Der grosse Schwing-Check
König auf Reisen, Bestürzung nach Todesfall, Zeit-Fauxpas

Das erste Kranzfest-Wochenende ist Geschichte. Was beschäftigt die Schwinger-Szene? Blick liefert die heissesten Sägemehl-Geschichten.
Publiziert: 06.05.2024 um 12:46 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2024 um 13:10 Uhr
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Unterwegs: Schwingerkönig Matthias Glarner hat sich etwas Besonderes vorgenommen nach seinem Rücktritt 2019.
Foto: manuel geisser
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Nicola AbtReporter Sport

Ein König auf Reisen

Seit seinem Rücktritt 2019 ist Matthias Glarner (38) auf Entdeckungstour. Jedes Jahr besucht der Schwingerkönig ein Kranzfest, bei dem er noch nie vor Ort war. Die Liste ist lang. «Als Aktivschwinger absolviert man immer wieder in etwa die gleichen Schwingfeste.» Dafür verantwortlich ist das Reglement des Eidgenössischen Schwingerverbands. Dieses besagt: «Jeder Schwinger darf ausserhalb seines Teilverbands jährlich nur ein zusätzliches Gau- oder Kantonalfest besuchen.» In dieser Saison wird beispielsweise der Berner Fabian Staudenmann am Ob- und Nidwaldner Kantonalen antreten.

Für Glarner sind die Reisen an ihm unbekannte Kranzfeste eine Bereicherung. «Man sieht andere Regionen und Schwinger. Das ist toll.» Besonders gut hat ihm im vergangenen Jahr das Bündner Glarner in Flims gefallen. «Es war schön übersichtlich. Zudem hast du das Herzblut der Organisatoren gespürt.» Diesen Sonntag besuchte er das Freiburger Kantonale in Frasses. Im kommenden Jahr pickt er sich ein Schwingfest in der Nordwestschweiz heraus. 

König Matthias Glarner will seinen Schwing-Horizont erweitern.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Zeit-Fauxpas im TV

Die Fernsehzuschauer des Zuger Kantonalen staunen nicht schlecht, als der Kampfrichter den Gang für beendet erklärt, obwohl die TV-Uhr noch eine Minute anzeigt. Was ist da los? Ganz einfach: Tele 1 glaubte, die Gangdauer am Sonntagmorgen sei sechs Minuten. Offiziell waren es jedoch deren fünf. Ein Helfer in Cham machte das Fernsehteam auf den Fauxpas aufmerksam. Rechtzeitig zur Spitzenpaarung im ersten Gang Wicki gegen Nägeli stimmte die Zeitanzeige. 

Zwei Kult-Reporter auf Abschiedstour

Nach über 400 Schwingfesten ist Ende Saison Schluss. Die Reporter-Legenden Alfons Spirig (77) und Daniel von Euw (53) verlassen Radio Central. Mehr als zwei Jahrzehnte lang berichteten die beiden über das Geschehen im und um den Sägemehlring. Eine Geschichte ist Spirig besonders in Erinnerung geblieben. Passiert ist es am Allweg-Schwinget 2011. Ein heftiger Sturm zog über das Festgelände. «Dutzende Schwinger haben sich am Zelt festgehalten, damit es nicht wegfliegt», erinnert sich Spirig.

Er selbst sass auf einem Podium, als jemand schrie: «Rennt weg!» Ohne zu zögern sprintete die Reporter-Legende über den Schwingplatz. «Ein Teil der Tribüne flog an uns vorbei. Wir hatten brutal viel Glück.» Während Spirig in Pension geht, ist der vierfache Eidgenosse von Euw seit diesem Jahr OK-Präsident vom Stoos-Schwinget. Zum vorerst letzten Mal kommentieren werden die beiden am Innerschweizer Schwingfest Anfang Juli. 

Die Suche nach dem Nachfolger von Spirig läuft bereits. Am 4. Mai fand ein öffentliches Casting statt. In einer simulierten Live-Situation mussten die Kandidaten einen Gang kommentieren – mit einem Experten an ihrer Seite.

