Im Schritttempo fährt der Materialwagen die Tremola hoch. Die Autoreifen surren über das Kopfsteinpflaster. Vor dem Mercedes stampft ein einsamer Alex Zülle. Die Bilder jenes 23. Juni 2001 hat er immer noch präsent.
220 Kilometer lang ist die Etappe von Widnau SG auf den Gotthard. Alex Zülle will endlich die Tour de Suisse gewinnen. In der Tremola soll er seine Gegner abhängen. Doch von einem Tritt auf den andern ist es passiert – als habe man ihm die Beine abgehackt.
Sein Kopf baumelt hin und her. Das Gesäss schürft den Sattel ab. Die Schultern stampfen wie die Beine. «Es war eine meiner bittersten Niederlagen», sagt Alex Zülle heute. Auf den letzten 5000 Metern hat er über neun Minuten auf Sieger Dimitri Konischew (Russ) verloren.
24 Kehren auf 13 Kilometern
Die Tremola wird auch an der 79. Tour de Suisse Opfer fordern. Die alte Passstrasse auf der Südrampe des Gotthardpasses ist mit 24 Kehren und dem Kopfsteinpflaster schlimmer als ein Paris–Roubaix. Denn auf den 13 Kilometern gehts mit bis acht Steigungsprozenten hoch auf 2091 Meter.
Die Tremola ist zusammen mit der Königsetappe auf den Ötztaler Rettenbachgletscher in Sölden (5. Etappe) der Höhepunkt dieser Tour de Suisse. Ein Felssturz in der Schöllenenschlucht zwingt die Organisatoren zu einer Ersatzroute.
Die Etappe wird wie geplant in Brunnen gestartet. Dann folgt der Bustransfer ins Tessin zum Flughafen Quinto. Von dort erfolgt der Aufstieg zum Gotthardpass über die Tremola. Nach der rasanten Abfahrt durch die Leventina und nach einer Zusatzrunde in der Magadinoebene gehts dann hinauf zum ursprünglichen Zielort Olivone im Bleniotal.
Neun Schweizer Profis sind gemeldet. Die Routiniers Martin Elmiger (36), Michael Albasini (34) und Fabian Cancellara (34) können aus Schweizer Sicht Etappen gewinnen.
Im Gesamtklassement kann einzig Sébastien Reichenbach (Team, IAM) in die Top 10 fahren. Favoriten für den Sieg sind der letztjährige Tour-de-France-Dritte Thibaut Pinot (Fr) sowie die beiden Polen Rafal Majka und Weltmeister Michal Kwiatkowski.