Normalerweise ist er ruhig, gefasst, kühl. Aber als Samuel Giger (20) im fünften Gang auf der Schwägalp Christian Stucki auf den Rücken legt, da explodiert er. Giger ballt die Faust, reisst die Arme hoch, jubelt ausgelassen. Und mit ihm die ganze Schwägalp. Ein Gänsehautmoment, als die Fans ihren Liebling feiern, der soeben den mächtigen Berner Riesen besiegt hat. «Da ist es aus mir herausgebrochen», sagt der Thurgauer nach dem Triumph auf der Schwägalp zu BLICK über die Szene. Schon wieder ganz ruhig und gefasst. Dabei hat er soeben Grosses vollbracht: Beim Saisonhöhepunkt startet er mit einem Gestellten gegen Mit-Favorit Joel Wicki, dann müssen der Reihe nach Simon Röthlisberger, Benji von Ah, Christian Gerber, Stucki und Schlussgang-Gegner Daniel Bösch daran glauben.
Eine Riesen-Leistung die zu dem passt, was Gigant Giger schon die ganze Saison über zeigt. Bei sechs Kranzfesten ist er angetreten, alle sechs hat er gewonnen. «Viel besser geht nicht.» Einziger Wehrmutstropfen: Die Handverletzung, die ihn diesen Sommer für über einen Monat ausser Gefecht gesetzt hat. «Die hätte nicht sein müssen. Aber sie ist gut verheilt, mich behindert nichts mehr.» Mit dem Sieg zieht er in der Jahreswertung des Fachblatts «Schlussgang» auf der Zielgeraden noch an Wicki vorbei. «Das wurmt mich schon ein bisschen», gibt dieser zu. «Ich hätte die Wertung gerne gewonnen. Aber der Beste steht zuvorderst. Samuel hat sich die Nummer 1 verdient.»
Giger ist also für die grossen Aufgaben längst bereit. Und für die schweren auch: Mit Stucki und Bösch bodigte er alleine in den letzten beiden Gängen rund 300 Kilo Lebendgewicht – insgesamt 732 Kilogramm stellten sich ihm auf dem Weg zum zweiten Schwägalp-Sieg seiner Karriere in den Weg. Ohne Erfolg. Bleibt er gesund, führt der Sieg beim Eidgenössischen 2019 über den Thurgauer Giganten. «Bis dahin ist es noch lange hin», wehrt Giger sämtliche Fragen zum Thema ab. «Es kann noch viel passieren.»
Im Leben des 20-Jährigen ist aber die nächsten Wochen vor allem ein Thema aktuell: Die Rekrutenschule. Am Montagmorgen rückt Giger wieder in die Kaserne Frauenfeld ein. «Für den Sonntagabend habe ich einen Jokertag genommen», sagt er. «Ein bisschen feiern wir schon noch.»