Nachdem Jolanda Neff (32) im März ihre Einladung zu einer Pressekonferenz versandt hat, kommt beim einen oder anderen Adressaten ein Blitzgedanke: Wird die erfolgreichste Schweizer Mountainbike-Fahrerin der Geschichte etwa ihren Rücktritt verkünden? Nein, im Gegenteil. Sie hat noch viel vor. Die Olympiasiegerin von 2021 redet an diesem verregneten Tag im Rheintal über ihr im September geplantes, selber organisiertes Volksrennen namens «GP Jolandaland».
Und im Gespräch danach mit Blick wird sehr schnell deutlich: Diese Frau ist weit davon entfernt, an den Rücktritt zu denken. Vielmehr macht Neff klar: Sie startet 2025 ihre Karriere neu und meint es richtig ernst, nach mageren Jahren an die Weltspitze zurückkehren zu wollen. «Ich fühle mich sehr gut und liege gut im Fahrplan», sagt die St. Gallerin vor dem Weltcup-Saisonstart am Wochenende in Brasilien.
Olympiasiegerin verblüfft mit drei Winter-Siegen
Neff erlebte den besten Winter seit Jahren. Sie wechselte auf 2025 den Weltcup-Rennstall und begann sofort, mit dem neuen Velomodell Siege einzufahren: Rang 1 beim stark besetzten Vorbereitungsrennen in Banyoles (Sp), Rang 1 bei einem Rennen in Italien und Rang 1 beim Swiss-Cup-Auftakt in Rivera TI.
Neff plötzlich wieder ganz oben. Dieses Sieg-Tripple und die beeindruckende Frühform liess in der Szene aufhorchen – wird die Grande Dame des Schweizer Mountainbike-Sports tatsächlich nochmals im Stil ihrer grossen Jahre mit den Gesamtweltcupsiegen 2014, 2015 und 2018 durchstarten?
Mit diesen drei Siegen hat Neff diese Saison jedenfalls bereits vor dem Weltcup-Start mehr gewonnen als in den letzten zwei Krisenjahren zusammen. 2023 und 2024 gewann die einstige Seriensiegerin kein einziges Rennen mehr. Auf Weltcup- und WM-Stufe sowieso nicht, aber auch keines sonst mit internationaler Konkurrenz. Für die starken Schweizer Ergebnisse war zuletzt bei den Frauen stets die konstante Nidwaldnerin Alessandra Keller (29) zuständig, die sich als Doppel-Doppel-Gesamtweltcupsiegerin zur Weltnummer 1 aufschwang, während Neff in die Krise rutschte.
Der Schweizer Mountainbike-Sport steuert auf eine Zäsur zu. Legende Nino Schurter (38) fährt 2025 sein letztes Jahr. Der Olympiasieger, zehnfache Weltmeister und neunfache Gesamtweltcupsieger kriegt für seine Abschiedstour eine Saison mit zwei grossen Highlights. Neben der Heim-WM im Wallis (30. August bis 14. September) rückte eher überraschend wieder Lenzerheide GR als Weltcup-Station (20./21. September) in den Kalender, wo Lokalheld Schurter im drittletzten Rennen seiner Karriere ein emotionaler Auftritt erwartet.
Der Bündner gehört wie Filippo Colombo (27), Mathias Flückiger (36), Marcel Guerrini (30) und Lars Forster (31) im Weltcup auch dieses Jahr zu den Podestanwärtern.
Schweizer Seriensiege sind angesichts der starken internationalen Konkurrenz aber nicht zu erwarten. Schon gar nicht bei den Frauen, auch wenn Alessandra Keller (29) als Titelverteidigerin beider Gesamtweltcup-Wertungen startet. Die Nidwalderin liess sich im Oktober ein sechs Jahre zuvor (!) gerissenes Kreuzband operieren. Die Reha verlief planmässig, Keller ist beim Weltcup-Auftakt am Start. Sie hat Ende Saison in Crans-Montana ihre erste WM-Medaille im Visier.
