Déjà-vu für König Wicki
Gestellter Schlussgang reicht Reichmuth zum Brünig-Sieg

Die Innerschweizer feiern den ersten Sieg bei einem Bergfest in diesem Jahr. Dafür zuständig ist nicht König Joel Wicki. Stattdessen wiederholt sich für ihn die Geschichte.
Publiziert: 28.07.2024 um 08:08 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2024 um 21:08 Uhr
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Pirmin Reichmuth lässt sich als Sieger schultern.
Foto: keystone-sda.ch

Der Schlussgang

Schon vor dem Schlussgang steht fest: Ein Innerschweizer triumphiert auf dem Brünig. Pirmin Reichmuth (28) schreitet im Wissen zur Tat, dass ihm auch ein Gestellter gegen Joel Wicki (27) reicht. Entsprechend kontrolliert und ohne das Risiko zu suchen, geht er zu Werke. Die Folge: ein ereignisarmes Duell. Der einzige Aufreger ereignet sich rund zwei Minuten vor Schluss, als Wicki seinen Gegner mit einem Angriff zu Fall bringt. Doch Reichmuth dreht sich aus und verhindert die Niederlage. Wenig später darf er sich über seinen zweiten Brünig-Sieg nach 2019 freuen. Er war damit auch der letzte Innerschweizer Sieger bei diesem Fest. Und verhindert, dass sein Teilverband in diesem Jahr ohne Bergfestsieg da steht.

Die Siegerstimme

Pirmin Reichmuth gegenüber SRF: «Es ist blöd, wenn man weiss, dass man im Schlussgang stellen kann. Ich hatte einen sehr guten Tag und wollte das nicht verlöffeln. Gegen Schluss habe ich das berücksichtigt. Ich wollte den Sieg unbedingt und bin sehr dankbar für das. Der zweite Brünig-Sieg bedeutet mir viel. Es ist unglaublich, wie viele negative Reaktionen ich in den letzten Wochen hatte. Die Leute haben mich gefragt, ob ichs nicht mehr kann und was los sei. Es tut gut. Ich glaube, heute wollte ich von allen den Sieg am meisten, war brutal fokussiert. Egal was in dieser Saison noch kommt, sie war nicht für nichts. Wenn du der einzige ohne Festsieg bist … bin ich froh, dass ich das jetzt habe.»

Die Schlussrangliste

Der fehlende Triumph

Alle grossen Feste in seinem Teilverband hat Joel Wicki gewonnen. Je viermal das Luzerner Kantonale und den Stoos-Schwinget, dreimal das Innerschweizer, je zweimal das Ob- und Nidwaldner sowie das Urner Kantonale und den Rigi-Schwinget und einmal das Schwyzer Kantonale. Nur eines fehlt ihm noch im Palmarès: der Brünig. 2019 reichte ein gestellter Schlussgang gegen Pirmin Reichmuth nicht, ebenso 2018 gegen Kilian Wenger. In diesem Jahr kommts zur Neuauflage gegen Reichmuth und erneut braucht Wicki den Sieg. Und wieder klappts nicht. Der König erlebt ein bitteres Déjà-vu. Gestellter Schlussgang und er muss Reichmuth gratulieren.

Das Südwestschweizer Warten

Auf dem Brünig jubeln oft Berner oder Innerschweizer und damit Vertreter der beiden gastgebenden Verbände. Letztes Jahr gewann mit Samuel Giger (26) erstmals seit 17 Jahren ein Nordostschweizer. Noch länger ist es her, seit letztmals ein Südwestschweizer gewinnen konnte. 1989 teilte Rolf Wehren (57) mit Harry Knüsel (63) den Festsieg. Den letzten Schlussgang-Teilnehmer stellten die diesjährigen Gäste 1999 mit Hans-Peter Pellet (53). Nach der jüngsten Ausgabe geht das Warten bis mindestens zur nächsten Teilnahme der Südwestschweizer weiter.

Die Neuauflage

Auf den Tag genau 23 Monate mussten die Schwing-Fans warten, ehe Joel Wicki und Matthias Aeschbacher (32) wieder zusammen greifen. Am 28. August 2022 holte sich Wicki gegen den Berner den Königstitel. Das lange Warten wird auf dem Brünig nicht mit einer attraktiven Revanche des Berners belohnt. Im Gegenteil. Das Ganze verkommt zu einem Quickie. Nach zwei Sekunden hat Wicki den Berner schon auf dem Rücken.

