BLICK: Nöldi Forrer, nach einer Niederlage und drei Gestellten ist für Sie das Eidgenössische bereits nach dem ersten Tag vorbei. Sie sind ja bekannt für Ihre positive Denkweise. Können Sie diesem Tag auch irgendetwas Gutes abgewinnen?
Nöldi Forrer: Suizid-Gedanken habe ich auch jetzt nicht (lacht). Aber klar: Sportlich ist dieser Wettkampf gleichbedeutend mit der schlimmsten Enttäuschung in meiner Karriere.
Bereuen Sie es, dass Sie nach Ihren Verletzungen und den mässigen Leistungen in dieser Saison überhaupt hier in Zug an den Start gegangen sind?
Forrer: Wenn ich es hier nicht probiert hätte, hätte ich mich daheim vor dem Fernseher genauso aufgeregt.
Stefan Burkhalter, wie fällt Ihr persönliches Fazit nach dem ersten Tag aus?
Stefan Burkhalter: Nicht viel besser. Ich bin zwar mit einem Sieg über den Luzerner Eidgenossen Erich Fankhauser gut gestartet. Dummerweise habe ich dann zweimal gestellt und einmal verloren. Damit können mir am zweiten Tag nur noch vier Siege zum Gewinn meines dritten Eidgenössischen Kranzes verhelfen.
Stefan Burkhalter (45) vom Schwingklub Ottenberg TG führt einen Bauernhof in Homburg TG und arbeitet zudem als Bodyguard von Hausi Leutenegger. Er hat 108 Kränze (2 Eidgenössische) gewonnen und ist ältester Kranzgewinner aller Zeiten. Die grössten Erfolge sind zwei Siege auf der Schwägalp und einer auf dem Stoos. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sein Sohn Thomas verpasste in der ersten Aktiv-Saison das Eidgenössische.
Stefan Burkhalter (45) vom Schwingklub Ottenberg TG führt einen Bauernhof in Homburg TG und arbeitet zudem als Bodyguard von Hausi Leutenegger. Er hat 108 Kränze (2 Eidgenössische) gewonnen und ist ältester Kranzgewinner aller Zeiten. Die grössten Erfolge sind zwei Siege auf der Schwägalp und einer auf dem Stoos. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sein Sohn Thomas verpasste in der ersten Aktiv-Saison das Eidgenössische.
Reden wir über bessere Zeiten. Sie haben zusammen 255 Kränze erkämpft. Wie präsent sind die Erinnerungen an den allerersten Eichenlaub-Schmuck?
Burkhalter: Ich habe meinen ersten Kranz im Sommer 1994 am Thurgauer Kantonalen in Nussbaumen gewonnen. Ich absolvierte damals die Grenadier-Rekrutenschule. Weil ich sofort nach dem Rangverlesen den Zug in Richtung Militärfestung Vallorbe besteigen musste, blieb mir keine Zeit, die Kleider zu wechseln. Als ich mit bekränztem Haupt und der gewonnenen Kuhglocke in der Kaserne auftauchte, fand das mein Feldweibel nicht lustig. Er hatte vom Schwingsport überhaupt keine Ahnung und glaubte, dass ich ein Fasnachtskostüm trage. Er wollte mich für ein paar Tage im Gefängnis einlochen. Zu meinem Glück wurde der Feldi aber vom Kadi überstimmt.
Forrer: Ich war Rekrut, als ich 1998 meinen ersten Eidgenössischen Kranz gewinnen konnte. Zum Glück hatten meine Vorgesetzten deutlich mehr Verständnis für meinen Sport. Deshalb packte ich vor der Rückkehr zur Kompanie einen Harass Weisswein in den Kofferraum meines VW Golf. Den haben wir in der Kaserne feierlich geleert. Übrigens: Einen kräftigen Schluck habe ich auch schon am Abend vor dem Wettkampf benötigt.
Warum?
Forrer: Wir Schwinger teilten uns während des Eidgenössischen in Bern ein Massenlager mit den Jodlern und Fahnenschwingern. Einige dieser Herren haben angeblich einen mächtigen Lärm verursacht, wenn sie am Morgen um vier aus dem Ausgang zurückkamen. Aber mein Bruder Christian und ich bemerkten nichts von all dem, weil wir vor dem Einschlafen zwei grosse Bier gekippt haben.
Stefan, in Ihrer Biografie gibt es einen grossen Makel: Sie haben in 14 Duellen mit Forrer 7 Mal verloren und nie gewonnen. Glauben Sie noch an einen Sieg gegen Nöldi?
Burkhalter: Ich werde auf jeden Fall noch mindestens eine Saison schwingen und würde deshalb im nächsten Jahr gerne noch einmal mit Nöldi zusammengreifen. Aber ich weiss nicht, ob Nöldi im nächsten Jahr noch dabei ist?
