Der Publikumsliebling
Domenic Schneider (30) bildet das Gegenstück zu den Modellathleten Samuel Giger und Fabian Staudenmann. Mit seinem Bäuchlein wirkt der 145-Kilo-Thurgauer auf den ersten Blick nicht wie ein Sportler. Umso faszinierender sind seine Auftritte im Sägemehl. Oft jagt ein Angriff den nächsten. Gerät der siebenfache Kranzfestsieger in Bedrängnis, rettet ihn seine Rumpfkraft. Hier gehört er zu den Stärksten. Auch die Beweglichkeit von Schneider überrascht viele. Der Thurgauer zeigte bereits mehrfach den Spagat. Gemeinsam mit seiner lockeren Art und dem verschmitzten Lausbubenlächeln entwickelte er sich am Eidgenössischen Schwingfest in Pratteln 2022 zum Publikumsliebling.
«Als ich sogar vor der Nordwestschweizer Tribüne eine Welle machen durfte, wusste ich, dass das etwas Einzigartiges ist.» Seit diesem Auftritt fliegen dem zweifachen Familienvater die Herzen zu. Auch die Medien interessieren sich stärker für den Mann, der bei den Traditionalisten viele Sympathien geniesst. Schneider verkörpere noch den «echten» Schwinger. Neben dem Sport führt er seinen eigenen Bauernhof mit fast vierzig Hektar. Morgens um fünf Uhr steht er im Stall. Während der Schwingfeste schaut sein Vater auf den Betrieb im thurgauischen Weiler Friltschen.
Der viel Kritisierte
Fabian Kindlimann (33) gehört zur Kategorie der Edelhelfer. Der Zürcher verliert kaum einen Gang, stoppt immer wieder mögliche Siegesanwärter zugunsten der Nordostschweizer. Sein Schwingstil bringt ihm aber auch immer wieder Kritik ein. Manch ein Zuschauer schüttelt bei seinen Gängen den Kopf, beklagt sich über seine Passivität. Knapp die Hälfte der 68 Kämpfe hat Kindlimann in diesem Jahr gestellt. «Teilweise kam zu wenig von mir», zeigt sich der Eidgenosse selbstkritisch. Auch deshalb wandte er sich nach dem Zürcher Kantonalen an eine Mentaltrainerin.«Seither suche ich die Fehler bei mir. Früher habe ich mich zu sehr über meine Gegner geärgert.» Zuletzt klassierte er sich am Schaffhauser Kantonalen auf dem starken zweiten Rang.
Der König
Joel Wicki polarisiert auf dem Schwingplatz. Die einen feiern ihn für seine spektakuläre Schwingweise, die anderen bezeichnen ihn als «schlechten Verlierer». Immer wieder gab es Arroganz-Vorwürfe. Zum Beispiel, als er 2018 nach seinem Sieg auf der Rigi erklärte, Schlussgang-Gegner Armon Orlik und er seien in eigenen Sphären unterwegs. Was als Kompliment für Orlik gemeint war, wurde ihm ganz anders ausgelegt: Wicki sei arrogant und überheblich, hiess es mancherorts.
In diesem Jahr sorgte sein Verhalten auf dem Brünig für Diskussionen. Nach dem gestellten Schlussgang gegen Pirmin Reichmuth setzte er sich frustriert neben den Sägemehlring. Auch da kamen Stimmen auf, die ihm schlechtes Verhalten vorwarfen. Was viele vergessen: Seinem besonderen Ehrgeiz ist es zu verdanken, dass er mit einer Körpergrösse von 1,83 Meter derart viele Erfolge feiern konnte.
Der Strohhut
Auf dem Schwingplatz fällt Philipp Roth (29) sofort auf. Der Berner Eidgenosse spaziert mit einem Strohhut durch die Arena. Damit strahlt der Projektleiter im Bereich Maschinenbau ein wenig Ferien-Stimmung aus. Hinter seinem Markenzeichen steckt seine Vergesslichkeit. «Vor einigen Jahren hatte ich am Oberländischen Schwingfest keine Mütze dabei. In einem Geschäft habe ich mir dann diesen Strohhut gekauft. Seither ist er immer mit dabei.»
Der Frauenschwarm
Keinem Schwinger jubeln so viele weibliche Fans zu wie Samuel Giger (26). Die Muskelberge des Thurgauer Modellathleten ziehen an jedem Schwingfest unzählige Blicke auf sich. Traurig stimmt viele, dass Giger seit Jahren glücklich vergeben ist. Im Frühling hat er seine Freundin Michelle von Weissenfluh geheiratet. Die beiden sind sich erstmals auf dem Brünig 2017 begegnet. Damals war Michelle von Weissenfluh beim traditionellen Bergkranzfest als Ehrendame im Einsatz und Samuel Giger stieg in die Zwilchhosen. Gefunkt hat es ein Jahr später auf der Schwägalp. Im Oktober feiern die beiden ihre Hochzeit mit einem grossen Fest.
Die Wundertüte
Der Urschrei von Patrick Räbmatter ist legendär. Sobald der ehemalige Fussball-Goalie den Kranz auf sicher hat, ruft er: «Jabadabadu!» Manchmal ertönt dieser bereits nach dem fünften Gang. Teilweise aber auch gar nicht. Für Guido Thürig, den Technischen Leiter der Nordwestschweizer, ist Räbmatter «eine Wundertüte». In dieser Saison stand der 150-Kilo-Mann auf dem Weissenstein im Schlussgang. Zuletzt verpasste er am Basellandschaftlichen den Kranzgewinn. «Diese Aufs und Abs gehören zu mir. Ich weiss es nicht, warum es manchmal so gut läuft und manchmal nicht.» Vielleicht geht am Jubiläumsfest wieder einmal alles auf?