Wicki braucht zwei Sekunden für Sieg gegen Aeschbacher
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Blitzstart vom König:Wicki braucht zwei Sekunden für Sieg gegen Aeschbacher

Die Nummer 100

Meilenstein für Bernhard Kämpf (36). Er gewinnt auf dem Brünig den 100. Kranz seiner Karriere. Dabei missglückt ihm der Start am Morgen, er unterliegt im 1. Gang Lario Kramer. Darauf lässt er einen Gestellten gegen Jonas Burch sowie Siege gegen Silvan Zbinden, Ueli Rohrer, Janis Wieland und Josef Lustenberger folgen. Das reicht am Ende für Platz 3 und damit Eichenlaub. 

Die komplette Sammlung

Erstmals seit 2019 kann Lario Kramer (26) auf dem Brünig ins Sägemehl steigen. Das grosse Ziel des Fribourgers: den 57. Kranz seiner Karriere gewinnen. Denn damit würde er seine Sammlung komplettieren und hätte fortan von jedem Berg- und Teilverbandsfest mindestens einmal Eichenlaub zu Hause. Mit der Niederlage im 3. Gang gegen Lukas Bissig erleidet das Vorhaben einen kleinen Rückschlag, am Ende aber klappts. Nicht nur vom Brünig hat Kramer nun einen Kranz daheim, sondern auch vom Nordwestschweizer, Nordostschweizer, Innerschweizer, Bernisch-Kantonalen, Rigi und Weissenstein. Hinzu kommen zwei vom Stoos, je drei von der Schwägalp und dem Schwarzsee sowie sieben vom Südwestschweizer. Ausserdem ist Kramer zweifacher Eidgenosse (2019 und 2022).

Die Überraschungen

Trifft ein Eidgenosse auf einen Nicht-Eidgenossen, ist die Favoritenrolle klar verteilt. Setzt sich der Eidgenosse nicht durch, ist es in den meisten Fällen eine Überraschung. So eine erlebt etwa Joel Wicki. Der König kommt im 2. Gang gegen Jan Wittwer (26) nicht über einen Gestellten hinaus. Gleich zweimal eine überraschende Niederlage gibts für Christian Schuler (36). Der Routinier unterliegt vor dem Mittagessen Adrian Klossner (31) und danach Kevin Steudler (22). Und Klossner ist nach der Mittagspause erneut für eine Überraschung zuständig, er bodigt auch Noe van Messel (22).

Gutgelaunte Zaungäste

2023 gewann Samuel Giger als erster Nordostschweizer seit 17 Jahren auf dem Brünig. Zur Titelverteidigung kann er nicht antreten, da in diesem Jahr die Südwestschweizer als Gäste eingeladen wurden. Den Brünigschwinget lässt sich Giger dennoch nicht entgehen. Trotz Regens sitzt er zu Beginn des Festes gutgelaunt auf der Tribüne – gemeinsam mit seiner Frau Michelle und deren Bruder Kilian von Weissenfluh. «Die Gefühlslage ist anders, man ist nicht gleich kribbelig und nicht so nervös», sagt Giger gegenüber SRF zu seiner ungewohnte Rolle. Gleichzeitig freut er sich, dass er für einmal auf der Tribüne sitzend zuschauen kann. Von Weissenfluh hätte als Berner antreten dürfen, ein Bandscheibenvorfall verhindert das. Wann er wieder ins Sägemehl zurückkehren wird, ist offen, wie von Weissenfluh gegenüber SRF sagt. «Ich probiere einiges aus, damit ich nicht operieren muss.». Denn das sei für ihn der letzte Ausweg.

Neben den beiden Schwingern sind weitere bekannte Persönlichkeiten unter den Zuschauern. Etwa Ex-SVP-Präsident Toni Brunner oder Ski-Superstar Marco Odermatt.

Die Bedingungen

Kaum schreiten die ersten Schwinger zur Tat, öffnet Petrus seine Schleusen. Heftiger Regen setzt ein, die Zuschauer ziehen sich hastig ihre Pelerinen über. Als der Regen nachlässt, zieht dichter Nebel auf. Wer die prächtige Aussicht geniessen möchte, wird enttäuscht. Er sieht nur eine weisse Wand. Teilweise wird auch der Blick auf den Schwingplatz etwas getrübt. Am Nachmittag verzieht sich der Nebel dann, es hellt auf und bleibt trocken. Die Sonne zeigt sich allerdings nicht. 

So gehts weiter

Die Schwing-Fans müssen keine Woche aufs nächste Fest warten. Bereits am Donnerstag steigt das Oberaargauische in Burgdorf. Und zwei Tage später geht an gleicher Stätte das Emmentalische über die Bühne.

