Mit ein wenig Fantasie erinnert er auf den ersten Blick mit seinem Bart fast an den gestrandeten Insulaner Robinson Crusoe. Mountainbiker Nino Schurter hat sich vom glattrasierten Look, den er in Rio de Janeiro Ende August bei seinem Olympiasieg trug, in den letzten Wochen verabschiedet.
Weit weg von der Schweiz genoss der 30-Jährige zusammen mit seiner Frau Nina und der 13-monatigen Tochter Lisa wohlverdiente Ferien. Vier Wochen am Stück. Ohne Termine einfach die Seele baumeln lassen, die Schweizer Handynummer nicht aktiv.
Eine Belohnung, die sich Nino nach seiner dritten Olympia-Medaille der Karriere und dem fünften WM-Titel gönnte. Zuerst zwei Wochen Erholung auf den Seychellen, anschliessend zwei Wochen rund um Kapstadt (Südafrika), wo Schurter oft in Trainingslagern weilt.
«Es war toll. Wir waren zum Beispiel erstmals auf der Garden Route unterwegs, wozu uns bisher immer die Zeit fehlte», sagt der Bündner nach der Rückkehr Mitte November.
In diesen Tagen hat Schurter wieder mit dem Bike-Training begonnen, im Hinterkopf bereits Olympia 2020 in Tokio, wo er – Gesundheit vorausgesetzt – nochmals starten will. Als einziger Schweizer Rio-Champion hat er sich diesbezüglich bereits festgelegt.
Für Schurter wird das Projekt Tokio 2020 eine neue Erfahrung. «Ich war bisher noch nie in Japan. Einen speziellen Bezug zum Land habe ich drum nicht. Es gibt allerdings einen Profi-Biker, Kohei Yamamoto, der in der Schweiz jeweils auch trainiert und mit dem ich ab und zu Kontakt habe.»
Einen ersten Vorgeschmack, was ihn im Land der aufgehenden Sonne erwarten könnte, bekommt Schurter schon jetzt in seiner eigenen Küche daheim in Chur. Die Bieler Fengshui-Beraterin und Leiterin von japanischen Kochkursen, Michèle Stocco-Dolder, bereitet zusammen mit dem Mountainbiker und seiner Familie ein japanisches Gericht zu.
Für Ninos Mittagessen hat Michèle die Zutaten für eine Reisschale mit Rindsgeschnetzeltem (Gyudon), eine Miso-Suppe und eingelegtes Gemüse mitgebracht. Schurter hat keine Berührungsängste mit der Küche, auch wenn er sagt: «Ich koche zwar gelegentlich, aber meistens ist es schon Nina, die in der Küche zaubert.»
Gekonnt schneidet er die Zwiebelringe, bekommt sogar ein Lob von Koch Michèle. Während des Kochens erzählt sie von ihren vielen Reisen nach Japan, wie Land und Leute auf sie wirken, welche Spezialitäten es ausser dem bekannten Sushi noch gibt.
Nach einer Stunde in der Küche kommt der Moment der Wahrheit. Schurter richtet die Teller mit dem Gyudon an, schöpft die Suppe. Und natürlich wird am Tisch nur mit Stäbchen gegessen. Itadakimasu! Guten Appetit! Nino und seiner Familie schmeckt es köstlich. Der erste (japanische) Appetit auf Tokio 2020 ist gestillt.
Stocco-Dolder ist mit ihrem «Kochschüler» zufrieden. «Das Kochen mit Nino war toll und gab ihm einen Ausblick, auch wenn Tokyo 2020 noch weit entfernt ist. Das Essen mit den Stäbchen war herausfordernd, doch dank meiner Erklärung klappte dies ganz gut.»
Alle Infos zu den japanischen Kochkursen mit Michèle Stocco-Dolder und dem Event-Kochen in der eigenen Wohnung gibts auf www.lifeki.ch