Es ist an Schwingfesten üblich, dass die Gäste in der Einteilung hart angefasst werden und die einheimischen Schwinger einen gewissen Artenschutz geniessen. Beim Stoos-Schwinget, dem ersten grossen Saisonhöhepunkt in prächtiger Atmosphäre und vor ausverkauftem Haus, sorgt das Einteilungsgericht aber für Kopfschütteln.
Die Ausgangslage nach dem vierten Gang ist prächtig, ein Spektakel im Anmarsch. Joel Wicki, Armon Orlik, Matthias Aeschbacher, Christian Schuler, Mike Müllestein und der junge aufstrebende Noe van Messel zieren die Ranglistenspitze.
Aber statt dass man Joel Wicki im fünften Gang den überzeugenden Armon Orlik zuteilt oder mit Matthias Aeschbacher die Revanche für den Schlussgang des Eidgenössischen von Pratteln inszeniert, wird dem König Marcel Räbsamen serviert.
Aeschbacher und Orlik wird damit die Chance auf den Schlussgang genommen. Mit Mike Müllestein nutzt ein Innerschweizer die Gunst der lokalpatriotischen Einteilern. Und profitiert vom Kampfgericht, das beide Augen zudrückt und seinen Angriff gegen Domenic Schneider als Plattwurf wertet.
Die Berge sind Wickis Revier
Die Innerschweizer haben, was sie wollen: zwei der ihren im Schlussgang. Nach einer Schrecksekunde löst Wicki auch diese Aufgabe in königlichem Stil. Beim Schwyzer Kantonalen fand er noch kein Rezept gegen den routinierten Müllestein, mit der Bergluft aber gelingt ihm der sechste Sieg im sechsten Kampf. «Die Berge sind mein Revier. Da fühle ich mich einfach wohl», sagt Wicki, der bereits den vierten Kranzfestsieg in dieser Saison feiert. Die Innerschweizer holen acht der dreizehn Kränze und können damit die Schlappe aus dem Vorjahr (zwei Kränze) vergessen machen.
Das Kopfschütteln über die Einteilung ist das eine, die Souveränität von Wicki das andere. Mittlerweile hat er die Landwirtschaftliche Schule abgeschlossen und kann den Fokus noch etwas klarer auf den Sport legen. Obwohl das beim Entlebucher Kraftbolzen fast nicht mehr möglich ist, aber Wicki wirkt noch kräftiger und athletischer als in der Vorsaison.
Stuckis Nachfolger hat sein Reich im Griff
«Das Wintertraining hat sich ausgezahlt. Ich muss einfach aufpassen, dass ich das Gewicht bis zum Saisonhöhepunkt halten kann. Die letzte Woche habe ich pausiert. Aber zuvor habe ich vier Feste in dreizehn Tagen gemacht. Das geht schon ab die Substanz», so der Entlebucher.
Mit Christian Stucki ist ein König zurückgetreten. Mit Joel Wicki hat sein Nachfolger sein Reich im Griff. Mit einer Frühform, die schon fast beängstigend ist. «Ich gebe immer Vollgas. Etwas anderes funktioniert bei mir gar nicht», sagt er dazu.