Der Fest-Ticker zum Nachlesen

28.07.2024, 17:34 Uhr

Reichmuth triumphiert

Pirmin Reichmuth weiss, dass er auch mit einem Gestellten gegen Joel Wicki Festsieger wird. Entsprechend muss er nicht das letzte Risiko eingehen. Angriffe gibts von ihm in den ersten Minuten nicht. Aber auch Wicki wagt sich nicht in die Offensive, will offenbar um jeden Preis einen folgenschweren Fehler vermeiden. 

Erst nach fast Hälfte der Gangdauer probiert es Wicki am Sägemehlrand aussen. Dafür gibts bereits Szenenapplaus. Kurz darauf versuchts Reichmuth ein erstes Mal und wird beinahe ausgekontert. Danach neutralisieren sich die beiden weitestgehend und die Minuten verrinnen.

Gut zwei Minuten vor Schluss kommt der erste gefährliche Angriff von Wicki. Mit innerem Haken bringt er Reichmuth zu Fall, der dreht sich allerdings rechtzeitig aus und entwischt. Es bleibt das einzige Highlight. Der Schlussgang endet gestellt.

28.07.2024, 17:05 Uhr

Gestellter zwischen Aeschbacher und Kramer

6. Gang – Lario Kramer und Matthias Aeschbacher starten fulminant in ihr Duell. Doch dann flacht es ab und bringt keine Entscheidung mehr. Die beiden stellen. Und so können sie nicht mehr Festsieger werden. Heisst auch: Pirmin Reichmuth weiss, auch ein Gestellter reicht ihm, um erneut den Brünigschwinget zu gewinnen.

28.07.2024, 16:38 Uhr

Wenger verpasst Kranz

6. Gang – König Kilian Wenger hat schon zwölf Brünig-Kränze zu Hause. Nummer 13 kommt in diesem Jahr nicht dazu. Er unterliegt Steven Moser und muss den Brünig ohne Eichenlaub verlassen. Andererseits jubelt Moser, der nun erstmals in diesem Jahr einen Eidgenossen bodigen konnte. Ob ihm das für einen Kranz reicht, wird sich zeigen.

Endet der Schlussgang gestellt, haben Lario Kramer und Matthias Aeschbacher noch die Chance, Co-Festsieger mit Reichmuth zu werden. Dies ist dann der Fall, wenn der Zuger für den Gestellten nicht Note 9,00 bekommt. Und setzt voraus, dass Kramer oder Aeschbacher platt gewinnen. Die beiden werden im 6. Gang aufeinander losgelassen. Wenn Wicki oder Reichmuth den Schlussgang gewinnen, haben wir einen Festsieger.

28.07.2024, 15:22 Uhr

Schlussgang steht fest

5. Gang – Lario Kramer zeigt trotz einer Niederlage bisher ein starkes Fest. Das unterstreicht auch sein fünfter Auftritt. Nach nicht einmal einer Minute legt er Michael Moser platt aufs Kreuz.

Michael Gwerder und Leandro Nägeli gehen hingegen über die volle Distanz. Sie gehen ohne Sieger auseinander. Nach gut einer Minute hat Bernhard Kämpf Janis Wieland am Boden. Dort muss er noch ein paar Sekunden nachdrücken, ehe sein Sieg feststeht.

Wicki (oben) mit dem Plattwurf gegen Klossner.
Foto: Screenshot SRF

Joel Wicki bekommts mit Adrian Klossner zu tun. Beide haben je einen Gestellten und drei Siege auf dem Konto. Gewinnt einer von beiden platt, steht derjenige im Schlussgang. Mit einem inneren Haken greift Wicki nach rund einer Minute an und holt sich die Zehn. Damit steht der König im Schlussgang. Und trifft dort auf Pirmin Reichmuth. Der feiert gegen Philipp Roth einen Blitzsieg. Damit kommts zur Neuauflage des Brünig-Schlussgangs von 2019. Damals endete das Duell gestellt, was Reichmuth für den Festsieg reichte.


28.07.2024, 15:04 Uhr

Aeschbacher siegt mit Nachdrücken

5. Gang – Kilian Wenger zeigt, dass er es trotz Rückenproblemen immer noch drauf hat. Gegen Damian Egli setzt er sich mit einem Plattwurf durch. Gleiches gilt für Florian Gnägi. Er bodigt Roland Bucher.

