Gisler beendet seine grosse Karriere
«Wir brauchen keine Profis»

Mit Bruno Gisler beendet ein ganz grosser Nordwestschweizer seine Karriere. Auf dem Weissenstein tritt er zum letzten Mal ins Sägemehl.
Publiziert: 20.07.2018 um 15:19 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:23 Uhr
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Bruno Gisler hilft bei den Aufbauarbeiten auf dem Weissenstein.
Foto: Sven Thomann|Blicksport
Emanuel Gisi (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Das Donnergrollen in der Ferne bringt ihn nicht aus der Ruhe. «Das Gewitter zieht auf der anderen Seite vorbei», sagt Bruno Gisler (35). Der Eidgenosse steht auf dem Weissenstein und tut, was er zu dieser Jahreszeit immer tut: Er hilft mit beim Aufbau vor dem Schwingfest. 

Wie immer, eigentlich. «Das gehört bei uns Schwingern dazu», sagt er. Und doch ist diesmal etwas anders. Wenn Gisler am Samstag bei seinem Heimfest auf dem Solothurner Hausberg ins Sägemehl tritt, tut er das zum letzten Mal. Danach ist Schluss. Bei 127 Kränzen steht er vor seinem letzten Fest, 21 Kranzfeste hat er gewonnen, darunter das Innerschweizerische 2013. Zweimal siegte er auf dem Weissenstein, einmal am Schwarzsee. Gegen die Grossen hat er alle geschwungen, die meisten hat er geschlagen.

2013 triumphierte Gisler beim Innerschweizerischen.
Foto: KEY

Gisler der Publikumsliebling

Doch was ihm vielleicht fast noch wichtiger ist: Dank seines angriffigen Schwingstils war er ein Publikumsliebling. «Es hat mich immer gefreut, wenn der eine oder andere Zuschauer mir nach einem Fest gesagt hat, es habe Spass gemacht, mir zuzuschauen», sagt er.

Aber warum ist jetzt Schluss? Dem Bauern aus dem Kanton Zürich, der mit Ehefrau Evelin und den drei Kindern im bernischen Rumisberg einen Hof führt, läuft es in dieser Saison mehr als ansprechend. Vier Kränze hat er 2018 geholt, das Solothurner Kantonale in Mümliswil hat Gisler gar gewonnen.

«Mein Körper wird nicht mehr jünger», sagt Gisler leise und grinst. Ausserhalb des Sägemehlrings ist ihm das Spektakel nicht so wichtig. «Ich merke, dass ich mittlerweile 35 bin und 25 Jahre geschwungen habe.»

Gisler hat in seiner Karriere auch die ganz Grossen (hier König Sempach) auf den Rücken gelegt.
Foto: freshfocus

Seine Form ist trotzdem gut – obwohl er im Winter viel weniger trainiert habe als in früheren Jahren. Aber vielleicht kommt ihm da seine Arbeit als Landwirt zugute. «Ich musste immer weniger machen als die anderen», sagt er, der vor dem Tribünen-Aufbau am Morgen im Stall gemolken hat und es Abends wieder tun wird. «In meinem Job hat man einfach eine gewisse Grundkonstitution.»

Für Gisler Ehrensache, dass er während seiner Karriere immer voll gearbeitet hat. «100 Prozent oder sogar mehr», sagt er. Ein Bauer muss schliesslich auch am Wochenende in den Stall, eine Fünftagewoche liegt nicht drin. Und so sieht er skeptisch, dass manche Schwinger beruflich kürzer treten. «Es gibt ein paar Junge, bei denen ich mich frage, ob es nötig ist, nur Teilzeit zu arbeiten, Sponsorengelder einzustreichen und sich aufs Schwingen zu konzentrieren. Ich konnte meinen Sport immer daneben machen.»

Natürlich müsse jeder selber wissen, was er wolle. «Aber meiner Meinung nach brauchen wir im Schwingen keine Profis. Das macht unseren Sport auch aus. Und ich war an einem Fest immer stärker, wenn ich am Tag vorher noch heuen musste. Dann war ich gleich richtig im Schuss.»

Das Gewitter ist tatsächlich vorbeigezogen. Auch das eine, das eine Weile wie eine dunkle Wolke über seiner Karriere hing: 2013 blieb er in einer Dopingkontrolle hängen, wurde für sechs Monate gesperrt – obwohl ihm der Verband glaubte, als er erklärte, einen Grippe-Spray mit dem Übelkeits-Spray seiner Frau verwechselt zu haben.

Was ihm aber wichtig sei: «Ich habe in den Jahren danach noch einmal bewiesen, dass ich ein sauberer und fairer Sportler bin.» Einmal kann er es noch, am Samstag auf dem Weissenstein. Das Bergfest ist für ihn allerdings am Samstag noch nicht vorbei. «Erst am Sonntagabend, nach dem Aufräumen.» Das gehört sich eben so.

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