Die zurückgetretene Bike-Legende Julien Absalon bekommt noch etwas Schonfrist. Der Franzose bleibt auch nach dem Weltcup-Rennen in Lenzerheide alleiniger Rekordsieger im Weltcup mit 33 Erfolgen. Hilfreich ist Absalon der holländische Überflieger Mathieu van der Poel, der Nino Schurter vor der Traumkulisse im Heimrennen dessen 33. Sieg vermasselt.
Nur Van der Poel kann mit dem siebenfachen Weltmeister Schurter mithalten, schon in der dritten von sechs Runden sind die beiden alleine an der Spitze unterwegs. Den entscheidenden Dolchstoss setzt der Holländer in der 5. Runde im Aufstieg, wo er ein horrendes Tempo anschlägt. Schurter kann ihm nicht mehr folgen. Meter um Meter verliert Schurter Zeit und fährt am Ende mit 25 Sekunden Rückstand auf Van der Poel ins Ziel.
Eine starke Leistung legt auch Mathias Flückiger hin. Der 30-jährige Berner zeigt eine taktische reife Leistung und wird Dritter (+1:13). Im sechsten Weltcup-Rennen in dieser Saison landet Flückiger zum fünften Mal auf dem Podest. Eine beeindruckende Konstanz.
Schurter nach dem Rennen: «Ich freue mich trotzdem über den 2. Platz. Van der Poel ist in einer enorm guten Verfassung. Er schlug mich dort, wo ich dachte, wäre meine Stärke. Also im langen Aufstieg. Ich konnte ihn nie richtig unter Druck setzen. Es wär sicher schön gewesen, hier zu gewinnen, vor so vielen Fans.»
Im Gesamtweltcup bleibt Schurter vor dem letzten Wettkampf im September in Snowshoe (USA) vorne. Der 7. Gesamtsieg – ein Rekord – dürfte ihm nicht mehr zu nehmen sein. Denn Van der Poel verzichtet auf die Teilnahme, weil er sich auf die Strassen-WM konzentrieren möchte. Deshalb fehlt er auch an der MTB-WM in Mont-Sainte-Anne (Kanada) Ende August.
Rissveds emotional – Neff im Pech, Frei stark
Emotionale Szenen zuvor beim Frauen-Rennen in Lenzerheide. Die Schwedin Jenny Rissveds (25) glänzt als Siegerin und zeigt sich beim Interview gerührt. Mit Tränen sagt sie: «Noch vor zwei Jahren wollte ich nicht mehr leben. Jetzt hat sich ein Kreis geschlossen.»
Was Rissveds damit meint, ist klar: Anfang 2018 trat die Olympiasiegerin wegen Depressionen zurück. Eine Rückkehr aufs Bike liess sie offen. Erst diesen Frühling kehrte sie in Nove Mesto mit einem 33. Rang zurück. Der Kreis schliesst sich für Rissveds mit ihrem zweiten Weltcupsieg, weil sie ihren einzigen ebenfalls im Bündnerland 2016 feierte.
Am Sonntag prägt Rissveds das Rennen von Anfang an und distanziert in der letzten Runde ihre letzte verbliebene Konkurrentin Anne Terpstra (Holland) entscheidend. Zu jenem Zeitpunkt ist die Schweizer Hoffnung Jolanda Neff (26) schon aus den Traktanden gefallen. Die St. Gallerin bekundet in der dritten der fünf Runden Mühe. Sie verliert innert wenigen Metern rund 25-30 Sekunden auf die Spitze und scheint als Vierte ins Ziel zu kommen.
Neff fängt auch noch Platten ein
Doch zur sportlichen Baisse kommt bei Neff auch noch Pech hinzu. In der letzten Runde fängt sie einen Platten ein, muss sich bis zur technischen Zone abmühen und verliert Zeit und Plätze. Welch eine Enttäuschung. Neff erreicht das Ziel als Achte mit fast drei Minuten Rückstand und muss auch noch Gesamt-Weltcup-Konkurrentin Kate Courtney (USA) als Siebte vorbei ziehen lassen. Trotzdem bleibt Neff noch Leaderin.
Ein grandioses Rennen legt Sina Frei (22) auf die Strecke. Die Zürcherin strahlt als beste Schweizerin. Frei verliert 2:03 auf Rissveds und wird hinter Terpsta und Pauline Ferrand Prévot tolle Vierte.
Bei Europameisterin Neff hingegen wills in Lenzerheide einfach nicht klappen. Sie wartet auch nach fünf Rennen (inkl. WM) auf einen Sieg im Heimrennen und auch auf einen Weltcup-Sieg in dieser Saison.