Rad-Star Martin nach Horror-Unfall
«Ich dachte, Froome sei tot»

Nach seinem Horror-Unfall wird Chris Froome acht Stunden lang operiert. Es geht ihm besser, auch wenn der Sturz fatal aussah. Aber: Seine sportliche Zukunft ist ungewiss.
Publiziert: 14.06.2019 um 11:39 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2019 um 13:45 Uhr
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Chris Froome ist am Mittwoch heftig gestürzt.
Foto: imago images / Panoramic International
Mathias Germann und Nicolas Ledergerber

Chris Froome (34) hatte einen Traum. Er wollte in diesem Jahr zum fünften Mal die Tour de France gewinnen. Dann wäre der Brite in einem Atemzug mit Anquetil, Hinault, Merckx und Indurain genannt worden. Sie schafften als Einzige dieses Kunststück.

Froomes Traum zerschellt am Mittwoch an einer Hauswand, 70 Kilometer nördlich von Lyon. Froome rekognosziert die Strecke des Dauphiné-Zeitfahrens, nimmt eine Hand vom Lenker, um zu schneuzen. Just zu diesem Zeitpunkt erfasst ihn eine Wind-Böe. Froome verliert die Kontrolle über sein Rad und knallt in eine Mauer. Mit 54 km/h, wie die Auswertung seiner GPS-Daten ergibt.

«Keine Chance zu bremsen»

Sein Rad-Kollege und Landsmann Dan Martin hat den Horror-Crash hautnah miterlebt. Ihm geht der Vorfall nicht mehr aus dem Kopf: «Ich sehe die Szene vor meinem inneren Auge immer wieder», sagt der Brite zu «Cyclingnews». Den Vorgang schildert Martin so: «Er putzt seine Nase. Wir sahen, wie er in die Wand krachte. Er hatte keine Chance, zu bremsen.»

Alle Beteiligten sind schockiert. Martin: «Wir standen einfach da für 20 Sekunden, erschüttert. Wir fragten, ob es irgendetwas gäbe, was wir tun könnten. Es hätte viel schlimmer sein können. Ich dachte, er sei tot.»

Fäbus schlimme Erinnerungen

Ex-Profi Fabian Cancellara (38): «Als ich davon hörte, kam mir sofort mein eigener Sturz während einer Ausfahrt im letzten Jahr in den Sinn. Erfasst der Wind bei hoher Geschwindigkeit dein Velo von der Seite, kann dies sehr gefährlich werden.»

Und wie geht es Froome? «Sein Zustand ist sehr, sehr ernst», sagt Ineos-Teamchef Dave Brailsford am Mittwoch. «In einer achtstündigen Operation wurden der gebrochene Oberschenkel, die Hüfte, der Ellenbogen und die Rippen repariert.» Froome liegt auf der Intensivstation, sein Zustand scheint nun aber stabil zu sein.

Rivalen im eigenen Team

Weniger klar ist, welche inneren Verletzungen Froome erlitt. Er wird noch mehrere Tage im Spital verbringen, seine Frau Michelle steht ihm zur Seite.

Wird Froome je aufs Rad zurückkehren? Und wenn ja: Schafft er es wieder zurück an die absolute Weltspitze?

«Ich hoffe es», sagt Cancellara. Doch Froomes sportliche Uhr tickt. Schon bei der letzten Tour wurde er geschlagen – vom Teamkollegen Geraint Thomas (33). Und Ineos hat mit Egan Bernal (22, Kol) und Pawel Siwakow (21, Russ) zwei Supertalente in der Hinterhand.

Beim Start der Tour de France 2020 wird Froome 35 Jahre, einen Monat und sieben Tage alt sein. Nur ein Tour-Sieger war älter, notabene vor 100 Jahren: Firmin Lambot (1886–1964) im Jahr 1922.

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