Jan Christen (18) ist das grösste Rad-Talent der Schweiz
«Wenn ich angreife, lupft jeder das Füdli»

Er ist unfassbar erfolgreich, überraschend selbstbewusst und hat einen Vertrag beim mächtigen Team UAE Emirates in der Tasche. Nun will Jan Christen (18) in Australien Weltmeister werden.
Publiziert: 19.09.2022 um 15:30 Uhr
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Aktualisiert: 20.09.2022 um 10:36 Uhr
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Jan Christen dominiert die Schweizer Junioren-Kategorie. Doch der Aargauer hat viel grössere Träume.
Foto: SprintCyclingAgency©2022
Mathias Germann (Text) und Benjamin Soland (Fotos)

Ein Café in Aarau. Jan Christen schlürft einen Iced Macchiato und sagt: «Eines Tages werde ich in der Lage sein, alles zu gewinnen. Die Tour de France, Paris–Roubaix und den WM-Titel bei der Elite.» Ob es so weit kommen wird? «Ich weiss es nicht. Aber ich werde alles dafür tun. Und bislang sehe ich keinen Grund, warum es nicht klappen sollte.»

Christen ist gerade einmal 18 Jahre alt und 60 Kilo schwer. Er wirkt unscheinbar. In der Rad-Szene wissen aber längst alle, was im jungen Aargauer aus Gippingen steckt. Denn: Christen dominiert die Junioren-Kategorie in der Schweiz nach Belieben – er ist zweifacher Meister im Radquer, auf der Bahn, auf dem Mountainbike und im Zeitfahren. Dazu wurde er 2022 Quer-Weltmeister, Strassen-Europameister und Bike-Vizeweltmeister.

«Alles ging sehr schnell, und ich bin stolz auf mich. Gleichzeitig zieht mein Palmarès Schwierigkeiten mit sich. Vor allem bei Strassenrennen schauen alle ständig auf mich. Wenn ich angreife, lupft jeder das Füdli», sagt er.

Das dürfte auch bei der WM im australischen Wollongong (18. bis 24. September) so sein. «Darum sind meine Chancen im Zeitfahren wohl besser. Da geht es nur um mich», so Christen. Sein Ziel dabei ist klar: der Sieg. «Ich habe keine Mühe damit, das zu sagen. Ich war schon immer sehr selbstbewusst und weiss, dass ich unter Druck bestehen kann», sagt er.

Trainings mit Rad-Star Pogacar

Christen hat grosse Erwartungen an sich, das merkt man. «Aber Jan soll sich in Ruhe entwickeln, wir setzen ihn nicht unter Druck. Er ist noch sehr jung und bekommt von uns die Zeit, die er braucht. Wir glauben an ihn», sagt Mauro Gianetti (58). Der Tessiner Ex-Profi ist Manager des Rennstalls UAE Emirates, bei dem Rad-Star Tadej Pogacar (23, Slo) und Marc Hirschi (24) unter Vertrag stehen – und bald auch Christen. «Ich habe bis 2027 unterschrieben. Das gibt mir Sicherheit. Ich durfte auch schon in ein Trainingscamp mit Pogacar, das war wirklich cool. Obwohl er schon zweimal die Tour de France gewonnen hat, hat er überhaupt keine Starallüren», so Christen.

Da stellt sich die Frage: Wie hielt er mit dem Slowenen mit? «Ich bin wie er stark am Berg. Aber im Training fahren wir nicht am Limit, Vergleiche sind also schwierig. Dennoch würde ich es mir schon zutrauen, ab nächstem Jahr bei den Profis mitzuhalten», so Christen. Ob er dann wirklich in der World Tour debütieren wird, ist noch unklar – es kommt darauf an, ob UAE ein Nachwuchsteam aufbaut oder nicht. Sollte dies so sein, bestünde die Chance durchaus.

Arbeit im Spital

Christens Ausbildung soll nicht unter seinen Rad-Ambitionen leiden. Bis Sommer 2023 geht er noch zur Schule, er macht das KV. 2024 gehts in die Spitzensport-RS, dazu wird Christen im Asana-Spital Leuggern im Büro arbeiten und die KV-Sportlehre beenden. Und nebenbei trainieren und Rennen fahren, so wie heute. «Mein Ziel ist es, auch künftig auf der Strasse, im Mountainbike und im Radquer zu fahren – ich will nichts aufgeben», so der Rad-Tausendsassa.

Aber wird ihm das alles nie zu viel? Schliesslich sitzt er schon jetzt 360 Tage pro Jahr auf dem Velo – wenn auch manchmal nur kurz. Mutter Jolanda war wie sein Vater Sepp einst Radprofi. Sie meint: «Es braucht eine gute Organisation. Aber Jan ist sehr zielstrebig und verfolgt seine Ziele konsequent. Wir finden es gut, dass er Sport macht, und unterstützen ihn dabei.»

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