Man hinkt hinterher
Das ist das Problem im Schweizer Frauen-Radsport

Die Tour de Suisse Women wird immer wichtiger. Aber halten die Schweizerinnen mit dem Tempo mit? Nicht wirklich. Blick nennt die vier wichtigsten Baustellen.
Publiziert: 22.06.2022 um 18:34 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2022 um 20:46 Uhr
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Der Frauen-Strassenradsport erlebt einen Aufschwung. Aber in der Schweiz gibt es Nachholbedarf.
Foto: keystone-sda.ch
Mathias Germann

Vorbilder fehlen! Gold für Jolanda Neff, Silber für Sina Frei und Bronze für Linda Indergand. Die Schweizer Mountainbike-Frauen räumten bei Olympia in Tokio mächtig ab. Das ist wunderbar, für den Strassen-Frauenradsport aber ein Problem. Denn: Die jungen Talente streben ihnen nach, während die Vorbilder auf der Strasse – mit Ausnahme von Marlen Reusser (30) – praktisch fehlen. Die Folge? Es rückt kaum jemand nach. Bei der Tour de Suisse bestand das sechsköpfige Schweizer Nati-Team komplett aus Fahrerinnen, die ihr Bike mit dem Rennvelo tauschten. Keine denkt über einen definitiven Wechsel nach.

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Es gibt zu wenig Schweizer Rennen! Von den 26 World-Tour-Veranstaltungen gibts nur eine in der Schweiz: Die Tour de Romandie Féminin (7.-10. Oktober). Immerhin: 2023 erhält auch die Tour de Suisse Women den höchsten Rad-Status. Das überstrahlt jedoch grundlegendes. Denn wie bei den Männern gibt es zu wenige Nachwuchsrennen in der Schweiz. Warum? Sie sind zu teuer, die hohen Auflagen ersticken jegliche Initiative im Keim. Jolanda Neff sagt: «In Holland gibt es fast jedes Wochenende irgendwo Strassenrennen. Die Kids erleben, wie cool das sein kann. Das fehlt bei uns.»

Kein Nationaltrainer! Die Stelle des Strassen-Nationaltrainers ist seit sieben Jahren vakant. Mountainbike-Erfolgscoach Edi Telser springt jeweils ein, er hat so aber keine Zeit, um Konzepte und Programme für junge Fahrerinnen – zum Beispiel in Form von Trainingslagern – zu erarbeiten. Thomas Peter, Geschäftsführer von Swiss Cycling, kontert: «Es gibt gar nicht genügend Fahrerinnen, die eine Besetzung der Stelle rechtfertigen würden. Das wäre Symptom-Bekämpfung. Momentan müssen wir den Hebel an der Basis ansetzen. Sollte sich alles bessern, denken wir auch über einen vollamtlichen Nationaltrainer nach.»

Vereine brauchen Hilfe! Mit der Kampagne «Fast and Female» versucht Swiss Cycling, Mädchen und junge Fahrerinnen für den Radsport zu gewinnen und sie ganz nach oben zu bringen. Das ist wichtig. Peter: «Es ist nicht immer ideal, wenn in den Vereinen 15-Jährige mit 36-Jährigen trainieren. Darum haben wir Stützpunkte kreiert, wo die jungen Frauen unter sich sind und von professionellen Trainern betreut werden. Dieser Zwischenbau fehlte bislang» Wichtig ist allerdings die Unterstützung der kleinen Radclubs trotzdem, damit Mädchen überhaupt einen Zugang zum Velo erhalten. Zur Erinnerung: Die besten Schweizer Rad-Profis, Marlen Reusser und Elise Chabbey (29) waren beide Ärztinnen, ehe sie den Beruf wechselten.

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