Dieser Schwinger ist unzerstörbar
Vollenweider (20) überlebte Hodenkrebs und Herzstillstand

Der Schaffhauser Jeremy Vollenweider (20) hat den Krebs besiegt und einen Herzstillstand überlebt. Jetzt will er endlich den ersten Eidgenossen auf den Rücken legen.
Publiziert: 28.04.2018 um 19:50 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 01:45 Uhr
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Jeremy Vollenweider (r.) legt am Schaffhauser Kantonalschwingfest Fabian Ulmen auf den Rücken.
Foto: Roger Albrecht/freshfocus
Emanuel Gisi

Wie oft kann man innerhalb eines halben Jahres fast sterben? Jeremy Vollenweider kann es Ihnen sagen: zweimal liegt locker drin. 20 Jahre alt ist der Schaffhauser heute und wenn er über die Monate zwischen Frühling und Herbst 2016 spricht, dann tut er es ganz ruhig und abgeklärt, sogar Witze macht er über die dramatischen Momente. Erstaunlich für einen 20-Jährigen. Aber vielleicht wird man so, wenn man so früh so viel erlebt hat.

Zuerst ist es das Herz. Vollenweider, Schwinger und Ringer seit Kindertagen, tritt im April 2016 im sanktgallischen Oberriet zu einem Ringkampf an. «In der Pause habe ich dem Trainer schon gesagt, dass etwas nicht stimmt», sagt er. Doch er macht weiter, bis es nicht mehr geht. Er bricht zusammen, Herzstillstand. Ohne Vorgeschichte und ohne Vorwarnung erleidet der Maurer einen epileptischen Anfall. Über eine Minute lang schlägt sein Herz nicht mehr. Die Sanität beatmet den damals 18-Jährigen, haucht ihm wieder Leben ein.

Doch damit nicht genug. Vollenweiders Herz schlägt längst wieder kräftig, da kommt die nächste Diagnose. Hodenkrebs! «Ich bin sehr spät zum Arzt gegangen», sagt er. Das hat seinen Grund. «Wenn ich Schach spielen würde, wäre ich sicher früher gegangen. Als Schwinger und Ringer kriegt man halt auch zwischen den Beinen mal etwas ab, ich gehe ja nicht wegen jedem Bluterguss zum Doktor. Ich dachte, die Geschwulst gehe wieder zurück.»

Sie tut es über Monate nicht, bis Freundin Saskia (19) und seine Eltern ihn überreden, endlich zum Arzt zu gehen. «Der Urologe hat mich mit Ultraschall untersucht. Der eine Hoden war auf dem Bild komplett schwarz. Da wusste ich: Das ist nicht gut.» Der Entscheid fällt praktisch sofort: Vollenweider muss den befallenen Hoden amputieren lassen.

Dann folgte eine höchst seltene Operation

Weil sich der Krebs bereits auf Bauch und Lunge ausgebreitet hat, folgt danach eine Chemotherapie. Die sollte normalerweise alle Krebszellen wegschwemmen. In Vollenweiders Fall tut sie dies nicht, die Lymphknoten sind immer noch dick. Zu gross das Risiko, dass der Krebs noch nicht weg ist. Es folgt die nächste Operation, im Uni-Spital Zürich wird ihm fast der ganze Bauch freigelegt. Ein seltener Eingriff, «der Operateur hat mir gesagt, er macht das ungefähr zweimal im Jahr». Der Mediziner macht seinen Job gut. Heute ist Vollenweider gesund, der Krebs weg.

Nur zum Schwingen ist er in den letzten beiden Jahren kaum gekommen. Dieses Jahr sollen endlich weitere Kränze dazukommen, deren vier hat Vollenweider bisher gewonnen. Die Form sei gut. «Ich merke, dass ich immer mehr den Respekt vor den grossen Namen ablege», sagt er. «Für diese Saison habe ich mir zum Ziel gesetzt, den Teilverbandskranzern auf die Pelle zu rücken. Und einen Eidgenossen will ich mal auf den Rücken legen, das fehlt mir nämlich noch.»

Die nächste Chance kommt am Sonntag. Da tritt er am Thurgauer Kantonalen in Lengwil ins Sägemehl. Und vielleicht sollten sich die Gigers, Rychens und Bless tatsächlich in acht nehmen. Wer den Krebs besiegt hat, braucht sich vor einem Eidgenossen nicht zu verstecken.

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Innerschweizerisches

Spitzenpaarungen, 1. Gang

Samuel Giger – Roger Rychen
Michael Bless – Tobias Krähenbühl
Raphael Zwyssig – Domenic Schneider
Beni Notz – Michael Rhyner
Mario Schneider – Samir Leuppi
Michael Steiner – Dominik Schmid
Stefan Burkhalter – Marcel Kuster
Ernst Bühler – Lars Geisser
Jeremy Vollenweider – Benno Akeret

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