Forrer: Die Chancen stehen derzeit 50:50. Ich weiss, dass ich vor dieser Saison angekündigt habe, dass ich nach Zug meine Laufbahn beende. Aber damals ging ich davon aus, dass ich 2019 als erster Schwinger die Marke von 150 Kränzen erreiche. Nun ist es aber nicht so gut gelaufen, ich liege derzeit bei 147. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass ich im nächsten Jahr nochmals in die Hosen steige. Ich muss im Winter ja sowieso trainieren, ansonsten werde ich dann noch zu fett.
Sie haben beide in der Schwingerfamilie einige Kritiker, weil Ihre Aussprache nicht immer ganz jugendfrei war. Wie gehen Sie damit um?
Forrer: Sport ist mit grossen Emotionen verknüpft, deshalb geht auch einmal ein weniger schönes Wort über die Lippen. Aber das kann man mit erwachsenen Menschen am Abend bei einem Bier bereinigen.
Burkhalter: Ich spreche in jeder Lebenslage das aus, was ich denke.Und das erwarte ich auch von meinen Mitmenschen. Ich habe letzthin in meiner Stammbeiz eine Run- de Bier bezahlt. Einer sagte zu mir: «Burki, ich trinke jetzt mit dir, obwohl ich dich ein riesen Arschloch finde.» Daraufhin bezahlte ich gleich noch eine Runde, weil ich diese Ehrlichkeit richtig geil fand. Eine so ehrliche Äusserung ist bei Schwingerfreunden sehr selten. Die meisten ziehen hinter meinem Rücken über mich her – oder quatschen meinen 16-jährigen Sohn Thomas blöd an.
Zum Beispiel?
Burkhalter: Thomas versucht sich in diesem Jahr erstmals bei den Aktivschwingern. Im Ausgang hat er sich kürzlich nicht mehr als zwei Bier genehmigt. Da kam irgend ein «Schwingerfreund» auf ihn zu und sagte: «Kein Wunder, hast du in diesem Jahr keine Kränze gewonnen. Du säufst ja fast so viel wie dein Alter.» Und so etwas muss sich mein Bub von einem Typen anhören, der selber keinen einzigen Kranz gewonnen hat. Das zeigt, dass die Schwingerwelt nicht besser – aber auch nicht schlechter – als der Rest der Welt ist.
Forrer: Ich kann das gut nachvollziehen. Während des Weissenstein-Schwingets sass ein Bekannter von mir auf der Tribüne neben einer Gruppe von Bernern, die heftig über mich herzogen. Irgendwann stand er auf und fragte in die Runde, ob sie ihm einen Berner Schwinger nennen können, der 47 Kranzfestsiege und 147 Kränze gewonnen hat. Ab diesem Zeitpunkt kehrte plötzlich Ruhe ein.
Arnold Forrer (40) vom Schwingklub Wattwil SG ist gelernter Käser und führt eine Käserei in Rüttiberg SG, wo er den Königs-Chäs produziert. Er ist mit 147 Kränzen der Rekordkranzgewinner (6 Eidgenössische). Sein grösster Erfolg ist der Gewinn des Königstitels 2001 in Nyon VD. Total schaffte er 46 Kranzfestsiege – darunter 10 Teilverbandsfeste und 6 Bergfeste. Forrer hat sich letztes Jahr von seiner Ehefrau Rosie getrennt. Die beiden haben drei gemeinsame Kinder.
Arnold Forrer (40) vom Schwingklub Wattwil SG ist gelernter Käser und führt eine Käserei in Rüttiberg SG, wo er den Königs-Chäs produziert. Er ist mit 147 Kränzen der Rekordkranzgewinner (6 Eidgenössische). Sein grösster Erfolg ist der Gewinn des Königstitels 2001 in Nyon VD. Total schaffte er 46 Kranzfestsiege – darunter 10 Teilverbandsfeste und 6 Bergfeste. Forrer hat sich letztes Jahr von seiner Ehefrau Rosie getrennt. Die beiden haben drei gemeinsame Kinder.
Wie stopfen Sie denn all den Leuten das Maul, die behaupten, dass Sie allein des Geldes wegen nicht schon längst den Rücktritt erklärt haben?
Burkhalter: Sie haben ja recht (lacht laut). Nein, im Ernst: In meinem Alter kann man nur einigermassen erfolgreich schwingen, wenn man nach wie vor richtig viel Spass hat, im Sägemehl zu kämpfen.
