So unterrichtet Schwinger Bieri seine Sechstklässler aus der Ferne
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«Herr Bieri redet über Tablet»:So unterrichtet Schwinger Bieri seine Sechstklässler aus der Ferne

«Der Herr Bieri redet jetzt übers Tablet»
So unterrichtet Schwinger Bieri seine Sechstklässler aus der Ferne

Schwinger Marcel Bieri steht vor einer Herausforderung: Als Primarlehrer unterrichtet er momentan aus der Ferne, ins Sägemehl darf er gar nicht. BLICK hat den Eidgenossen besucht.
Publiziert: 07.05.2020 um 18:05 Uhr
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Marcel Bieri ist Schwinger und Lehrer.
Foto: TOTO MARTI
Emanuel Gisi (Text) und Toto Marti (Fotos)

Draussen schneidet ein Bauer das Gras, am Bach hinter dem Haus weiden die Ziegen, eine Katze streift über die Terrasse. Donnerstag, 10 Uhr, Edlibach im Kanton Zug. Idyllischer geht es kaum.

In der Wohnküche von Schwinger Marcel Bieri (25) aber ist die Stimmung konzentriert: Mathematik steht auf dem Stundenplan. Lehrer Bieri unterrichtet seine Sechstklässler der Primarschule Rudolfstetten AG seit drei Wochen aus der Ferne. Bruchrechnen ist angesagt und statt an der Wandtafel zu stehen, sitzt Bieri vor Laptop und iPad und spricht zu seinen 23 Schülern, die sich zu Hause zugeschaltet haben.

«Wenn ihr fertig seid: Foto schicken»

Es ist die dritte Lektion des Tages. «Grüezi, Herr Bieri», tönt es 23-mal aus dem iPad. Eidgenosse Bieri, der einzige Spitzenschwinger, der als Lehrer arbeitet, macht anhand des Klassen-Chats eine Anwesenheitskontrolle. «Wer zu spät kommt, bekommt ein Strichli», erklärt er BLICK, «das ist wie im Klassenzimmer.»

Er erklärt die Aufgabe, macht auf dem iPad ein Rechenbeispiel, das er der Klasse über den für alle freigegebenen Bildschirm zeigt. Dann die Ansage: «Wenn ihr fertig seid, schickt ihr mir davon ein Foto.»

Die Coronakrise hat Schüler und Lehrer zum Umdenken gezwungen. Statt Schule im Klassenzimmer ist jetzt Fernunterricht angesagt. «Am Anfang war das für uns ungewohnt», sagt Bieri. «Für die Schüler wie für uns Lehrpersonen.» Für manche seiner Schützlinge sei es am Anfang schwierig gewesen, den Fernunterricht als Schule wahrzunehmen. «Der Herr Bieri redet jetzt übers Tablet, das ist schon etwas anderes», sagt er. «Und sie sitzen daheim im Zimmer und könnten eigentlich auch erst einmal einfach nichts machen.»

«Ich bin einer komfortablen Situation»

Mancherorts gabs Kritik für den Fernunterricht, weil nicht alle Schulen gleich gut reagierten (BLICK berichtete). «Wie in vielen anderen Bereichen musste auch vieles für den Fernunterricht neu organisiert und erfunden werden», so Franziska Peterhans, Zentralsekretärin des Lehrerdachverbandes LCH. «Dabei ist augenscheinlich, dass nicht alle Schulen den Fernunterricht vom gleichen Stand aus starten konnten.»

Bei Bieris Klasse läufts. «Es funktioniert sehr gut. Dadurch, dass sie als Sechstklässler schon relativ selbstständig sind, bin ich in einer komfortablen Situation.»

Dafür hat die Schule einen Sondereffort geleistet: 312 Tablets wurden innert kürzester Zeit angeschafft. Jeder Primarschüler bekam ein Gerät zur Verfügung gestellt, auf dem er arbeiten kann. Die Abmachung: Die Lehrer müssen die Tablets nach der Rückkehr ins Klassenzimmer weiterhin gebrauchen. «Das werde ich auf jeden Fall tun», sagt Bieri. «Die Kinder haben Spass daran, es erweitert unsere Möglichkeiten.»

Das sehen auch Bildungsexperten so. «Warum nicht einmal einen Tag zu Hause bleiben und über digitale Tools einen Auftrag ausführen und dokumentieren?» sagt etwa Rahel Tschopp von der Pädagogischen Hochschule Zürich.

«Ich freue mich auf die Gesichter der Kinder»

Eine Schülerin ruft an, sie versteht die Aufgabe nicht. Lehrer Bieri erklärt. Ruhig, geduldig, freundlich. Die Atmosphäre ist konzentriert. «Das wollen wir auf jeden Fall mitnehmen, wenn es normal wieder losgeht.»

Am Montag geht es für Bieri und seine Klasse zurück ins Schulzimmer. «Ich freue mich auf die Gesichter der Kinder», sagt er. «Und ich merke, dass sie sich auch darauf freuen, ihre Gspänli wieder zu treffen.»

Kraftraum im Keller

Auch wenn das Tablet künftig fester Teil des Unterrichts sein wird: Am Montag bleibt es im Schrank. «Das haben wir jetzt drei Wochen gebraucht. Nun sollen sich die Kinder erst einmal einen Tag austoben.»

Im Sägemehl kann Bieri das vorderhand nicht, Schwingtraining ist noch nicht erlaubt. Aber ein bisschen Schwitzen liegt drin: Im Keller hat sich der schwingende Lehrer einen kleinen Kraftraum eingerichtet.

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