Thomas Sempach bleibt im Rennen um einen Kranz. Er holt sich gegen Christian Zemp ebenfalls die Maximalnote. Nicht ganz für diese reicht es Matthias Aeschbacher. Er muss gegen Mike Müllestein am Boden noch einmal nachdrücken, ehe sein Sieg Tatsache ist.

Aeschbacher (oben) setzt sich gegen Müllestein durch.
Foto: Screenshot SRF
28.07.2024, 14:20 Uhr

Reichmuth als einziger weiter makellos

4. Gang – Das Duell Kilian Wenger gegen Stefan Ettlin ist arm an Highlights. Und so ist die logische Konsequenz, dass es gestellt endet. Auch zwischen Mickaël Matthey und Alex Schuler gibts keinen Sieger.

Dafür setzt sich Lario Kramier mit einem Plattwurf gegen Damian Stöckli durch. Und Joel Wicki kommt zu einem weiteren Blitzsieg. Er macht mit Romain Collaud kurzen Prozess.

Aeschbacher (oben) legt Bissig platt aufs Kreuz.
Foto: Screenshot SRF

Beinahe die nächste schnelle Niederlage kassiert Matthias Aeschbacher. In extremis kann er sie gegen Lukas Bissig verhindern. Aber Bissig ist heiss, er sucht auch danach immer wieder die Entscheidung. Und landet am Ende doch selber auf dem Rücken. Und das mit einem Plattwurf.

Nachdem Bissig die erste Niederlage hinnehmen muss, hat Pirmin Reichmuth die Chance, sich abzusetzen. Und der Zuger löst die Aufgabe Thomas Sempach mit Bravour. Er holt sich die Maximalnote und liegt nun 0,75 Punkte und mehr vor der Konkurrenz.

28.07.2024, 13:58 Uhr

Spitzenpaarungen 4. Gang

Stefan Ettlin – Kilian Wenger
Mickaël Matthey – Alex Schuler
Lario Kramer – Damian Stöckli
Romain Collaud – Joel Wicki
Matthias Aeschbacher – Lukas Bissig
Pirmin Reichmuth – Thomas Sempach

28.07.2024, 13:54 Uhr

Nicht-Eidgenosse mit nächster Überraschung

4. Gang – Noe van Messel startet gegen Adrian Klossner in den Nachmittag. Und der Zuger dürfte gewarnt sein, hat Klossner doch am Morgen mit Christian Schuler einen Eidgenossen gebodigt. Und tatsächlich müht sich der Zuger gegen ihn ab.

Als nur noch wenige Sekunden auf der Uhr sind und die meisten schon mit einem Gestellten rechnen, passierts. Klossner lanciert den entscheidenden Angriff und bodigt auch van Messel. Damit gelingt ihm eine weitere Überraschung, da van Messel doch ziemlich stark ins Fest gestartet ist.

Klossner (oben) setzt sich gegen van Messel durch.
Foto: Screenshot SRF
28.07.2024, 13:38 Uhr

Nächste Niederlage für Schuler

4. Gang – Missglückter Start in den Nachmittag von Christian Schuler. Gegen Kevin Steudler – ein 22-jähriger Gauverbandskranzer – kassiert er die zweite Niederlage in Serie. Eidgenosse Michael Gwerder müht sich gegen Fabian Stucki vergeblich ab. Er findet das Rezept einfach nicht, die beiden stellen. Und bekommen für die Attraktivität ihres Duells jeweils Note 9,00. Ebenfalls keinen Sieger gibts zwischen Samuel Schwyzer und Lars Zaugg. Hier differenzieren die Kampfrichter und bewerten Zaugg einen Viertel höher.

Und wieder wird ein Eidgenosse von einem Nicht-Eidgenossen auf den Rücken gelegt. Etienne Burger setzt sich gegen Jonas Burch durch. 

Burger (r.) bezwingt Burch.
Foto: Screenshot SRF
28.07.2024, 11:49 Uhr

So stehts zur Halbzeit

Nur zwei Schwinger haben am Morgen alle drei Gänge gewonnen: der Zuger Pirmin Reichmuth (29,50) und der Urner Lukas Bissig (29,25). Die beiden sorgen für eine Innerschweizer Doppelführung. Auf Platz 3 liegt mit Damian Stöckli ein weiterer Innerschweizer, er hat wie der Südwestschweizer Romain Collaud 29,00 Punkte auf dem Konto.

In Lauerstellung ist Joel Wicki. Der König kommt auf 28,75 Punkte und ist damit auf Rang 4 klassiert. Dort liegt mit Adrian Klossner auch der beste Berner. Einen Viertel dahinter liegen unter anderem Noe van Messel und Matthias Aeschbacher.

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