Es ist eine Ironie des Schicksals. Ausgerechnet der Radsport, der stets im Mittelpunkt seines Leben stand, reisst Robert Thalmann brutal aus dem Leben.
Es geschah letzte Woche bei der Königsetappe des Giro d’Italia nach Bormio. Wie die Profis will Thalmann den Umbrail bezwingen. Doch der mit 2501 Meter über Meer höchste Schweizer Alpenpass wird zu viel für den 68-Jährigen.
Thalmanns Herz will nicht mehr. Auch die sofortige Nothilfe dreier Giro-Ärzte kann nicht mehr helfen.
«Ich habe mit Robert noch einen Tag vor seinem Tod telefoniert», erzählt Rad-Legende Bruno Risi. «Voller Freude erzählte er mir, dass er die Giro-Königsetappe vor Ort anschauen werde.»
Wie immer in den letzten Jahren, egal ob bei kleinen oder grossen Rennen, war Thalmann ein interessierter Zuschauer. Sei es an der Tour de Suisse, in den Alpen der Tour de France oder die Dolomiten am Giro – Bergetappen sah er am liebsten vor Ort.
Ausgerechnet er, der als Trainer mit dem Strassenvierer auf ebenen Autobahnen die grössten Erfolge feierte. So gewann er mit den Tempobolzern Richard Trinkler (60), Alfred Achermann (57), Laurent Vial (57) und Benno Wiss (54) an den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles Silber im 100-km-Mannschaftsfahren.
Im Gegensatz zu seinem Bruder Erwin (72) fuhr Robert Thalmann aber nie als Profi. Er bewies sein grosses Talent bei den Amateuren, gewann mehrere Schweizer Meistertitel. 1976 vertrat er die Schweiz an den Olympischen Spielen in Montreal im Strassenrennen.
Und vor allem war Robert Thalmamnn ein ausgezeichneter Trainer. «Bei Robert habe ich gelernt, richtig zu trainieren», schwärmt der fünffache Bahn-Weltmeister Risi (48). «Die Trainings waren knallhart. Er war seiner Zeit voraus, mit dem Material und den Töff-Trainings.» Risi fuhr wie Kurt Betschart, Alex Zülle und Armin Meier in der Sportgruppe «Equipe Thalmann», damals eines der besten Amateur-Teams in Europa.
Von 1987 bis 1990 führte Robert Thalmann seine Profi-Teams (Cynderella, Frank-Toyo) mit Profis wie Rolf Järmann, Werner Stutz oder Kurt Steinmann. 1991 gründete Thalmann in Schenkon LU das Fachgeschäft «Radsport Thalmann», das er mit seinen beiden Geschäftspartnern führte. Nahm sich aber die Zeit, auf dem Velo zu sitzen und Rennen zu besuchen.
Nicht im VIP-Zelt, er bevorzugte den Strassenrand. In dritter, vierter Reihe, leicht erhöht. Natürlich in Velokleidung, das Rennrad leicht schrägt angestellt, sass er auf dem Oberrohr. «Ja, man muss halt etwas machen, in Form bleiben», war seine Begrüssung.