Mittendrin statt nur dabei: Alfons Spirig ist mit seinen weissen Haaren nicht zu übersehen.
Foto: ANTON GEISSER

Todesfall eines Brückenbauers

Wie gut das handwerkliche Geschick von Albert Bachmann war, ist nicht bekannt. Als Brückenbauer zwischen der Westschweiz und der Deutschschweiz hat er sich jedoch bewährt. Dem OK-Präsidenten vom Eidgenössischen Schwingfest 2016 in Estavayer-le-Lac FR gelang es, beide Kulturen zu vereinen. «Die Gelassenheit ‹à la Suisse romande› gehört zu einem Schwingfest in der Westschweiz einfach dazu – genauso wie wir dann auch mit einem Glas Weisswein anstatt einem ‹Kafi Luz› anstossen werden», sagte er damals. 

Bachmann organisierte den grössten Anlass, der je auf dem Boden des Kantons Freiburg stattgefunden hat. 280'000 Menschen kamen auf das Festgelände und bejubelten den neuen Schwingerkönig Matthias Glarner. Das Budget von 30 Millionen Franken konnte eingehalten werden. Nun ist Bachmann im Alter von 67 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben. Auf den sozialen Medien trauert die Schwingerfamilie um einen «herzensguten Menschen».

OK-Präsident Bachmann stösst mit einem Bier auf das bevorstehende Eidgenössische Schwingfest an.
Foto: Keystone

Pfiff-Ärger in der Schwingarena

Wer das Schwingervolk verärgern will, sollte Folgendes tun: von der Tribüne aus laut pfeifen. Ein No-Go! Am Zuger Kantonalen wurde diese ungeschriebene Regel ein weiteres Mal verletzt. Obwohl es kein Auspfeifen im klassischen Sinn war, sondern einem Sieger galt, sorgte es für heftige Diskussionen. «Der war gestern wohl noch beim Fussball», stöhnt einer. Ein anderer meint: «Als Nächstes packt er eine Pyro aus.» Der Platzspeaker liess den Vorfall unerwähnt. 

Die Kranz-Premiere am Heimfest

Wer die Rangliste am Freiburger Kantonalen nach drei Gängen studiert, der staunt nicht schlecht. Ganz zuvorderst taucht der Name Silvan Zbinden auf. Der 20-jährige Nicht-Kranzer konnte alle drei Gänge gewinnen. Mit Philipp Gehrig legte der Freiburger unter anderem einen Teilverbandskranzer auf den Rücken.

«Er bringt alles mit, um im Schwingen Erfolge zu feiern. Technik, Kraft und Willen», schwärmt Christian Kolly, der technische Leiter der Südwestschweizer. Zuletzt war Zbinden verletzt, weshalb er nur wenig Kranzfest-Erfahrung bei den Aktiven hat. Das Schwinger-Gen kommt vom Vater, der bei den Junioren um Zweige kämpfte. 

Einen Kranz trägt ab sofort sein Sohn auf dem Kopf. Weil Zbinden nach dem Mittagessen hart angefasst wird und dem Eidgenossen Sven Hofer unterliegt, muss er bis zum Schluss zittern. Dank eines Sieges im sechsten Gang darf er über den grössten Erfolg seiner Karriere jubeln. 

Silvan Zbinden (r.) feierte am Freiburger Kantonalen den grössten Erfolg seiner Karriere.
Foto: Silvan Zbinden

Die Statistik als Mutmacher

Erstes Fest. Erste Niederlage. Joel Wicki erlebte einen schwierigen Morgen am Zuger Kantonalen. Dank eines fulminanten Nachmittags jubelte er letztlich trotzdem über den Festsieg. Dass eine Niederlage im Frühling nichts Schlechtes heissen muss, bewies der Luzerner vor zwei Jahren. Da lag er ebenfalls am Zuger Kantonalen auf dem Rücken. Dazumal wurde der Landwirt vom Teilverbandskranzer Marco Ulrich bezwungen. Zwei Wochen später am Schwyzer Kantonalen musste sich Wicki im Duell mit Normalkranzer Christoph Waser geschlagen geben. Drei Monate später krönte er sich in Pratteln BL sensationell zum Schwingerkönig.

Niedergeschlagen. Wicki braucht einen Moment, um den verlorenen Kampf gegen Marcel Bier zu verarbeiten.
Foto: keystone-sda.ch
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