Wanderfreund Marcel Wyss
Muskelkater in den Bergen

In den Wanderschuhen kennt Marcel Wyss keine Stoppuhr. Der Weg ist das Ziel.
Publiziert: 09.06.2015 um 16:30 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:58 Uhr
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Naturkulisse: Als Radprofi hat Marcel Wyss selten Augen für die Natur – ganz anders beim Wandern.
Foto: BLICK
Von Hans-Peter Hildbrand

Erst war es eine Idee, jetzt ist es eine Leidenschaft. Dreimal im Jahr, jeweils im Herbst nach der Saison, zieht es Marcel Wyss (28) mit seiner gleichaltrigen Freundin Nadine auf Wanderschaft. «Wir starten mehr oder weniger immer dort, wo wir aufgehört haben», sagt der Radprofi vom Team IAM. Angefangen hat das Paar vor vier Jahren auf dem Stockhorn bei Thun. «Nach 12 Etappen sind wir jetzt in Mürren.»

Viel Zeit für sein Hobby hat Wyss allerdings nicht. Nahezu die Hälfte des Jahres ist er an Rennen und Trainingslagern unterwegs. «Klar, ich mache auch während der Saison Spaziergänge oder kleine Wanderungen – was aber meine Erholungszeit nicht tangieren darf.»

Und die braucht der Edelhelfer von Mathias Frank vielleicht mehr denn je. Letzten September haben die Ärzte Marcel Wyss neun Stunden lang operiert. Sie haben ihm eine sehr seltene Tumorart ausgeschnitten.  Die ist zwar nicht bösartig, kann aber schnell wachsen und umhüllt Muskeln und Organe.

Bei der Operation haben sie ihm neben dem Tumor auch die untersten drei Rippen und einen Teil seiner Bauchmuskeln entfernt. «Rumpfbeugen kann ich keine mehr machen.» Wyss wirkt gefasst, wenn er davon erzählt. «Ich muss mich beim Gehen sehr konzentrieren. Damit ich aufrecht laufe und nicht zusammengekrümmt wie ein alter Mann.»

Und das wird im nächsten Herbst eine besondere Herausforderung. Der Eiger-Trail ist sein nächstes Unterfangen. «Der soll ja zwei Stunden Nervenkitzel auf höchstem Niveau geben, erzählt man sich», sagt Wyss. Es ist eigentlich nicht das, was er sucht.

Für ihn gibt es bei diesen Wanderungen kein Ziel. Er kann den Kopf lüften. Fühlt keinen Stress. Kann absitzen, staunen, essen und trinken – was er will.

Er gibt zu, dass er als Radprofi auch bei Wanderungen an seine Grenzen kommt. «Ich bin oft total ‹uf de Schnurre›, habe richtigen Muskelkater. Denn ich strapaziere Muskeln, die ich beim Velofahren nicht brauche.»

So eine Wanderung sei oft härter als das härteste Training. Wie lange er das noch machen will? «Solange ich Freude habe. Vielleicht laufe ich bis zur österreichischen Grenze, dann zurück zur französischen – bis ich alt und grau bin», sagt er und lacht.

Und beim Wandern vergisst Wyss sogar den Leitsatz aller Profis: Wenn du nicht liegen kannst,  sitze – aber stehe nie herum.

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