Und plötzlich schien die Überzeugung ins eigene Können wieder da zu sein. Euphorisiert reissen die Anhänger von Marcel Bieri (27) die Arme in die Höhe, als der Zuger im zweiten Gang des Innerschweizer Schwingfests den Normalkranzer Alex Schuler mit einem blitzsauberen «Schlungg» ins Sägemehl bettet.
Während der Platzspeaker den Sieg des Primarlehrers verkündet, streckt dieser den Zeigefinger in die Höhe und signalisiert mit der Scheibenwischer-Bewegung, dass dem nicht so ist. Die Gangdauer lief einige Augenblicke zuvor ab. Wieso kam dieser kompromisslose Angriff gegen einen mehr als machbaren Gegner nicht früher? Was ist nur los mit dem Eidgenossen? Ratlose Blicke auf der Tribüne. Bieri selbst betreibt Ursachenforschung.
«Es ist eine Art Blockade vorhanden»
Seit seinem Kranzfest-Comeback – er hatte den Saisonstart aufgrund einer Oberschenkelverletzung verpasst – verfehlte der Turnerschwinger in allen vier Wettkämpfen den Kranz. Zuletzt am vergangenen Wochenende in Ennetbürgen.
Eine enttäuschende Darbietung reiht sich an die nächste und wäre die Leistung in einem Kampf für einmal ansprechend, fehlt das Sekunden-Glück. Es ist zum Mäusemelken. Wo ist der Hund begraben, was hindert den Sechstplatzierten des letzten Eidgenössischen am Erfolg? «Die Verletzung ist auskuriert, aber ich ziehe meine Schwünge noch nicht richtig durch. Es ist eine Art Blockade vorhanden», erklärt der Zuger, der aber Zuversicht versprüht: «Ich bekomme das Problem von Zeit zu Zeit besser in den Griff.»
Der Chef der Innerschweizer schweigt
Die Fortschritte sind bitter nötig. Am Dienstag nimmt der Innerschweizer Schwingerverband die erste Selektion für das Eidgenössische Schwingfest Ende August vor. Insgesamt sind 85 Startplätze zu vergeben. Brisant: Gemäss den Zahlen der Schwingerzeitung «Schlussgang» haben bereits 105 Innerschweizer in dieser Saison einen Kranzgewinn realisiert.
Was für Bieri spricht, ist seine Routine und der Eidgenossen-Status. Ob das genügt? Er selbst will sich nicht weiter zur Thematik äussern. Lieber lässt er am kommenden Sonntag auf der Rigi seine Taten für sich sprechen. Die Aufmerksamkeit einiger Entscheidungsträger dürfte ihm gewiss sein. Thedy Waser, der technische Leiter des Innerschweizer Schwingerverbands, ist trotz mehrfacher Nachfrage für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.