In Romanshorn herrscht auch im Hochsommer Eiszeit. Die Schweizer NHL-Start Nino Niederreiter, Sven Bärtschi und Sven Andrighetto bereiten sich im Juli-Camp im Eissportzentrum Oberthurgau auf den harten Winter in Nordamerika vor. Sven Bärtschi läuft es bereits in der Garderobe eiskalt den Rücken hinunter. Ausschlaggebend sind zwei imposante Gestalten, die der Flügelstürmer der Vancouver Cnaucks hier zum ersten Mal antrifft. «Läck doch mir, si dass zwöi risä Tier», staunt der gebürtige Langenthaler. «Wir sind die neuen Verteidiger aus Kanada», behaupten die riesigen «Tiere». Doch Bärtschi hat beim zweiten Blick zumindest einen der Möchtegern-Kanadier identifiziert: «Du bist doch der Schwingerkönig, oder?»
Der König nickt und streckt dem Goalgetter die Hand entgegen: «Hoi Sven, ich bin der Sempach Mättu. Und neben mir sitzt der Käser Remo. Wir absolvieren heute ein Training mit Nino Niederreiter.»
Minnesota Wild-Superstar Niederreiter hat seit Jahren eine grosse Affinität zum Schwingsport: Als EHC Chur-Junior war er «Täfelibueb» beim Bündner-Glarner-Schwingfest. Zudem ist «El Nino» eng mit dem dreifachen Eidgenossen Urs Bürgler befreundet.
Und was verbindet König Sempach und Kronprinz Käser mit Eishockey? Beide sind eingefleischte Fans der SCL Tigers. Und Käser hat ein paar Spielzeiten mit den Junioren des EHC Burgdorf bestritten.
Niederreiter ruft Mättu und Remo zur Mittellinie und erklärt die erste Übung: «Ich habe Euch bis zum Tor vier Stöcke in den Weg gelegt. Den ersten und den dritten Stock müsst ihr vorwärts überwinden, das zweite und vierte Hindernis muss rückwärts überwunden werden. Danach erfolgt der Schuss aufs Tor.»
Käser überspringt die Hürden rückwärts genau so gekonnt wie vorwärts und bezwingt mit einem giftigen Handgelenkschuss Melvin Nyffeler von Rapperswil-Jona, der von Niederreiter als Torhüter aufgeboten wurde.
Sempach schlägt sich bei dieser Übung nicht ganz so königlich wie Prinz Remo: Bei den Vorwärtssprüngen kann er sich zwar mit viel Mühe auf den Beinen halten, rückwärts fliegt er aber ab. Dafür ist Sempach ein echter Scharfschütze – mit einem gewaltigen Slapshot zwingt er Nyffeler zu einer Glanzparade.
Coach Niederreiter nimmt sich Sempach zur Brust: «Ich sehe, du bist eher Schütze als Läufer.»
Beim folgenden Linienlauf, auch «Hürlimann» genannt, setzt sich Mättu zwar gegen Remo durch. Aber nur deshalb, weil er nicht, wie von Niederreiter gefordert, auf jeder Linie scharf abbremst. «Mättu, du hesch bschissä», reklamiert Käser. Sempach wehrt sich: «Was söu i de machä, we i mit dä Schlöf nid richtig cha brämsä?!»
Niederreiter gewährt den beiden zum Abschluss dieser Einheit ein echtes Heimspiel: «Ich habe Zwilchhosen organisiert. Jeder absolviert jetzt auf dem Eis ein Gang gegen mich.»
Remo steigt zuerst gegen Nino in den Ring und gewinnt im ersten Zug mit Kurz. Niederreiter ist perplex: «Ich habe ja weiss Gott auf dem Eis einen guten Stand, aber Remo hat unglaublich viel Kraft –Wahnsinn!»
Weil Sempachs Stand auf dem Eis sehr viel schlechter ist, tut er sich im Zweikampf mit Nino sehr viel schwerer. Deshalb kann der stärkste Schwinger der Gegenwart den NHL-Star erst im achten Zug auf den Rücken legen.
«Ihr sit beides geili Siechä, i würd eu im Winter gera bi mir ds Minnesota begrüessa», offenbart der Bündner Eisheilige während ihm der böse Berner völlig erschöpft das Eis vom Rücken putzt. Die beiden Alchenstorfer nicken: «Mir chömä nach em Eidgenössichä sehr gärn zu dir uf Amerika!»