Als wäre er nie weg gewesen! Samuel Giger macht auf dem Weissenstein genau dort weiter, wo er vor seiner Verletzungspause vor anderthalb Monaten am St. Galler Kantonalen aufgehört hat: Mit einem dominanten Festsieg. Der Eidgenosse Michael Bless kann sich im Schlussgang nach einem Kurz wie aus dem Bilderbuch keine halbe Minute auf den Beinen halten, schon ist die Sache gelaufen.
Die Saison-Bilanz des Thurgauers bleibt damit phänomenal: Viermal ist er angetreten, viermal hat er das Fest gewonnen. Elf Kranzfestsiege hat Giger mittlerweile bereits auf dem Konto – mit erst 20 Jahren. Noch Fragen? Eigentlich nicht. Denn es ist klar: Da kommt einer, der ein ganz Grosser werden kann.
Das einzige Fragezeichen am Samstag ist Gigers linke Hand. Würde sie halten? An dieser hat sich der Zimmermann diesen Sommer bei der Arbeit verletzt, ihretwegen musste er vier Schwingfeste auslassen. Einen Verband trägt der Thurgauer immer noch und darum dürfte er den einen oder anderen Gedanken daran verschwendet haben, als er am Samstagmorgen im Jura-Nebel in die Zwilchhosen stieg. «Der erste Gang heute war der schwierigste», sagt Giger. «Weil ich sehen musste, wie es mit der Hand geht.» So viel sei verraten: Es ging gut. Gegen den Eidgenossen Nick Alpiger gab es die Höchstnote. «Das war wichtig fürs Selbstvertrauen. Danach hatte ich die Bestätigung, das es geht.»
Mit Roger Rychen und Bless landen zwei weitere Eidgenossen auf Gigers Notenblatt. Einziger Wehrmutstropfen: Weil sich der Bündner Armon Orlik (23) auf der Rigi am Knie verletzt hat, kommt es auf dem Weissenstein nicht zum Duell der jungen Naturgewalten. Orlik muss mittlerweile sogar um den Auftritt beim Saisonhöhepunkt auf der Schwägalp bangen, so schlimm ist es um sein Knie bestellt.
Doch es ist nicht so, dass Giger nicht auch Widerstände zu überwinden hätte. Aus freien Stücken wohlgemerkt. Der bodenständige Ostschweizer, der bisher auch konsequent auf Sponsoren-Deals verzichtet, ist im Juli in die reguläre RS eingerückt – nicht in die Sportler-RS mit Sonderbehandlung. Das hat Folgen: Weniger Training, grössere körperliche Belastung. Als Argument würde er das aber nie gelten lassen. «Ich kann im Moment nicht gleich viel trainieren. Aber ich kann genug trainieren», sagt Giger am Samstag. Die ersten Stunden des Sonntags darf er daheim geniessen – bevor er später wieder in der RS antraben muss.