140) zumindest in der Kategorie Fallschirmspringen zu besiegen, scheint Prinz Remo Flügel zu verleihen.
Abschiedskuss von König Sempach
Nach ein paar Trockenübungen steigt er mit seinem Tandem-Master in den Flieger und hebt ab. Auf dem Weg zum Absprungpunkt erinnert sich Käser noch an die letzte Begegnung mit seinem königlichen Freund und Trainingskollegen Matthias Sempach: «Ich habe Mättu vor der Abfahrt zum Flughafen gesagt, dass wir uns vielleicht zum letzten Mal sehen. Er hat mir deshalb einen Abschiedskuss auf die Wange gedrückt ...»
Jetzt wirds aber richtig ernst, das Flugzeug hat die Absprunghöhe von 3900 Meter erreicht. Weil der Blick in die Tiefe Remo zu heftig einfährt, schliesst er seine Augen. Und dann geht alles ganz schnell.
Angeschoben von Wiederkehr stürzt Remo ins Nichts. Nach dreissig Sekunden freiem Fall öffnet «Wiedi» den Schirm. Und Käser stösst voller Glück einen Jauchzer aus. Rund 7 Minuten nach dem Absprung erfolgt dann die butterweiche Landung.
Remos Fazit: «Ich würde es sofort wieder tun. Der Sprung war in der Realität bei weitem nicht so schlimm, wie ich ihn mir in Gedanken vorgestellt habe. Der freie Fall hat sich für mich nicht wie dreissig, sondern eher nach drei Sekunden angefühlt. Das einzig Lästige ist, dass ich jetzt so einen grausamen Druck auf den Ohren habe.»
Dann ist er in Gedanken schon wieder beim Schwingen und bei seinem Kollegen Sempach: «Ich habe diesen Adrenalinschub vor dem Eidgenössischen ganz dringend gebraucht. Und ich habe vor dem Sprung zu Mättu gesagt, dass mich nichts mehr umbringen kann, wenn ich diese Aktion überlebe. Und genau so fühle ich mich jetzt auch.»
Heute will sich Käser mit einem Sieg beim Rigi-Schwinget unsterblich machen. Im ersten Gang trifft er dort erstmals auf Alex Schuler, den Cousin des Stoos- und Innerschweizer-Champions Christian.
Rigi-Schwinget, Spitzenpaarungen, 1. Gang
Matthias Sempach – Martin Grab
Kilian Wenger – Sven Schurtenberger
Christian Stucki – Philipp Gloggner
Florian Gnägi – Rene Suppiger
Simon Anderegg - Adrian Steinauer
Bernhard Kämpf – Erich Fankhauser
Matthias Aeschbacher - Dominik Waser
Thomas Sempach – Reto Nötzli