Lorenzo Gonzalez (15): Giganten jagen das U16-Juwel
Lorenzo Gonzalez ist das grösste Schweizer Stürmertalent seiner Generation. Für einmal stimmt die abgedroschene Phrase: Halb Europa ist hinter dem Genfer her!
Er wird auf internationalem Level mit ManCity-Star Sergio Agüero verglichen, auf nationaler Ebene mit Xherdan Shaqiri. Juve, die Roma und Milan jagen ihn, zuletzt ist auch Borussia Dortmund auf den Jägerzug aufgesprungen. Doch vor allem sind es die ganz Grossen, die am kleinen Gonzalez einen Narren gefressen haben: Manchester United und Real Madrid.
Bei beiden Klubs war der Kraftwürfel, der mit 15 Jahren bereits Oberschenkel wie Shaqiri hat und kräftemässig den Gleichaltrigen trotz seiner Minimasse weit überlegen ist, bereits im Probetraining. Bei ManU geschah das noch in Absprache mit seinem aktuellen Klub Servette. Mittlerweil passiert gar nichts mehr in Absprache.
Denn die Genfer haben das Supertalent intern gesperrt. Der Grund: Vater Gonzalez und Lorenzos Berater weigern sich standhaft, mit den Genfern an einen Tisch zu sitzen und zumindest über einen Lehrlings-Vertrag zu diskutieren. «Es kann nicht sein, das wir einem Spieler die Infrastruktur zur Verfügung stellen, wenn der sich nicht zu uns bekennt und unterschreibt», sagt Sportchef Alain Studer in der «Tribune de Genève». Als Folge des Falls Gonzalez hat Servette beschlossen, fortan keine Spieler ohne Vertrag mehr in den U-Mannschaften einzusetzen.
Für den Schweizer U16-Internationalen sind die Türen der Servette-Garderoben seither verschlossen. Das Tischtuch ist zerrissen, obwohl sich Gonzalez Junior zu den Grenats bekennt. Doch sein spanischer Vater – ein grosser Real-Fan – hat andere Pläne mit seinem begnadeten Filius. Will heissen: Servette wird wohl bloss die Ausbildungsentschädigung von rund einer Viertelmillion Franken kriegen. Die Gonzalez-Story ist wahrlich kein Weihnachtsmärchen.
Melanie Meillard (17): Fräulein Mélanies Gespür für Schnee
Spätestens am 19. Februar dieses Jahres waren sich Insider sicher: «Da wächst eine heran, die Grosses erreichen kann.» An diesem Tag verblüffte Mélanie Meillard als 16-Jährige in ihrem erst zweiten Europacup-Einsatz mit Platz 8 im Slalom von Bad Wiessee (De). Drei Wochen später gabs an der Junioren-WM in Norwegen Rang 6 im Super-G. Alle vor ihr Klassierten waren mehr als drei Jahre älter.
Da die Walliserin aus Hérémence ihren positiven Weg fortsetzen konnte, kam sie vor zweieinhalb Wochen im Slalom in Are (Sd) zum Weltcup-Debüt. Da gab es zwar keine Punkte, sie zeigte aber super Ansätze. Dies, obwohl sie ausgerechnet bei diesem Rennen erstmals in einem Wettkampf Rückenprobleme spürte.
Mélanies Swiss-Ski-Trainer Denis Wicki schwärmt: «Es ist Wahnsinn, was für ein Gespür sie für den Schnee hat. Sie hat eine derart gute Intuition, dass sie sich schnell an die verschiedensten Bedingungen anpassen kann. Deshalb hat sie das Zeug zur Allrounderin. Mental ist sie ebenfalls sehr stark.» Man merke, dass sie früher oft frei Ski gefahren sei, ohne Stangen. Und dass die Ski-Ausbildung vielschichtig gewesen sei.
Als ideales Vorbild dient Bruder Loïc (19), der es ebenfalls schon in den Weltcup geschafft hat und dem auch eine grosse Zukunft prophezeit wird. In der Europacup-Trainings-Gruppe pusht sich Mélanie in den Duellen mit Aline Danioth zu Höchstleistungen. Um ein berufliches Standbein zu haben, absolviert Meillard in einem Sportgeschäft in Sion eine Detailhandels-Lehre.
Nico Hischier (16): Der nächste NHL-Star?
Er trägt noch einen Gitter-Helm, braucht einen Chauffeur, um nach den Spielen nach Hause zu kommen. Trotzdem spielt der erst 16-jährige Nico Hischier bereits mit gestandenen Profis. Der Walliser Stürmer gilt als Jahrzehnt-Talent. Wo er auch war, überall ragte er heraus. Für den SCB brachte er es bereits auf 12 Einsätze, erzielte gar ein Tor. «Er ist clever, lernwillig und sehr angenehm», so Trainer Lars Leuenberger.
Zum Hockey kam Hischier durch seinen vier Jahre älteren Bruder Luca. Beide begannen in Visp VS. Beide spielen nun in Bern. Und beide leben bei ihrer Tante in Köniz. Nico, der beim SCB noch keine Interviews geben darf, sagte im April an der U18-WM: «Luca war mein Vorbild. Ich wollte stets tun, was er tat.» Auch daheim in Naters VS. Stundenlang feilte Nico mit Luca in der Tiefgarage an seiner Stocktechnik.
Der Sport wurde Nico in die Wiege gelegt. Mutter Katja war Schwimmerin. Vater Rinaldo kickte beim FC Naters. Auch Nico spielte, bis er 12 war, nebenbei Fussball. Jetzt aber heisst sein Ziel NHL. Für den Draft 2017 steht er hoch im Kurs. Ende Saison könnte der Stürmer in die kanadische Juniorenliga wechseln. «Ich hoffe nicht, dass er geht», sagt Leuenberger jetzt schon.
