Die Liebesgeschichte von Claudia Hediger und Matthias Glarner beinhaltet einige aussergewöhnliche Pointen. Kennengelernt haben sich die ehemalige Bob-Anschieberin und der regierende Schwingerkönig 2008 anlässlich des Berner Kantonalen in Ins. Claudia war damals als reizende Ehrendame im Einsatz. Und als sie Glarners Haupt beim traditionellen Rangverlesen mit dem Eichenlaub-Kranz krönte, hat es zwischen der smarten Bernerin und dem bösen Berner Oberländer richtig heftig gefunkt.
Dramatischste Woche
Jetzt schauen die beiden gemeinsam auf die bislang dramatischste Woche ihres Liebeslebens zurück. Als ihr «Mätthel» nach seinem Horror-Abflug aus einer Hasliberg-Gondel in den Morgenstunden des 27. Juni mit dem Rettungs-Helikopter ins Berner Inselspital geflogen wird, ist Claudia aufgrund eines Zufalls schon längst da. «Weil ich an diesem Morgen einen Termin in der Gegend hatte, habe ich mein Auto in der Tiefgarage des Inselspitals parkiert. Und bevor ich zurück in mein Büro fahren konnte, habe ich übers Handy die Information von Mätthels Unfall erhalten – ein wirklich schrecklicher Moment.»
Kurze Leidenszeit
Die Angestellte des Schweizer Fussballverbands hält allerdings fest, dass die ganz schlimme Leidenszeit nicht allzu lange angehalten hat: «Bei meinem ersten Besuch kurz nach Mätthels Ankunft in der Insel hat er auf mich einen erstaunlich guten Eindruck gemacht. Darum war mir früh klar, dass alles wieder gut wird.»
Während Claudia gestern im Auditorium des Inselspitals tief durchschnauft, beantwortet ihr König erstmals seit dem Unfall die Fragen der Reporter. Glarner erbringt bei dieser Gelegenheit in erfrischender Manier den Beweis, dass er beim Abflug aus zwölf Metern nicht auf den Kopf gefallen ist. Der 31-Jährige analysiert glasklar und mit der nötigen Selbstkritik: «Der Unfall passierte bei einem Mast auf der Rückfahrt zur Station. Weil ich mich auf der falschen Seite der sogenannten Klemme gesichert habe, verfing sich das Sicherungsseil am dritten von vier Seilfängern und riss dann. Es war also zu hundert Prozent mein Fehler.»
Auf den Bauch gefallen – nicht auf den Kopf
Glarner betont immer wieder, dass er zu jeder Zeit bei vollem Bewusstsein war. Aber: Wie ausgeprägt war bei ihm in diesem Moment die Angst vor dem Tod? «Es mag sich unwirklich anhören, aber ich hatte in dieser Phase nie wirklich Todesangst», behauptet er. «Aufgrund meines Sport-Studiums und meines Körpergefühls kann ich einigermassen abschätzen, wann eine Verletzung lebensbedrohlich ist. Und ich hatte wirklich nie das Gefühl, lebensgefährlich verletzt zu sein. Zudem fühlte ich mich bei den Medizinern und Rettungskräften der Rega jederzeit bestens aufgehoben.»
Glarner weiss auch, dass ihm bei diesem Absturz seine Erfahrung als Schwinger geholfen hat: «Wenn du zwölf Meter in die Tiefe fliegst, bleibt dir relativ viel Zeit, um zu überlegen, was zu tun ist. Und als Schwinger lernt man eben schon als Kind, wie man sich in der Luft richtig orientiert und wie man richtig fällt.» Deshalb ist der König vom Hasliberg nicht auf den Kopf, sondern auf den Bauch gefallen. Und deshalb wird er sehr wahrscheinlich schon bald wieder sowohl auf dem Schwingplatz als auch bei der Gondelbahn anzutreffen sein. «Ich bin mir ganz sicher, dass ich in der nächsten Saison wieder ins Sägemehl zurückkehren werde. Ich möchte in Zukunft aber auch wieder für die Bergbahnen Meiringen-Hasliberg arbeiten.»
Dann packt der Glarner Mätthel seine Krücken und verlässt das Inselspital in Richtung Heimberg bei Thun, wo er mit seiner Claudia bereits vor ein paar Jahren ein heimeliges Liebesnest aufgebaut hat.