Früher war alles besser. Blödsinn.
Früher brachten die Menschen Bären mit heissen Eisenplatten und Nasenringen dazu zu tanzen. Und das Publikum fand die Tanzbären lustig. Früher lebten die Hühner auf einem Drahtgitter mit 30 cm Durchmesser. Sie konnten sich kaum um die eigene Achse drehen, wurden dabei wahnsinnig und pickten sich selber zu Tode. Batteriehaltung nannte man das. Lange vor Elon Musk.
Früher haben wir gemeint, die Delfine springen aus Freude aus dem Wasser und durch einen Ring. Aber die Tiere wollten in ihrer kleinen Badewanne einfach nicht verhungern. Wir haben auch gemeint, der Wellensittich in der Stube der Tante habe sein Lebensglück gefunden. Genau wie der Papagei, dem man die Flügel gestutzt hat und der dann 50 Jahre auf einem Stängelchen gesessen ist. Und die Hundebesitzer, die ihren Fifi am Morgen an der Leine zehn Minuten ums Haus gezerrt haben, waren der Meinung, ihr Tier wedle aus purer Lebensfreude mit dem Schwanz, wenn sie am späten Abend die Haustüre wieder geöffnet haben.
Ist denn heute alles besser? Blödsinn.
In Sachen Tierschutz gibt es immer noch Ungeheuerliches. Auch im Sport und auch in unserem Land. Die Verurteilung von Springreiter Paul Estermann, der seine Pferde mit der Peitsche bis zu offenen Wunden traktiert hat, ist nur die Spitze des Eisbergs. Dass das Urteil bald rechtskräftig ist, ist ein gutes Zeichen. Aber es gibt noch viel zu tun.
Beim Grand National, dem berühmtesten und höchstdotierten Hindernisrennen in England, kamen bei der letzten Austragung vier Pferde zu Tode. Der Tod galoppiert bei diesem «traditionellen» Anlass der Schickeria seit 1836 mit.
Unter dem Deckmäntelchen der Tradition und der Kultur sterben allein in Spanien immer noch mehrere Tausende Stiere qualvoll in der Arena. Oder beim Training der Toreros. Selbst Dichter und Philosophen haben sich für das seit 1000 Jahren inszenierte «Spektakel» eingesetzt. Auch wenn es ganz viel Literatur von intelligenten Menschen zu diesem Thema gibt: Am Ende ist die Corrida das, was sie ist: eine reine, kulturell verklärte Tierquälerei.
Die Taten des verurteilten Paul Estermann sind kein Kapitalverbrechen. Gerade im Pferdesport ist die Dunkelziffer in diesem Bereich ganz sicher immer noch hoch. Zumal es um Geld, um viel Geld geht.
Darum sind die Justiz und mit ihr der Schweizerische Pferdesportverband gefordert. Estermann hat eine Vorbildfunktion. Unter dem Scheinwerfer der Öffentlichkeit werden die Massstäbe gesetzt. «Wir wollen bis 2030 der modernste Sportverband werden», sagt der Luzerner Ständerat Damian Müller, der Präsident des Verbandes für Pferdesport ist.
Soll dieses Ziel erreicht werden, dann gibt es in Sachen Tierschutz nur eine Maxime: Nulltoleranz. Beim Sport mit Tieren steht das Tierwohl an erster Stelle. Das muss man klar benennen und konsequent durchsetzen.
Das weiss der Volksmund schon lange. Darum heisst es ja auch «Ross und Reiter». Und nicht «Reiter und Ross».
Herr Estermann.