BLICK: Sieg im Teamzeitfahren, vier Tage in Gelb und der Triumph im Einzelzeitfahren. War das die schönste Woche Ihres Profi-Lebens?
Stefan Küng: Ich vergleiche nicht gern. Aber ich bin super happy. Gestern in der Früh war ich wie der Löwe im Käfig, wollte am liebsten sofort losfahren. Ich habe das Zeitfahren dann jedoch super eingeteilt. Unser BMC-Team war die ganzen neun Tage eine Einheit. Leider ist Andy Rihs nicht mehr hier, aber ich bin sicher, dass er stolz von oben zugeschaut hat.
Was bringen Ihnen diese Erfolge für die Zukunft?
Sie geben mir einen mega Boost! Diese Tour de Suisse ging extrem schnell vorbei, ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass wir neun Tage unterwegs waren. Das ist sehr ein gutes Zeichen.
Man spürt eine neue, innere Ruhe in Ihnen. Täuscht das?
Nein, das ist so. Ich habe einfach das Gefühl, dass es momentan stimmt. Ich geniesse es. Das Radfahren ist nicht nur mein Beruf, sondern auch mein Hobby. Eine Freude. Genau so bin ich auch die Tour gefahren.
Nach ihrem Sturz bei Paris-Roubaix, wo Sie den Kiefer brachen, zweifelten einige an Ihnen.
Ich bin viel kritisiert worden. Es ist nicht immer so einfach, wie es aussieht, alles wegzustecken. Zu sagen, das interessiert mich nicht. Die Verletzung, die unterschwelligen Vorwürfe von der Allgemeinheit...
Wie meinen Sie das?
Mich persönlich spricht eigentlich niemand an. Aber das was in den Zeitungen geschrieben wird, glauben die Leute halt ein Stück weit auch. Dann heisst es im Dorf: Jetzt ist er schon wieder gestürzt. Das nimmt man schon wahr. Und die super Schlauen sagen: Jetzt muss er wieder mal was zeigen. Aber als Profi-Sportler muss ich damit umgehen können. Es ist Teil des Jobs, ich bin niemandem böse.
Nachdem Sie zum Auftakt Gelb holten, fragten sich alle, wie lange Sie es halten würden. Sie auch?
Ich habe mir nie gesagt: Ou, heute schaffe ich das nicht!
Keine Zweifel?
Ich habe mir immer alles zugetraut. Aber als ich im Aufstieg nach Montana den Platten hatte, sagte der Kopf auf einmal: Jetzt ist es vorbei! Doch ich habe mich rasch gefangen, wurde irgendwie mega gelassen.
Sie mussten das Trikot trotzdem abgeben.
Einerseits konnte ich super zufrieden sein. Anderseits hab ich gedacht: Ach, vielleicht wäre ja doch noch mehr möglich gewesen! Ich nehme das als Zeichen für die Zukunft.
Sie sind äusserst beliebt. Rufen die Leute eigentlich Stefan oder Küng?
Beides. Aber häufiger Stefan (schmunzelt).
Viele fragen sich: Gewinnt Küng mal die Tour de Suisse?
Ich bin zweimal die Tour de Suisse gefahren und hatte zweimal das gelbe Trikot an, total fünf Tage in Gelb. Es gibt Profis, die sehr gut sind, aber das Trikot in 15 Jahren nie hatten.
Noch einmal: Können Sie die Tour gewinnen?
Ich werde mich weiterhin auf meine Stärken konzentrieren. Meine besten Jahre kommen noch.
Neun Tage Tour de Suisse sind vorbei. Was machen Sie eigentlich am Montag?
Am Vormittag räume ich sicher meine Tasche aus, dazu muss ich mal Wäsche waschen. Am Abend haben wir eine Ausfahrt mit Mitarbeiter von «Micarna». Albasini und Hollenstein sind auch dabei – ich sehe sie also schon wieder (schmunzelt).
Und danach gibts etwas vom Grill?
Ganz sicher eine Bratwurst. Darauf freue ich mich!