Philipp Laimbacher verbindet ein sehr herzliches Verhältnis mit seiner Mutter. Aber nun ignoriert er einen Wunsch von Mama Margrit: «Mutter hat Angst, wenn ich mit dem Töff unterwegs bin. Und als ich ihr gestand, dass ich auf die Rennstrecke gehe, fiel sie schier in Ohnmacht und flehte mich an, dass ich das bleiben lasse. Aber in diesem Fall konnte ich keine Rücksicht nehmen, schliesslich habe ich schon als Bub davon geträumt.»
Diesen Bubentraum erfüllt sich der Schwyzer jetzt im Elsass auf dem Circuit de Anneau du Rhin. Mit Dominique Aegerter (25) und Altmeister Jacques Cornu (63, 3 GP-Siege) hat der Mann mit 91 Kränzen hochkarätige Fahrlehrer zur Seite. «Wir machen jetzt ein paar Aufwärmrunden. Damit ich dir die perfekte Linie zeigen kann, fährst du mir einfach hinterher», kommandiert Aegerter.
Philipp erreicht auf seiner Kawasaki Ninja ZX 10 R am Hinterrad des Moto2-Piloten schnell Betriebstemperatur – in der vierten Runde heizt er erstmals mit über 250 km/h über die Gerade. Kurz vor der Mittagspause macht «Aegi» dem Vize-Schwingerkönig von 2004 Lust auf noch mehr: «Am Nachmittag kannst du den Versuch starten, dein Knie in einer Kurve auf den Asphalt zu legen!»
Laimbachers Augen leuchten. Aber dann entwickelt sich der Bubentraum des Muskelmanns (105 kg) zwischenzeitlich zum Alptraum. Gestärkt vom Riz Casimir und angetrieben von Aegerters Worten wird Philipp zu Beginn der Nachmittags-Session zu übermütig – er fliegt in einer links-rechts Schikane ab!
Die Fussraster der fast 200 PS starken Maschine gehen dabei flöten, Philipp kommt mit ein paar blauen Flecken und einem Schreck davon. «Es ging alles so schnell, ich kann gar nicht genau sagen, was passiert ist.»
Aegerter findet aber die richtigen Worte: «Jetzt bist du entjungfert, nach diesem Sturz bist du ein richtiger Rennfahrer!»
Weil der Töff zur Reparatur muss, holt sich der 33-Jährige den letzten Kick bei Cornu – der donnert mit Philipp auf dem Rücksitz los und hebt die Maschine bei fast 300 Sachen auf der Gerade zu einem «Wheelie» an. «Wahnsinn, ich habe wohl noch nie in meinem Leben so viel Adrenalin ausgestossen wie auf den vier Runden mit Jacques!»
In den Tagen danach muss Laimbacher leiden: «Ich bin beim Ob- und Nidwaldner mit einigen Blutergüssen angetreten. Die Arme haben mir so weh getan, dass ich den Wettkampf am liebsten nach zwei Gängen abgebrochen hätte.» Aber Vollgas-Pipo beisst sich durch und erkämpft sich trotz schmerzenden «Töff»-Armen Kranzfestsieg Nummer 20.