Das Reitsportzentrum in Elgg ZH ist idyllisch gelegen. Mitten im Dorf, aber trotzdem weitläufig. Wo man an diesem sonnigen Nachmittag den neuen Besitzer der Anlage am besten findet, sollte der junge Mann bestimmt wissen, der auf einer Weide das Gras mäht. Die Überraschung: Es ist Steve Guerdat selbst, der mit zwei Angestellten den Rasentrimmer schwingt.
Ein Springreiter ohne Reithose. Ein seltenes Bild. «Ich habe sie erst vor einer halben Stunde ausgezogen», sagt Guerdat. Bis am späteren Nachmittag hat er seine Pferde geritten. Dann sattelt er ab, oder eben um und widmet sich dem neuen Hof, auf dem es noch viel zu tun gibt. Täglich schuftet der Olympiasieger von London 2012 seit dem Umzug im Februar mit seiner Crew bis spätabends. Und hat Freude daran. Denn mit dem Erwerb einer eigenen Reitanlage hat sich für Guerdat ein Traum erfüllt – traumhaft soll sein neues Zuhause werden.
Der 34-Jährige will sich gerade mit BLICK auf den Rundgang machen, als eine ältere Spaziergängerin mit Hündchen an ihn herantritt und sagt: «Toll, was Sie hier machen. Endlich wird alles schön.» Der Jurassier ist geschmeichelt und stolz.
Verschönerung an allen Ecken
Das Reitsportzentrum gehörte dem bekannten Schweizer Springreiter Paul Weier (82), der es Guerdat verkauft hat. Doch als der Springreiter einzieht, muss er sich die Anlage mit dem hartnäckigen Vormieter teilen, der trotz ausstehender Pachtzinsen und deswegen festgelegter Ausweisung mit seinen über 20 Pferden nicht gehen will (BLICK berichtete).
Das Kapitel ist nun aber seit wenigen Wochen abgeschlossen. Der fehlbare Pächter hat – früher als in den kühnsten Träumen erhofft – eine neue Bleibe gefunden. Nun schaut Guerdat in die Zukunft und arbeitet an der Verschönerung. Denn hinterlassen wurde ihm von jenem Mieter eine grossteils heruntergekommene, schmutzige Liegenschaft.
Der erste Spaziergang führt zu einem Stalltrakt auf der anderen Strassenseite. Handwerker werkeln im Wohnhaus, in dem Zimmer für einige der sechs Angestellten entstehen. Angrenzend im kleinen Stall geht Guerdat täglich vorbei.
Hier verbringt Gold-Wallach Nino des Buissonnets (16) seinen verdienten Ruhestand. «Ihr seid schon seine dritten Besucher heute», erzählt sein Besitzer. Ja, Guerdat hat sein Herzenspferd seinem früheren Förderer Urs E. Schwarzenbach abgekauft, er bleibt bei ihm. Ninos Box hat einen Auslauf und direkten Zugang zur Weide. Mit Pony Chico bekam Nino zudem ein «Gspänli».
Etwas erhöht und zwischen Schatten spendenden Bäumen gelegen ist das Sandviereck,
dessen Zugang zuerst frei geholzt werden musste. Von da schaut man über Weiden, eine Wiese mit Natur-Hindernissen, den Rasen-Springplatz hin zum künftigen Wohnhaus des zweifachen Weltcupsiegers (2015, 2016), das drinnen zunächst auch noch renoviert werden muss.
«Ich bin hier so glücklich wie noch nie»
In den letzten drei Monaten hat Guerdat mit seiner Crew schon viel geschafft. Boxen im Stalltrakt bei der Reithalle vergrössert, die verstaubte Reithalle von unten bis oben geputzt. Mit Adrian Schmutz hat sich der Springreiter einen gelernten Landwirt ins Team geholt, der davor in Herrliberg ZH sein Nachbar war. Er und die Pferdepflegerinnen packen kräftig mit an. Guerdat will hier in Elgg etwas aufbauen – seine Zukunft.
Während dem ganzen Rundgang, bei seinen Erzählungen, die Freude ist förmlich spürbar. «Ich bin hier so glücklich wie noch nie», sagt Guerdat. «Manchmal realisiere ich gar noch nicht, dass das alles mir gehört. Dass dies nun der Stall von Steve Guerdat ist.»
Wie viel ihm dieser neue Lebensabschnitt bedeutet, erkennt man in seiner nächsten Aussage: «Wenns mittwochs jeweils an die Turniere geht, möchte ich am liebsten nicht mehr weg von hier.» Zum ersten Mal in seiner Karriere verpasste er einen Flug ans Turnier in La Baule (Fr), weil er so in seine Arbeit auf dem Hof vertieft gewesen ist.
Auch für die Pferde ein Traum
Natürlich, Reiten sei sein Leben, seine Leidenschaft, «aber hier», sagt Guerdat und dreht sich um seine Achse, «bin ich so richtig angekommen». Dass dies seine Pferde auch sind, ist der Olympia-Vierte von Rio überzeugt. «Ich könnte mir für meine Pferde nichts Schöneres vorstellen. Ich habe das Gefühl, sie geniessen es hier.»
Nebst dem Herrichten seines neuen Domizils hat der Reitsport Priorität für den ehrgeizigen Springreiter. Aber von dieser tiefen Zufriedenheit erhofft er sich einen positiven Einfluss. «Ich kann nur noch besser werden, weil ich mich besser fühle.»
Die wichtigsten Prüfungen:
Freitag, 2. Juni
Nationenpreis, 1. Umgang (SRF info, 14.30)
Nationenpreis, 2. Umgang (SRF info, 16.00)
Samstag, 3. Juni
Grosses Jagdspringen (16.30)
Sonntag, 4. Juni
Grand Prix der Schweiz (SRF info 15.00)
Die wichtigsten Prüfungen:
Freitag, 2. Juni
Nationenpreis, 1. Umgang (SRF info, 14.30)
Nationenpreis, 2. Umgang (SRF info, 16.00)
Samstag, 3. Juni
Grosses Jagdspringen (16.30)
Sonntag, 4. Juni
Grand Prix der Schweiz (SRF info 15.00)