In diesen Tagen hören wir sie wieder häufiger, die Stimmen derer, die behaupten, jetzt könne man nicht mal mehr Schwingern vertrauen. Das ist Unsinn. Natürlich kann man für niemanden die Hand ins Feuer legen.
Aber bleiben wir bei den Fakten: In 17 Jahren gab es fünf Dopingfälle. Ist bei Martin Grab auch die B-Probe positiv, sind es sechs. Das ist nicht nichts – aber das ist relativ wenig.
Gerüchte gab es immer mal wieder. Geredet wurde schon immer viel. Das ist ja auch kein Schwinger-Phänomen, die Menschen sind wohl einfach so. Man hört etwas und tratscht es weiter, statt es zu hinterfragen.
Aber ich weiss von vielen Schwingern, dass sie extrem darauf achten, dass sie nichts Falsches nehmen. Das geht so weit, dass sie vorsichtig sind, wenn ihnen einer im Ausgang ein Getränk ausgeben will. Woher soll man auch wissen, ob da jetzt etwas drin ist, das verboten ist?
Gut ist, dass mittlerweile professionell getestet wird, dass man sich dem offiziellen Programm von Swiss Olympic angeschlossen hat. Das schafft Sicherheit. Und es zeigt denen, die mit dem Gedanken spielen, zu unsauberen Mitteln zu greifen, dass es Konsequenzen hat.
Mittlerweile kann man via App innert Sekunden überprüfen, welche Inhaltsstoffe ein Mittel hat. Ein Fortschritt: Wir hatten damals Listen mit verbotenen Substanzen – und waren uns nie ganz sicher, ob sie wirklich auf dem neuesten Stand waren.
Ich kann mich an meine erste und einzige Dopingkontrolle erinnern. Das war 1999, in meinem letzten Karrierejahr. Wir hatten gerade Besuch, als der Kontrolleur an der Tür klingelte. Da hilft ja dann alles nichts: Der bleibt, bis die Probe abgegeben ist – auch wenn du gerade erst auf dem WC warst.
Ich kann Ihnen sagen: Die Wochen danach sind nicht angenehm. Ich hatte ein absolut reines Gewissen. Aber auch wenn du weisst, dass da eigentlich nichts Verbotenes in deiner Probe auftauchen kann, bist du trotzdem extrem nervös, bis das Ergebnis endlich da ist.
Verglichen mit dem, was Martin Grab im Moment erlebt, ist das aber alles nichts. Ich kann mir vorstellen, wie er darauf hofft, dass die B-Probe negativ ist. Sollte sie es nicht sein, hoffe ich, dass er uns eine Erklärung liefern kann, die nachvollziehbar ist.
Dass er das Risiko, als Doper erwischt zu werden, für zwei starke Feste am Ende seiner Karriere auf sich genommen haben soll – das kann ich mir immer noch nicht vorstellen.