Ein im wahrsten Sinne des Wortes ganz Grosser verabschiedet sich aus dem Peloton. Noch nicht sofort, aber schon bald. Michael Schär (36), der 1,98-Meter-Hüne, beendet nach dieser Saison seine Karriere. «Die Ankunft in Nottwil, wo ich mit meiner Familie lebe, rundet meine 18 Jahre im Profi-Feld ab. Sie ist für mich ganz besonders», so Schär nach der zweiten Etappe.
Man merkt: Der Super-Roller des Teams AG2R ist noch nicht ganz bereit, sich auf sein neues Leben einzulassen. Zu wichtig ist ihm der Radsport noch, zu ernst nimmt er seine Rolle als Mentor der Equipe ein – auch in den letzten Wochen als Profi. Und doch sagt er: «Es ist langsam aber sicher an der Zeit, um Tschüss zu sagen. Vor allem nach der Geburt meiner Kinder habe ich gemerkt, dass es mir immer schwieriger fällt, Risiken einzugehen. Auch das Abschiednehmen, wenn ich wegmusste, wurde immer schwieriger»
«Er malt und bastelt super»
Schärs Ehefrau Vera mit ihren Söhnen Oskar (2) und Max (9 Monate) freuen sich auf mehr gemeinsame Zeit. «Michi war stets mehr als 200 Tage pro Jahr weg. Wir haben uns daran gewöhnt. Dennoch freue ich mich sehr, wenn er künftig länger bei uns ist. Es war nicht immer lustig, alleine an Geburtstage und Hochzeiten zu gehen. Das ist schon bald vorbei.»
Die ausgebildete Kosmetikerin ist selbst sehr sportlich, früher war sie eine ambitionierte Läuferin. «Michi hat mich aber auch mit dem Velo-Virus infiziert», sagt Vera schmunzelnd. Ihr Ehemann sei aber längst nicht nur Radsport-verrückt, sondern auch ein «mega guter» Papi.
«Er kann mit den Buben locker einen halben Tag in der Werkstatt verbringen. Michi ist auch sehr kreativ, er malt und bastelt super.» Auf die Frage, ob er für Oskar und Max auch mal den Clown spiele, kommt wie aus der Pistole geschossen: «Ja! Dabei kann es auch schon mal so wild werden, dass ich kaum noch zuschauen kann.»
Schär half anderen, damit sie brillieren
Zwei Rennen gewann Schär in seiner fast zwei Jahrzehnte langen Karriere. An dieser Bilanz gestört hat er sich nie. «Ich hatte als Jugendlicher schon vor, öfter zu gewinnen und ein Leader zu sein, aber mein Motor war dafür nicht gross genug. Darum habe ich mich darauf spezialisiert, meinen Teamkollegen zu helfen.»
Und wie wird es sich anfühlen, wenn er Ende Saison sein allerletztes Rennen beendet hat? «Ich werde auch in Zukunft weiterhin mit einem Lächeln im Gesicht die Garage mit dem Velo verlassen. Aber vielleicht nicht mehr bei strömendem Regen oder fünf Grad Celsius», meint Schär schmunzelnd.