Jolanda Neff, Luca Shaw, Sie sind zum ersten Mal als Paar in der Schweiz unterwegs. Wie haben Sie sich kennengelernt?
Jolanda Neff: Das war Anfang Sommer bei einem Weltcuprennen. Manchmal haben wir Cross-Country-Mountainbiker mit den Downhillern zusammen Weltcuptermine. Da ist es passiert.
Luca Shaw: Es ist eine lustige Geschichte. Jolanda kam mit einer Freundin zu unserem Team-Bus und hat gefragt, ob wir noch eine Mütze für sie hätten. Ich hatte keine, aber ich habe ihr gesagt, wenn sie zurückkommt, bekommt sie einen.
Wussten Sie, wer Jolanda ist?
Shaw: (lacht) Ich wusste schon, wer sie ist. Aber sie dachte, ich sei ein Mechaniker.
Wer hat den ersten Schritt gemacht?
Shaw: Ich. Sie hat sich an dem Tag zuerst vorgestellt, aber nachdem wir ein paar Mal miteinander geredet hatten, habe ich sie gefragt, ob sie mal etwas mit mir unternehmen will.
War es Liebe auf den ersten Blick?
Neff: Es war schon ein Flash, wie ein Blitz. Eben, ich dachte zuerst, er sei ein Mechaniker, habe erst später herausgefunden, dass er nicht nur ein Fahrer ist, sondern sogar ein sehr guter, einer der besten. Es hat sofort gepasst zwischen uns.
Sie sind beide Mountainbike-Profis. Wie oft sehen Sie sich während der Weltcup-Saison?
Neff: Im Hochsommer ist es cool, da haben wir oft am selben Ort Rennen. Im Frühling ist es ein bisschen schwieriger, da sind die Weltcups nicht am selben Ort.
Und im Winter?
Neff: Ich war kürzlich einen Monat in den USA, im Moment ist er in der Schweiz. Aber klar, es werden auch andere Zeiten kommen. Diesen Winter fahre ich Radquer, da bin ich in Europa unterwegs. Und Luca muss trainieren, da ist die europäische Kälte nicht ideal, darum werden wir nicht so viel zusammen sein über den Winter.
Dann haben Sie es ja in Ihrer Kennenlernphase perfekt getroffen.
Neff: Genau. Wir konnten uns gut kennenlernen. Wir hatten immer wieder Gelegenheiten zwischen den Rennen, etwas Zeit miteinander zu verbringen.
Luca, Sie haben nun eine Freundin aus der Schweiz. Hand aufs Herz: Konnten Sie als Amerikaner die Schweiz und Schweden schon vor Jolanda auseinanderhalten?
Shaw: Oh ja, ich kenne den Unterschied. Ich bin in Europa in den letzten vier, fünf Jahren schon nur des Sportes wegen viel herumkommen.
Wie gefällt Ihnen die Schweiz?
Sehr gut. Ich war im Weltcup schon drei, vier mal da. Aber viel konnte ich nicht sehen. Jetzt zeigt mir Jolanda die ganzen Geheimtipps. Ich liebe es hier. Es ist cool, abseits der Rennen hierherzukommen. Man sieht viel. Fahren ist toll, die Berge sind super. Wo ich herkomme, gibt es nur Hügel. Die Alpen sind toll.
Was ist Ihnen an Jolanda als erstes aufgefallen?
Sie war sehr freundlich, ich bin gut mit ihr ins Gespräch gekommen. Ich fand sie einfach toll, ihr Status als Spitzenfahrerin und ihre Herkunft haben nie eine Rolle gespielt. Es fühlt sich einfach richtig an.
Und Sie, Jolanda?
Neff: Bei mir war es ähnlich. Als er in diesem Truck nach der Mütze gesucht hat, hat er sich dermassen Mühe gegeben, diese Freundlichkeit hat mich beeindruckt. Er macht die Dinge mit dem Herzen.
Haben Sie Ihre Sportarten gegenseitig schon ausprobiert?
Neff: Downhill habe ich mit ihm noch nie ausprobiert. Aber wir sind schon Cross-Country fahren gegangen, er ist mit mir auch schon auf die Streckenbesichtigung mitgekommen. Das war interessant, er fährt ganz andere Linien in seinem Sport. Und wir haben auch schon zusammen Cross-Country trainiert.
Wer war schneller?
Shaw: Oh, das war kein enges Rennen. Ich konnte ungefähr eine halbe Runde mit ihr mithalten, danach musste ich sie ziehen lassen. Sie ist mir davongefahren.
Haben Sie Pläne, Jolanda das Downhill-Fahren zu zeigen?
Shaw: Ich glaube, das würde ihr gefallen. Sie hätte es auf jeden Fall drauf. Vielleicht wechselt sie ja eines Tages in unsere Disziplin. Man merkt an ihrem Fahrstil, dass sie auch da wüsste, was sie tut.
Luca, sprechen Sie schon Deutsch?
Shaw: Ich bin daran, es zu lernen. Vor einer Woche konnte ich noch nichts, jetzt habe ich ein paar Worte drauf. Von eins bis zehn zählen kann ich und die Wochentage.
Dann schiessen Sie mal los!
Shaw: (auf Schweizerdeutsch) Mäntig, Zischtig, Mittwuch, Dunnstig, Fritig, Samstig, Sunntig … Sie merken, ich lerne nur Schweizerdeutsch, kein Hochdeutsch.
Eine sehr gute Wahl!
Shaw: (lacht) Diesen Hochdeutsch-Quatsch brauche ich nicht.
Wissen Sie, dass Jolanda als St. Gallerin einen auch für Schweizer Ohren ungewöhnlichen Akzent hat?
Shaw: (lacht) Nein, das wusste ich nicht.
Neff: Ich bringe ihm St.-Galler-Dialekt bei. Natürlich, das ist das Ziel.
Shaw: Das ist ja auch alles, was ich brauche.
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Die St. Gallerin Jolanda Neff (25) hat dreimal den Mountainbike-Weltcup gewonnen, wurde viermal Weltmeisterin. Der US-Amerikaner Luca Shaw (21) kletterte 2018 im Downhill-Weltcup erstmals aufs Podest, als er in Kroatien Zweiter wurde, hat ausserdem eine Reihe Top-10-Ergebnisse im Palmarès.