Kann man sich ans Siegen gewöhnen? Im Fall von Nino Schurter ist diese Frage durchaus berechtigt. Aber: Der WM-Titel in der Lenzerheide löst beim erfolgsverwöhnten Bündner dennoch besondere Gefühle aus. Bereits 100 Meter vor dem Ziel reisst er die Hände in die Höhe, geniesst das Bad in der Fan-Menge.
Als seine Gold-Medaille im Trockenen ist, hebt er sein Bike in die Höhe, macht die Welle mit den Zuschauern, jauchzt vor Freude. Was für Emotionen! Schurter: «Es ist unglaublich, hier zu gewinnen. Es hatte so viele Fans, es war so laut. Das beste Gefühl, das ich je hatte. Aber es war ein hartes Rennen, ich hatte nicht die besten Beine. Ich habe viel gelitten, aber es hat sich gelohnt.»
Geschenkt wird Schurter der Titel allerdings nicht. Vor allem der Italiener Gerhard Kerschbaumer macht dem Schweizer Top-Favoriten das Leben schwer, er versucht mit allen Mitteln, Schurters 4. WM-Titel in Serie zu verhindern.
In der zweitletzten Runde ist Kerschbaumer, der mit Nino lange an der Spitze liegt, dann aber geschlagen. Schurter tritt zum wiederholten Male an und zermürbt ihn endgültig. Im Ziel hat Schurter 11 Sekunden Vorsprung. Es ist sein insgesamt siebter WM-Erfolg und nach dem Olympiasieg von Rio 2016 sein wohl schönster Moment der Karriere.
«Meine Ohren schmerzen mehr als die Beine»
Klar, dass Schurter jetzt auf Wolke sieben schwebt. Dritter wird Mathieu van der Poel (Ho, 1:14 Minuten zurück). Die weiteren, starken Schweizer: Florian Vogel wird Fünfter (+1:54), Mathias Flückiger Sechster (+2:00) und Thomas Litscher 10. Für Vogel, der seine 20. WM in Serie fährt, war es ein spezielles Rennen: «Ich bin extrem stolz, nun bereits 20 Jahre an der Spitze mitfahren zu können. Jetzt vor dem Heimpublikum Fünfter zu werden ist unglaublich. Nach den beiden Olympiateilnahmen ist dies mein grösster Erfolg.» Vogel würden nun aber die Ohren mehr weh tun als die Beine: «Ohne Witz, ich habe einen Tinnitus, meine Ohren schmerzen, es war so laut.»