Hunsperger, Hasler, Grab
Die drei Brünig-Rekordsieger – und ihre tragischen Schicksale

Mit fünf Siegen zieren Ruedi Hunsperger, Eugen Hasler und Martin Grab die Spitze der ewigen Brünig-Rangliste. Zuletzt lieferte das glorreiche Brünig-Trio vor allem traurige Schlagzeilen.
Publiziert: 29.07.2018 um 01:35 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:10 Uhr
Marcel W. Perren

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Ruedi Hunsperger

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Ruedi Hunsperger schockiert mit seinem Geständnis.
Foto: THOMANN SVEN

Im Juli 1964 sorgte der Berner Hunsperger als 18-jähriger «Giel» auf dem Brünig gleichzeitig für eine Sensation und einen Skandal. «Die Sensation war, dass ich bei meinem ersten Start am Brünig gewinnen konnte und bis heute der jüngste Sieger in der Geschichte dieses grossen Berg-Klassikers bin. Als Skandal bezeichneten einige Schwingerfreunde meinen anschliessenden Auftritt bei der Siegerehrung», berichtet Hunsperger.

«Weil ich vor meiner Brünig-Premiere selber nicht mit einem Spitzenrang gerechnet habe, bin ich ohne Kühermutz und weisses Hemd zu Hause abgefahren. Deshalb musste ich nach meinem Überraschungserfolg mit einem T-Shirt mit Zebrastreifen zur Siegerehrung.»

Und dieses Outfit war vor allem dem damaligen ESV-Obmann Ernst Marti ein Dorn im Auge. «Zuerst wollte er mir wegen meines Tenüs die Preisübergabe verweigern. Doch nach einer längeren Diskussion ging die Siegerzeremonie dann doch über die Bühne und ich habe ein Couvert mit 700 Franken erhalten.»

Hunsperger hat nach 1964 auch 1967, 69, 71 und 74 auf dem Brünig triumphiert.

Heute muss der dreifache Schwingerkönig aber sehr oft böse unten durch. Der König aller Schwingerkönige leidet nach wie vor an den Folgen einer Begegnung mit einem bösen «Spital-Käfer», der vor 18 Jahren in seinen einst so starken Körper kroch.

«Ich hatte damals starke Rückenschmerzen und liess mir deshalb vom Arzt eine Spritze setzen. Dummerweise war diese Spritze nicht steril. Die Folge davon war eine schwere Blutvergiftung, von der ich mich nie mehr gänzlich erholt habe.»

Im letzten Sommer ging es Rüedu nach einem neuerlichen Infekt so schlecht, dass er nicht mehr leben wollte. Ein Selbstmordversuch schlug aber fehl. Aktuell hat der 72-Jährige zwar kein «Käfer im Körper. Aber ich bin so geschwächt, dass ich kaum hundert Meter am Stück laufen kann.»

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Eugen Hasler

Eugen Hasler.
Foto: Toini Lindroos

Er ist der König ohne Krone – der Schwyzer hat alle grossen Titel in diesem Sport gewonnen, doch beim Eidgenössischen scheiterte er 1989 und 1995 auf dem Weg zum Thron im Schlussgang.

Umso stärker hat der Kilchberg- und Unspunnen-Champion den Brünig geprägt: Neben seinen fünf Triumphen (1990, 92, 94, 95 und 96)  hat er hier oben 13 Kränze gewonnen. Das ist einsamer Rekord.

Hasler hat vor vier Wochen seinen 53. Geburtstag gefeiert und ist als Prokurist für eine Zürcher Privatbank tätig. Der gebürtige Ausserschwyzer leidet unter der Erbkrankheit Morbus Bechterew.

«Im Sommer 2015 hat sich diese rheumatische Erkrankung stark auf meine Knie ausgewirkt. Ich konnte phasenweise nicht mehr richtig laufen. Später wirkte sich diese Krankheit stark auf meine Hände aus.»

Zurzeit hat «Geni» diese unheilbare Krankheit aber so gut im Griff, dass er sogar längere Rad-Touren meistert.

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Martin Grab

Martin Grab

Martin Horat (74) ist neben Martin Grab der bekannteste Bürger der Schwyzer Gemeinde Rothenthurm (2375 Einwohner). Das Aushängeschild der Muotathaler Wetterschmöcker kennt einige Details aus der bewegenden Geschichte der Familie Grab.

«Märtels Vater war ebenfalls ein sehr starker Mann, auch er hat geschwungen», erinnert sich Horat. Doch als der kleine «Märtel» zehn Lenze zählte, ereignete sich auf der Hauptstrasse eine Tragödie um seinen kräftigen Papa. Horat: «Grab Senior war mit seinem Auto unterwegs, als ihn eine Wespe gestochen hat. Darauf hin hat er die Kontrolle vom Fahrzeug verloren und ist frontal in einen Lastwagen geprallt – dabei hat er sein Leben verloren.»

Weil kurz darauf auch noch sein Onkel nach einer Kollision bei einem unbewachten Bahnübergang starb, musste Martin ganz schnell zum starken Mann im Haus Grab heranreifen. «Der Märtel war für seine jüngeren Geschwister sehr früh wie ein Vaterersatz. Das ganze Dorf hat mitgelitten», erzählt Monika Schuler, die Mutter vom zweiten Rothenthurmer Spitzenschwinger Christian Schuler.

Im Sommer 2001 durften die Rothenthurmer nach einer langen Leidenszeit den ersten grossen Sieg von ihrem Märtel bejubeln – Grab triumphierte auf dem Brünig. Vier weitere Brünig-Erfolge und der Triumph am Unspunnen 2006 folgten.

Am Eidgenössischen 2010 wurde der heroische Kämpfer, der im Sägemehl das grüne Hemd seines verstorbenen Vaters getragen hat, erst im Schlussgang von Kilian Wenger gestoppt.

Und als Grab im letzten Frühling am Zuger Kantonalen seinen 33. Kranzfestsieg erkämpfte und zwei Wochen später am Schwyzer Kantonalfest nach dem Gewinn von seinem 125 Kranz die Zwilchhosen an den Nagel gehängt hat, schien dieses Schwinger-Drama mit einer schon fast kitschig schönen Pointe zu enden.

Doch seit dem 26. Juni erlebt der Märtel die schwersten Momente seit dem tödlichen Unfall von seinem Vater. An diesem Tag hat Grab von Anti Doping Schweiz die Nachricht erhalten, dass in der 17. April entnommenen A-Probe die verbotene Substanz Tamoxifen gefunden wurde.

Der Vater von fünf Kindern beteuert seine Unschuld und hofft jetzt auf ein entlastendes Ergebnis der B-Probe. Die Rothenturmer stehen hinter ihrem gefallenen Helden. Martin Horat sagt stellvertretend für viele: «Der Märtel ist ein besonders gradliniger Mensch. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass er wissentlich etwas Verbotenes geschluckt hat.» 

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