Forrer: Wäre es mir beim Sport ums Geldverdienen gegangen, wäre ich gar nie beim Schwingen gelandet. Denn als ich mich für diesen Sport entschieden habe, konnte man im Schwingen noch kein Geld verdienen. Als ich 2001 König wurde, konnte man mit 3000 Franken im Jahr mein Hauptsponsor werden. Darum behaupte ich, dass der Schwingerkönig in der Gegenwart in einem Jahr gleich viel verdienen kann wie ich in zehn Jahren. Aber das ist für mich wirklich kein Problem. Schauen Sie, meine Sponsorenverträge laufen in diesem Jahr aus. Aber wenn die Lust da ist und es meine lädierte Hüfte zulässt, werde ich im nächsten Jahr auch ohne Geldgeber schwingen.
Burkhalter: Ich weiss nicht, wie viel die anderen verdienen. Aber ich bin auf jeden Fall sehr zufrieden mit dem, was ich habe.
Zum Abschluss: Welcher Gegner hat Sie in all den Jahren am meisten beeindruckt?
Burkhalter: Ganz klar Jörg Abderhalden. Gegen ihn habe ich ungefähr zehn Mal geschwungen und jedes Mal verloren.
Forrer: Ich habe gegen Jörg eine gute Bilanz. Mir hat Samuel Giger am meisten imponiert. Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass er mich mit seinem «Churz» besiegen kann. Erst als es er mich zum dritten Mal auf diese Weise gebodigt hat, habe ich es geglaubt.
Gibt es einen Gegner, über den Sie sich besonders oft geärgert haben?
Burkhalter: Ganz klar über den Zürcher Oberländer Fabian Kindlimann. Obwohl der eine Super-Postur hat, kämpft er meistens total destruktiv. Mit einer grandiosen Ausnahme: 2013 hat er bei seinem Kranzgewinn am Eidgenössischen in Burgdorf bewiesen, dass er richtig gut schwingen könnte. Aber seitdem schwingt er wieder ganz schlimm. Deshalb kann ich gut nachvollziehen, dass ihm Nöldi vor ein paar Jahren auf dem Weissenstein ordentlich die Meinung gegeigt hat.
Forrer: Ich habe mich 2016 im fünften Gang auf dem Weissenstein über ihn geärgert. Wenn es in der Begegnung zwischen Kindlimann und mir einen Sieger gegeben hätte, wäre es zu einem reinen Nordostschweizer-Schlussgang gekommen. Aber weil Kindlimann von der ersten Sekunde an auf einen Gestellten geschwungen hat, stand im Endeffekt der Innerschweizer Joel Wicki gegen Armon Orlik im Schlussgang. Dümmer geht es wirklich nicht. Und das habe ich dem Kindlimann dann auch in aller Deutlichkeit gesagt.
Vom 26. bis 28. August dominieren Kolosse, Sägemehl und Zwilchhosen die Schweiz – das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2022 in Pratteln steht an. Hier findest Du alles, was Du über den Mega-Event wissen müssen.
Vom 26. bis 28. August dominieren Kolosse, Sägemehl und Zwilchhosen die Schweiz – das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2022 in Pratteln steht an. Hier findest Du alles, was Du über den Mega-Event wissen müssen.
Freitag, 23. August
- 11.00 / Eröffnung des Festgeländes
- 13.00 / Fahnenempfang in Zug
- 14.00 / Start Festumzug
Samstag, 24. August
- 7.30 / Einmarsch der Schwinger
- 7.45 / Nationalhymne
- 8.00 / Anschwingen (1./2. Gang)
- 8.00 / Wettkampfbeginn Steinstossen
- 13.30 / Ausschwingen (3./4. Gang)
- 14.00 / Final 20-kg-Steinstossen
- 14.30 / Final 40-kg-Steinstossen
- 17.15 / Ende Ausschwingen
Sonntag, 25. August
- 7.45 / Ausstich (5. Gang)
- 10.30 / Ausstich (6. Gang)
- 13.30 / Kranzausstich (7. Gang)
- 14.45 / Final Unspunnenstein
- 15.15 / Kranzausstich (8. Gang)
- 16.45 / Schlussgang
Freitag, 23. August
- 11.00 / Eröffnung des Festgeländes
- 13.00 / Fahnenempfang in Zug
- 14.00 / Start Festumzug
Samstag, 24. August
- 7.30 / Einmarsch der Schwinger
- 7.45 / Nationalhymne
- 8.00 / Anschwingen (1./2. Gang)
- 8.00 / Wettkampfbeginn Steinstossen
- 13.30 / Ausschwingen (3./4. Gang)
- 14.00 / Final 20-kg-Steinstossen
- 14.30 / Final 40-kg-Steinstossen
- 17.15 / Ende Ausschwingen
Sonntag, 25. August
- 7.45 / Ausstich (5. Gang)
- 10.30 / Ausstich (6. Gang)
- 13.30 / Kranzausstich (7. Gang)
- 14.45 / Final Unspunnenstein
- 15.15 / Kranzausstich (8. Gang)
- 16.45 / Schlussgang