«Ich hätte mir Orliks Mut gewünscht»
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Nach Orlik-Outing:«Ich hätte mir Orliks Mut gewünscht»

Jetzt spricht auch Ex-Schwinger Enrico Matossi über seine Homosexualität
«Ich hätte mir Orliks Mut gewünscht»

Nach dem Coming-Out von Curdin Orlik spricht nun ein weiterer grosser Schwinger ganz offen über seine Homosexualität. Sein Name: Enrico Matossi (62).
Publiziert: 08.03.2020 um 01:45 Uhr
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Aktualisiert: 08.03.2020 um 07:45 Uhr
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Ex-Schwinger Enrico Matossi (r.) mit seinem Partner.
Foto: Blicksport
Marcel W. Perren

Letzten Freitag kurz vor 17 Uhr: Der ehemalige Thurgauer Spitzenschwinger Enrico Matossi erfährt, dass sich Curdin Orlik im Magazin des «Tages-Anzeiger» als homosexuell geoutet hat. Matossi platziert wenig später auf Orliks Instagram-Profil einen bemerkenswerten Kommentar: «Lieber Curdin, ich gratuliere dir zu diesem Schritt. Ich hätte mir gewünscht, dass ich in meiner Zeit als aktiver Schwinger ebenfalls den Mut gehabt hätte um in aller Öffentlichkeit zu meiner Homosexualität zu stehen.»

Stattdessen hat der 70-fache Kranzgewinner seine wahren Gefühle und sexuellen Neigungen während Jahrzehnten unterdrückt. «Ich bin in einem bäuerlichen Umfeld als Sohn eines SVP-Ständerats gross geworden. Deshalb habe ich natürlich gewusst, dass ein Coming-Out einen besonders grossen Wirbel auslösen würde. Zudem wollte ich ja meine sexuellen Neigungen lange selber nicht wahrhaben.»

Deshalb wären in Matossis «bösester» Phase die Schwingerkollegen nicht im Traum auf die Idee gekommen, dass ihr «Rico» in Wahrheit auf Männer steht. «Der Matossi hat immer die schönsten Frauen aufgerissen», erinnert sich der dreifache NOS-Teilverbandsfesteiger Urs Bürgler.

Bei Curdin Orlik liegt der Fall ähnlich. Auch beim 27-Jährigen ahnt keiner, dass er schwul ist. «In meinen Augen war er ein echter Womanizer», sagt etwa Matthias Sempach.

Auch Matossi hat ein Kind

Es ist nicht die einzige Parallele zwischen Orlik und Matossi. Vor dem Outing zeugen beide mit ihrer Lebenspartnerin ein Kind. Für Orlik ist sein Bub der Hauptgrund, warum er seine sexuelle Orientierung öffentlich macht. «Ich tue das auch für meinen Sohn. Ihn will ich auf gar keinen Fall anlügen», sagt er im Magazin.

Matossi wird mit 32 Jahren Vater einer Tochter. In dieser Phase realisiert der gelernte Maschinenmechaniker auch einen seiner grössten Erfolge als Schwinger – am Eidgenössischen in Stans belegt der 187 cm lange, 107 Kilo schwere «Zwilchhosen-Adonis» den vierten Schlussrang.

1992 erkämpft er sich in Olten seinen dritten Eidgenössischen Kranz und beendet daraufhin seine sportliche Laufbahn. Danach wahrt Matossi bis ins Jahr 2007 den Schein des absoluten Vorzeige-Eidgenossen.

Er führt eine scheinbar mustergültige Beziehung mit einer attraktiven Frau und realisiert eine bemerkenswerte Karriere als Berufsmann. Nach dem erfolgreichen Studium-Abschluss zum diplomierten Ingenieur FH erwirbt Enrico zusätzliches Nachdiplom der Betriebswirtschaft. Zudem überzeugt er während 15 Jahren als Schwing-Experte im Schweizer Fernsehen.

«Lebte meine Gier nach Männern hemmungslos aus»

Doch kurz nach seinem fünfzigsten Geburtstag bricht Matossis Scheinwelt ein. «Eines Morgens ist mir klar geworden, dass ich meine Gefühle nicht länger unterdrücken will. Ich habe mich deshalb von meiner Lebensgefährtin getrennt, um meine Gier nach Männern hemmungslos ausleben zu können.»

Rico treibt es eine Zeit lang richtig heftig. «Mein Nachholbedarf war derart gross, dass ich nach der Trennung meiner Freundin mit einer grossen Anzahl an Männern Sex hatte.»

Und wie haben seine alten Schwinger-Kameraden auf die unerwartete Wandlung des einstigen Schürzenjägers reagiert? «In den meisten Fällen sehr positiv. Es hat nur ein Schwinger zu mir gesagt, dass er nicht mehr mit mir zu tun haben möchte.»

Doch jetzt ist Matossi so glücklich wie nie zuvor. Vor allem dank einem dreissig Jahre jüngeren Mann Namens Manuel. «Ich lebe seit 2017 mit Manuel in einer registrierten Partnerschaft und fühle mich dabei wunderbar.»

An die grosse Glocke hängen will Matossi seine Homosexualität aber nicht. «Ich bin nicht der Typ, der an die Gay-Parade geht. Und wenn ich mit Manuel auf die Strasse gehe, halten wir uns auch nicht die Händchen. Ich will mit meiner sexuellen Veranlagung auch nicht in der Öffentlichkeit hausieren. Aber wenn mich heute jemand auf mein Leben als Schwuler anspricht, gebe ich gerne Auskunft.»

Ein wahrhaftig starker Typ, dieser Enrico Matossi!

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