Stucki im grossen Brünig-Interview
«Ich hätte auch schon ohne Absicht in der Dopingfalle landen können»

Der Brünigschwinget ist der Saisonhöhepunkt der Schwinger. Schon dreimal liess sich Christian Stucki hier als Sieger feiern. Im BLICK-Interview spricht er über das Schwingfest und die Dopingprobe von Martin Grab.
Publiziert: 28.07.2018 um 18:01 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:11 Uhr
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Christian Stucki gewann den Wettkampf auf dem Brünig bereits zwei Mal.
Foto: KEY
Marcel W. Perren

BLICK: Christian Stucki, gibt es für einen Berner Schwinger in einem Jahr ohne einen Eidgenössischen Wettkampf etwas Grösseres als den Brünig?
Christian Stucki: Das ganze Ambiente ist sicher einzigartig. Das Publikum ist bei keinem anderen grossen Schwingfest näher an uns Schwingern dran als hier. Das geniesse ich sehr. Es gab aber schon auch Momente, wo ich den Brünig und seine speziellen Bedingungen verflucht habe.

Warum?
Früher konnten auf dem Brünig nur die Schwinger warm duschen, die es nicht in den Ausstich geschafft hatten. Beim Duschen nach dem sechsten Gang hat man dann richtiggehend an den «Ranzen» gefroren. Aber seit dem Umbau ist die Infrastruktur auf dem Brünig so gut, dass man auch nach dem Schlussgang noch eine warme Dusche geniessen kann.

Bezüglich Preisgeld hinkt der Brünig-Schwinget aber anderen Kranzfesten hinterher. Während beispielsweise der Schwägalp-Sieger für den Stier rund 8000 Franken garniert, gibt’s für den grossen Wurf auf dem Brünig nur 1500 Franken. Ist ein solcher Lohn für Sie noch zeitgemäss?
Auf den Brünig gehst du als Schwinger nicht des Geldes wegen. Bei diesem traditionellen Kräftemessen zwischen Bernern und Innerschweizern geht es in erster Linie ums Prestige. Ein Brünig-Sieg ist quasi unbezahlbar.

Im Brünig-Ring werden sie nach dem gestellten Schlussgang am Innerschweizerischen mit ziemlicher Sicherheit dem Luzerner Shooting-Star Joel Wicki begegnen. Sind Sie nach den Aussagen, die Wicki nach seinem Rigi-Sieg getätigt hat, besonders motiviert?
Warum?

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Wicki hat in einem TV-Interview verlauten lassen, dass er derzeit gemeinsam mit Armon Orlik in einer eigenen Liga schwingt. Nun können Sie Wicki beweisen, dass man auch mit 33 Jahren noch in seiner Liga bestehen kann...
So viel ich weiss, hat Joel die Aussage später relativiert und darauf hingewiesen, dass er das Interview in einem sehr emotionalen Moment gegeben habe. Wie auch immer: Ich bin der Meinung, dass Wicki und Orlik sehr gute Athleten sind. Es gibt aber noch ein paar andere Schwinger, die sich nicht hinter ihnen verstecken müssen.

Wie stark hat Sie die positive A-Dopingprobe von Martin Grab getroffen?
Ich war schockiert, als ich die Nachricht erhalten habe! Doch ich hoffe nach wie vor, dass die B-Probe Martin entlasten wird.

Hatten Sie seit diesem Schocker Kontakt mit Grab?
Nein. Weil Martin ja für einen anderen Teilverband gekämpft hat, haben sich unsere Wege nicht allzu oft gekreuzt. Aber wenn wir uns neben dem Ring begegneten, hatten wir es meistens gut und lustig.

Was entgegnen Sie den immer lauter werdenden Stimmen, die behaupten, dass es noch sehr viel mehr Schwinger geben würde, deren Muskelberge nicht auf legale Art entstanden sind?
Ich glaube nach wie vor zu hundert Prozent an einen sauberen Schwingsport. Trotzdem muss ich gestehen, dass auch ich schon ohne Absicht in der Dopingfalle hätte landen können. Während einer Verletzung oder einer Erkrankung hast du als Schwinger wirklich eine riesengrosse Selbstverantwortung. Wenn du in solchen Situationen nicht bei jedem empfohlenen Medikament genau überprüfst, dass sich in diesen Pillen auch wirklich keine für Leistungssportler verbotenen Substanzen verstecken, kannst du ganz schnell als Doping-Sünder dastehen. Zum Glück hat Antidoping Schweiz mittlerweile ein App herausgegeben, mit dem ich sehr schnell eine Antwort erhalte, ob ich ein Medikament einnehmen darf oder nicht.

