Das bewegende Leben des verstorbenen Schwingerkönigs
Hunsperger (†72) legte sich sogar mit einem Bären an

Der Lebensweg von Ruedi Hunsperger war neben den vielen Erfolgen im Sägemehl von Kämpfen mit einem bösen Obmann, einem Bären und einer flippigen Frau gekennzeichnet.
Publiziert: 19.08.2018 um 04:22 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 13:27 Uhr
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Für die Sporthilfe wagte sich Hunsperger gegen einen Bären in den Ring.
Marcel W. Perren

Der König aller Schwingerkönige hat seinen letzten Gang verloren – Ruedi Hunsperger (72) ist am Samstagmorgen nach einem jahrelangen Kampf gegen einen Knie-Infekt gestorben (BLICK berichtete).

Im Sommer 1964 gelang Ruedi Hunsperger der erste grosse Wurf im Sägemehl. Der Berner Giel, der eigentlich lieber Boxer geworden wäre, triumphierte kurz nach seinem 18. Geburtstag auf dem Brünig, erntete dann aber viele böse Blicke bei der Siegerehrung.

«Weil ich damals selber nicht mit einem Spitzenplatz beim grössten Bergschwinget gerechnet habe, bin ich ohne Kühermutz und weisses Hemd zu Hause abgefahren. Deshalb musste ich nach meinem Überraschungserfolg mit einem T-Shirt mit Zebrastreifen zur Siegerehrung. Der damalige ESV-Obmann Otto Marti wollte mir deshalb anfänglich die Preisübergabe verweigern», erinnerte sich einst Hunsperger.

Letztendlich erhielt der blutjunge «Rüedu» dann doch noch seinen verdienten Siegerlohn von 700 Franken. Und zwei Jahre später eroberte er in Frauenfeld nach dem Sieg im eidgenössischen Schlussgang gegen den übermächtig anmutenden König Karl Meli erstmals den Schwinger-Thron.

Zwölf Monate nach dem Sieg am Unspunnen 1968 verteidigte er die Krone am Eidgenössischen in Biel erfolgreich gegen den gehörlosen Helden Hans Stucki.

Verzicht auf die Krone nach dem Tod des Vaters

In Topform präsentierte sich der grosse YB-Fan auch 1972 vor dem Eidgenössischen in La Chaux-de-Fonds. Aber weil kurz vor dem grossen Kräftemessen im Neuenburger Jura sein Vater verstarb, verzichtete Hunsperger auf die Teilnahme und ebnete damit seinem Berner Kumpel David Roschi den Weg zum Thron.

1974 wurde der Sennenschwinger aus Habstetten dann aber doch noch einmal König – Hunsperger bodigte im Schlussgang seinen Klubkollegen und Freund Fritz Uhlmann und erklärte danach seinen Rücktritt.

Der dreifache Schwingerkönig Ruedi Hunsperger am Eidgenössischen 1974 in Schwyz.
Foto: KEY

Fortan lieferte sich der zweifache Familenvater neben dem Sägemehlring packende Zweikämpfe mit ESV-Obmann Otto Marti. Als sich Hunsperger an der Nacht des Sports zugunsten der Sporthilfe einen Showkampf mit einem Bären lieferte, erhielt er von Marti einen bösen Brief. Überschrift: «Dein Verhalten ist eines Königs unwürdig!»

Zum Eklat kam es dann am Eidgenössischen 1977, als das Schweizer Radio Hunsperger als Co-Kommentator von Mäni Weber einsetzen wollte. Als Obmann Marti über dieses Vorhaben informiert wurde, stellte er sich quer: «Solange der Hunsperger als Journalist auf der Tribüne sitzt, wird nicht geschwungen!» Der damalige Basler Regierungsrat Schneider hat dann aber ein Machtwort zugunsten von Hunsperger gesprochen.

«Da bin ich im Gesicht rot angelaufen»

Weniger glücklich endete Ruedis Geschichte als Unternehmer und Ehemann: Seine Autogarage endete im Konkurs und die Ehe mit der Mutter seiner beiden Kinder vor dem Scheidungsrichter. «Bei uns hat die klassische Rollenverteilung lange sehr gut funktioniert. Sie hat daheim zu den Kindern geschaut, ich habe gearbeitet und geschwungen. Aber dann ist unsere Ehe wegen der Emanzipation in die Brüche gegangen», erzählte Hunsperger in einem SonntagsBlick-Interview 2016.

Ruedi Hunsperger 2017 bei einem Treffen mit BLICK an der Aare.
Foto: Sven Thomann / Blicksport

«Eines Tages hat meine damalige Frau eine junge Lehrerin kennengelernt, die ihr eingetrichtert hat, dass der Mann an zwei bis drei Tagen in der Woche zu Hause nach dem Rechten schauen sollte. Meine Frau ist dann nach Hause gekommen und hat zu mir gesagt: ‹In Zukunft gehe ich an mindestens zwei Abenden die Woche mit Kolleginnen in die Stadt flippen – und du schaust auf die Kinder.›»

Doch das war für den «bösen Rüedu» zu viel. «Ich bin alleine wegen des Ausdrucks ‹flippen› vor lauter Wut rot im Gesicht angelaufen. Und ich war zu dieser Zeit ganz einfach nicht dazu bereit, als Mann die Allerwertesten meiner Kinder zu putzen und zu wickeln. Ein paar Jahre später hätte ich damit keine Probleme mehr gehabt, aber damals hat man eben noch anders gedacht.»

Mit einer Blutvergiftung begann das Leiden

Die körperliche Leidensgeschichte des Überschwingers begann im Jahr 2000. Hunsperger hatte damals starke Rückenschmerzen und liess sich vom Arzt eine Spritze setzen. Diese Spritze war nicht steril, eine schwere Blutvergiftung war die Folge davon.

Es folgte eine Notoperation, bei der die Ärzte von einer Überlebenschance von zwanzig Prozent sprachen. Obwohl Hunsperger diesen dramatischen Todeskampf für sich entscheiden konnte, drang der Infekt, der von «Rüedu» stets als «Spital-Chäfer» bezeichnet wurde, immer wieder in sein Bein. Nun hat dieser «Chäfer» den König in den Tod getrieben.

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