Extrem ist der Trend, dass die besten Mountainbiker sich voll oder teilweise auf den lukrativen Strassensport konzentrieren. Mit Olympiasieger Tom Pidcock (Gb, 25), Olympiasiegerin Pauline Ferrand-Prévot (Fr, 33), Weltmeisterin Puck Pieterse (Ho, 22) und Weltmeister Alan Hatherly (ZA, 29) fahren die Abräumer der grossen Titel dieses Jahr alle auch Rennvelo. (md)
Der Schweizer Mountainbike-Sport steuert auf eine Zäsur zu. Legende Nino Schurter (38) fährt 2025 sein letztes Jahr. Der Olympiasieger, zehnfache Weltmeister und neunfache Gesamtweltcupsieger kriegt für seine Abschiedstour eine Saison mit zwei grossen Highlights. Neben der Heim-WM im Wallis (30. August bis 14. September) rückte eher überraschend wieder Lenzerheide GR als Weltcup-Station (20./21. September) in den Kalender, wo Lokalheld Schurter im drittletzten Rennen seiner Karriere ein emotionaler Auftritt erwartet.
Der Bündner gehört wie Filippo Colombo (27), Mathias Flückiger (36), Marcel Guerrini (30) und Lars Forster (31) im Weltcup auch dieses Jahr zu den Podestanwärtern.
Schweizer Seriensiege sind angesichts der starken internationalen Konkurrenz aber nicht zu erwarten. Schon gar nicht bei den Frauen, auch wenn Alessandra Keller (29) als Titelverteidigerin beider Gesamtweltcup-Wertungen startet. Die Nidwalderin liess sich im Oktober ein sechs Jahre zuvor (!) gerissenes Kreuzband operieren. Die Reha verlief planmässig, Keller ist beim Weltcup-Auftakt am Start. Sie hat Ende Saison in Crans-Montana ihre erste WM-Medaille im Visier.
Extrem ist der Trend, dass die besten Mountainbiker sich voll oder teilweise auf den lukrativen Strassensport konzentrieren. Mit Olympiasieger Tom Pidcock (Gb, 25), Olympiasiegerin Pauline Ferrand-Prévot (Fr, 33), Weltmeisterin Puck Pieterse (Ho, 22) und Weltmeister Alan Hatherly (ZA, 29) fahren die Abräumer der grossen Titel dieses Jahr alle auch Rennvelo. (md)
«Ich habe letztes Jahr früh in der Saison begonnen, mich mit einem möglichen Teamwechsel zu beschäftigen», sagt die Ostschweizerin und nennt den Transfer vom Trek-Team zum Rennstall der US-Marke Cannondale als sehr willkommenen Boost, wieder frischen Wind in die Karriere reinzubringen. Nachdem sie während ihrer dominanten Jahre fast jede zweite Saison das Team gewechselt hatte, fuhr Neff ab 2019 sechs Jahre für Trek. So lange wie sonst bisher für keine andere Marke.
«Es war Zeit für einen Wechsel»
«Die ersten zwei, drei Jahre bei Trek waren erfolgreich», schildert Neff, «aber dann gabs in zwei Jahren im Management und im Betreuerstab 15 Wechsel. Das war nicht einfach.» In die erste Phase fällt der grandiose Olympia-Triumph in Tokio 2021. Doch im Weltcup gewann Neff seit August 2022 nie mehr: «Ich bin ein Mensch, der Änderungen und neue Herausforderungen braucht. Es war Zeit für einen Wechsel.»
Allerhöchste Zeit? Irgendwie schwingt bei Neff ein leises Bedauern mit, vielleicht nicht schon früher eine Luftveränderung angestrebt zu haben, auch wenn sie es nicht offen ausspricht. Denn in die sieglosen Jahre fallen auch Episoden wie das von Neff-Seite vorzeitig beendete Engagement von Coach Josu Larrazabal, der sie zu sehr in ein vom Strassensport adaptiertes Trainingsregime steckte. Und natürlich die Episode um die Atemprobleme, die sie letztes Jahr die Olympia-Teilnahme in Paris kostete.
