Curdin Orlik bricht mit einem der grössten Tabus im Schweizer Spitzensport. Der 27-jährige Berner Spitzenschwinger outet sich im «Magazin» des Tagesanzeigers, sagt: «Ich wusste schon immer, dass ich schwul bin.» Damit ist Orlik der erste aktive, männliche Spitzensportler, der sich zu seiner Homosexualität bekennt. Wer hätte das gedacht: Ausgerechnet ein Sportler aus der eher konservativen Schwingszene geht mutig voran! «In der Welt, aus der ich komme, wird Schwulsein eben nicht als das Normalste der Welt betrachtet», sagt Orlik.
«Es ist wahnsinnig toll, dass er sich geoutet hat», sagt Pascal Erlachner, «Dass er als aktiver Schwinger den Mut hat, hinzustehen und zu sagen: «Ich bin schwul», ist bewundernswert. Curdin Orlik ist ein riesiges Vorbild.»
Orlik gibt als einer seiner Beweggründe für sein Outing an, dass er viel zu lange verdrängt habe, wer er wirklich sei. Dass er endlich frei sein wolle. «Als ich das gelesen habe, hatte ich fast Tränen in den Augen», sagt Erlachner. Er weiss aus eigener Erfahrung, wie viel Überzeugung und Mut es für ein Coming-out braucht. Im Dezember 2017 rüttelte der damalige Spitzenschiedsrichter mit seinem Outing im «SonntagsBlick» die Fussballschweiz auf. Als erster Aktiver im Schweizer Fussball. «Ich hatte so viele positive Reaktionen damals, auf dem Fussballplatz und daneben. Ich fühlte mich erleichtert und habe mein Outing nie bereut. Ich habe nie einen negativen Kommentar gehört – nicht mal in der Hektik auf dem Platz. Ich hoffe, dass es Curdin auch so ergehen wird. Ich wüsste nicht, was dagegen spricht. Er ist noch derselbe Mensch und derselbe Schwinger wie davor. »
Eineinhalb Jahre nach seinem Outing ist Erlachner im Mai 2019 als Schiedsrichter zurückgetreten.
Bis heute ist er der einzige Aktive im Schweizer Profifussball geblieben, der öffentlich zu seiner Homosexualität gestanden ist. «Ich habe auch nicht erwartet, dass sich nach mir auch andere Schwule outen würden. Mein Wunsch war es mit meiner Offenheit das Thema anzustossen und eine öffentliche Diskussion auszulösen.»
Sind nun dank dem Mut von Curdin Orlik weitere Coming-Outs im Schweizer Spitzensport zu erwarten? Erlachner: «Natürlich wäre es schön, wenn sich auch andere Sportler nicht mehr länger verstellen und verstecken müssten. Wir werden sehen, was passiert.»