Christian Stucki zählt zu den grössten Schwingern der Neuzeit.
Foto: Keystone

Sie sind im Reich der Bösen mit einer Körperlänge von 198 cm und rund 140 Kilo Lebendgewicht die imposanteste Erscheinung. Wie viele Kilos meistern Sie im Kraftraum beim Bankdrücken?
Das weiss ich ehrlich gesagt nicht genau. Ich weiss nur, dass ich vor ein paar Jahren in der Beinpresse mal 600 Kilo geschafft habe.

Sie arbeiten zu achtzig Prozent als Lastwagenfahrer. Haben Sie auch schon mal versucht wie bei einem «Strongest-Man»-Veranstaltung einen Lastwagen zu ziehen
Nein, ein Start bei einem Strongest-Man-Wettkampf ist für mich auch kein Thema. Denn neben diesen Typen würde selbst ich aussehen wie ein Schlauch.

Dafür hat man Sie vor ein paar Wochen gemeinsam mit Eishockey-Legende Mark Streit auf dem Golf-Platz gesehen. Streit zeigte sich dabei sehr beeindruckt von ihren langen Abschlägen. Kommt ihnen beim Golfen ihre Vergangenheit als Nationalliga-Hornusser zugute?
Meine Erfahrungen als Hornusser sind bei den Golf-Abschlägen sicher kein Nachteil. Ich habe letzten Frühling meine ersten Schläge auf einer Driving Ranch gemacht, das hat tatsächlich nicht schlecht funktioniert. Ende Mai habe ich mit Mark Streit und ein paar anderen Freunden im Piemont erstmals auf einem 18-Loch-Platz gespielt. Dabei bin ich aber arg an meine Grenzen gestossen. Ich war nicht wirklich fit, hatte grosse Probleme beim Putten und Chippen. Momentan liegt meine Golfkarriere auf Eis. Während der Schwing-Hauptsaison fehlt mir dafür einfach die Zeit.

Zumal Sie zu Hause ja auch noch eine Frau und zwei Buben haben. Stimmt es, dass ihr ältester Sohn Xavier (5) Fan von ihrem Innerschweizer-Kontrahenten Benji von Ah ist?
Benji war tatsächlich lange der Lieblingsschwinger von Xavier. Sein Bart und sein Name haben es meinem Bub besonders angetan. In der Zwischenzeit freut er sich aber schon sehr mehr über meine Siege.

Stuckis Sohn Xavier ist Fan von Schwingerkollege Benji von Ah.
Foto: Keystone

Werden Sie ihre Buben schon bald ins Schwingtraining schicken?
Elia wird im November erst 3, Xavier spielt sehr gerne Fussball und war im letzten Winter in Lyss an der Eishockeyschule. Aber wer weiss, vielleicht wird er eines Tages trotzdem noch beim Schwingen landen.

Wie viel Zeit verbringen Sie selber mit ihren Kindern?
Bei uns ist der Freitag der Vatertag. Da bin ich auch zuständig für die Zubereitung vom Mittagessen.

Was haut Big Daddy Stucki in die Pfanne?
Keinen Junkfood, ich lege Wert auf eine vielseitige Ernährung, Gemüse darf auf unserem Speiseplan nicht zu kurz kommen. Ich persönlich kann fast alles essen. Ausser Feta- und «Stinkkäse» wie Roquefort.

Viele Schwingerfreunde würden die Nase rümpfen, wenn der Stucki Chrigu nach dem Eidgenössischen im kommenden Sommer in Zug ihre Karriere beenden würden. Haben Sie diesbezüglich schon eine Entscheidung getroffen?
Ich plane fix bis Zug. Was danach kommt, möchte ich offenlassen. Ich muss aber zugeben, dass das Programm nach dem Eidgenössischen in Zug schon sehr reizvoll ist. 2020 wird das Jubiläumsfest «125 Jahre Schwinger-Verband» in Appenzell das ganz grosse Highlight sein, 2021 findet der nächste Kilchberg-Schwinget statt. Und nur ein Jahr später wäre ja dann in Pratteln auch schon wieder ein Eidgenössisches ...

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