Kevin Jörg (20): «Die Tests in Abu Dhabi zahlte die Oma»
Er ist sehr schnell, intelligent (Matura), machte die RS und hat noch das richtige Umfeld: Kevin Jörg (20) aus Weesen SG. Er darf momentan als einziges Schweizer Rennfahrer-Talent von der Formel 1 träumen. Aber es ist ein langer Weg, wenn dich nicht Millionen von Franken begleiten.
Im Dezember hat Kevin in Abu Dhabi (GP3) und in Barcelona (Formel 3,5 Liter) mit jeweils sensationellen zweiten Plätzen bei den Testfahrten heftig an die nächste Türe seiner Karriere angeklopft. Kein Wunder, dass jetzt verschiedene Angebote unter dem Weihnachtsbaum lagen. Kevin zu BLICK: «Es sieht nach der GP3-Serie aus, weil diese im Rahmen der Formel 1 stattfindet. Die andern Autos wären zwar schneller.»
Die richtige Entscheidung ist in dieser Phase wichtig, wenn ein junger Mann vom Walensee auszieht, um die Welt zu erobern. Ein grosser Mentor von Kevin ist die Schjweizer Rennfahrer-Legende Fredy Lienhard (68), der mit Lista für viele F-1-Teams schon die Betriebe eingerichtet hat.
Auch wer von den Spitzenteams der Nachwuchs-Serie als Mann der Zukunft gejagt wird, muss einige Hunderttausend Franken auf den Tisch legen. Kevin: «Sonst ist es noch viel teurer!» Und der Familien-Clan mit seinem Vater Paul (48), Garagenbesitzer, hält zusammen. Kevin: «Meine Oma hat sogar die Tests in Abu Dhabi bezahlt!»
Marko Osmakcic (17): Er übte mit gefrorenen Bällen
Der 17-jährige Marko Osmakcic ist ein Schweizer Tennistalent. Neu trainiert er nicht mehr in Eigenregie, sondern unter den Fittichen von Swiss Tennis.
Besonders Service und Vorhand seien verbesserungswürdig, urteilt der Nachwuchs-Cheftrainer des Verbands, Yves Allegro. Das ist nur logisch. Denn Osmakcic wuchs daheim in Rafz mit einem Vater auf, der – selbst Ingenieur und kein Sportler – seine Söhne in den ersten Jahren mit eigenwilligen Methoden erzog. «Viele Bälle schlagen und nicht in erster Linie auf Technik achten», lautete das Motto von Franjo Osmakcic für seine Söhne Marko und den zwei Jahre älteren Mario, die mangels finanzieller Möglichkeiten im Winter draussen mit gefrorenen Bällen trainiert haben.
Zunächst hatte der gebürtige Kroate sogar Erfolg: Marko war der weltbeste U14-Junior und wurde als 14-Jähriger U18-Schweizer-Meister. Wegen seiner guten Leistungen nahm ihn Davis-Cup-Captain Severin Lüthi Anfang Jahr mit zur Partie gegen Belgien. «Eine grosse Ehre», so der damals 16-Jährige. «Ich konnte viel lernen. Vorallem, dass ich noch konsequenter und professioneller arbeiten muss.»
So hat der Vater seine Söhne freigegeben. Während sein Bruder sich vom Spitzensport verabschiedet hat, setzt Marko – derzeit die Nummer 27 im nationalen Ranking – neu in Biel voll auf die Karte Tennis. «Ich will die Chance im Leistungscenter packen», sagt er, «bei Swiss Tennis habe ich eine super Infrastruktur und kann mich täglich mit anderen Spitzenspielern messen.»
Im Sommer bestritt Osmakcic die Junioren-Grand-Slams in Paris, Wimbledon und New York. Nach einer Pause wegen einer Nasen-OP sucht er nun wieder den Anschluss.
Dominic Schmitter (21): Schuften in Muckibude und Schulbank
Er ist erst 21 Jahre alt. Doch Dominic Schmitter hat sich seinen grossen Traum bereits erfüllt. 2016 wird er der erste Schweizer Töff-Pilot sein, der in der Superbike-WM fährt. «Ich habe es immer noch nicht realisiert», sagt der St. Galler. «Fahrer wie Troy Bayliss waren immer meine Helden.»
Um irgendwann selbst an der Spitze der Superbike anzukommen, schuftet Schmitter hart. Denn noch ist er etwaszu schmächtig für seine 1000-ccm-Kawasaki mit rund 200 PS. «Ich bin überrascht, wie viel Kraft es braucht. Ich muss Muskeln aufbauen.»
Der Aufstieg des Töff-Talents ist rasant. Er fuhrletztes Jahr seine erste Supersport-WM und belegte den 15. Schlussrang. Der Unterschied von Superbike und Supersport zur GP-Szene mit MotoGP und Moto2 ist simpel: Gefahren wird nicht mit Prototypen, sondern mit seriennahen Motorrädern. Und das Interesse von Fans und Medien ist kleiner.
Doch Schmitter will sich unbedingt in der höchsten Klasse für Serien-Töffs durchsetzen. Damit das im italienischen Team Grillini klappt, schuftet er nicht nur im Kraftraum, sondern auch in der Schulbank. «Ich lerne bei einem Privatlehrer Italienisch. Das Team soll sehen, dass ich unbedingt will», sagt Schmitter. «Mal schauen, wie das rauskommt.»