Cross-Country Weltcup:
3.–6. April: Araxá 1 (Brasilien)
10.–12. April: Araxá 2 (Brasilien)
23.–25. Mai: Nove Mesto (Tschechien)
5.–8. Juni: Leogang (Österreich)
20.–22. Juni: Val di Sole (Italien)
9.–13. Juli: Vallnord (Andorra)
21.–31. August: Les Gets (Frankreich)
18.–21. September: Lenzerheide (Schweiz)
3.–5. Oktober: Lake Placid (USA)
9.–12. Oktober: Mont-Sainte-Anne (Kanada)
Mountainbike-WM im Wallis:
30. August – 14. September: 8 Disziplinen an 6 Orten
Cross-Country Weltcup:
3.–6. April: Araxá 1 (Brasilien)
10.–12. April: Araxá 2 (Brasilien)
23.–25. Mai: Nove Mesto (Tschechien)
5.–8. Juni: Leogang (Österreich)
20.–22. Juni: Val di Sole (Italien)
9.–13. Juli: Vallnord (Andorra)
21.–31. August: Les Gets (Frankreich)
18.–21. September: Lenzerheide (Schweiz)
3.–5. Oktober: Lake Placid (USA)
9.–12. Oktober: Mont-Sainte-Anne (Kanada)
Mountainbike-WM im Wallis:
30. August – 14. September: 8 Disziplinen an 6 Orten
Es stellt dem Trek-Team nicht gerade ein besonders gutes Zeugnis aus, dass die Amerikaner während Jahren Neffs Atemnot bei gewissen Wetterbedingungen nicht genau auf den Grund gingen. Dass alles an einer anstrengungsbedingten Verengung der Stimmbänder (Fachbegriff EILO) lag, wurde letzten Sommer dann auf Swiss-Cycling-Initiative herausgefunden. Ebenso die Lösung, dass Neff mit einer veränderten Atemtechnik das Problem umgehen kann.
Für ihren Neuanfang machte sie nun einen Haken hinter die Stimmbänder-Episode. Der Körper mache wieder mit. «Es geht sehr gut mit Atmen, ich habe keine Beschwerden mehr», schildert Neff und führt als Beweis das jüngste Trainingslager in Südafrika an: «Dort war es sehr heiss und trocken. Doch ich hatte keine Probleme.» Die Trockenheit war es, die ihren Hals jeweils wie «einen Turnsack» zuschnüren liess.
Der Weg zurück ganz nach vorne ist dennoch weit
Ihr neues Team trägt Neff jedenfalls schon auf Händen. Teamboss ist der deutsche Ex-Weltcup-Fahrer Manuel Fumic (43). Er ist bei der Präsentation von Neffs «GP Jolandaland» vor Ort und sagt: «Jolandas Vertrag läuft zwei Jahre. Aber wir würden schon jetzt sofort verlängern!» Im familiären Team bis zu den Olympischen Spielen 2028 zu bleiben, kann sich Neff zwar gut vorstellen. Aber sie will noch zuwarten. «Wenn es mir weiterhin so gut gefällt, ist eine Verlängerung dann schnell gemacht.»
Da fühlt sich eine wieder richtig wohl im Sattel. Doch ob das reicht, um dieses Jahr die jüngere und schnelle Generation an der Weltspitze aufzumischen? Der Weg zurück nach ganz vorne ist für Neff trotz ermutigendem Neustart noch weit – sie hält dagegen und sagt: «Mit dieser These bin ich nicht einverstanden. Ich bin sehr zuversichtlich.» Nach den ersten beiden Rennen in Brasilien wissen wir mehr.