«Ich fühle mich betrogen»
Neuer Doping-Skandal schockiert Schweizer Rad-Profis

Martin Elmiger und Kilian Frankiny sind entsetzt. Zwei ihrer ehemaligen Teamkollegen haben gedopt: Georg Preidler (28) und Stefan Denifl (31).
Publiziert: 06.03.2019 um 20:45 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2020 um 11:44 Uhr
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Martin Elmiger ist schockiert: «Wer meint, nicht erwischt zu werden, ist dumm!»
Foto: BENJAMIN SOLAND
Mathias Germann und Hans-Peter Hildbrand

Alles beginnt mit der «Operation Aderlass» bei der Nordisch-WM in Seefeld (Ö). Mehrere Langläufer werden beim Dopen erwischt. Dann gibt auch Rad-Profi Preidler zu, dem Netzwerk des deutschen Sportmediziners Markus S. anzugehören. «Ich habe mir Blut abnehmen lassen, es aber nie rückgeführt», erklärt Preidler gegenüber der «Kleinen Zeitung». Er macht reinen Tisch. «Ich konnte nicht mehr mit diesem Geheimnis leben.»

Im Zuge der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck gesteht auch Preidlers Landsmann Denifl. Er soll ebenfalls mit Markus S. in Kontakt gestanden haben, der Verdacht von Blutdoping gilt auch für ihn. Seine Lebensgefährtin soll auch in den Fall verstrickt sein.

Elmiger: «Keine zweite Chance»

Vier Jahre lang war Ex-Profi Martin Elmiger (40) bei IAM Teamkollege von Stefan Denifl. «Ein super Typ», so der Zuger. Umso mehr schockiert ihn Denifls Geständnis. «Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Ich bin extrem enttäuscht.»

Dass er schon zu ihren gemeinsamen IAM-Zeiten (2013–2016) gedopt haben könnte – nein, das kann sich Elmiger nicht vorstellen. «Wir wurden von Ärzten der Uni-Klinik Genf betreut. Alles war top. Das Risiko, beim Dopen aufzufliegen, wäre viel zu gross gewesen. Unsere Blutwerte wurden ganz genau untersucht.» Elmiger ist sich bewusst: Ausschliessen, dass Denifl schon damals auf die falsche Bahn geriet, kann man nicht. «Das kann man nie. Aber es sprach nichts dafür. Er fiel weder durch spezielles Verhalten auf, noch wirkte er nervös.»

Denifl feierte bei IAM keine grossen Erfolge. Erst nach seinem Wechsel 2017 zu Aqua Blue Sport gewann er eine Vuelta-Etappe und die Gesamtwertung der Österreich-Rundfahrt. So traurig Elmiger nun über die Doping-Meldung seines Ex-Teamkollegen auch sein mag – er ist überzeugt, dass der Radsport heute sauberer ist als früher. «Wer meint, nicht erwischt zu werden, ist dumm. Denn er muss nicht nur die Fahnder, sondern auch das eigene Team täuschen. Die Zeiten von systematischem Doping wie früher bei US Postal sind vorbei.»

Und welche Sperre hält er im Fall von Denifl für angemessen? Elmiger klipp und klar: «Wenn einer zugibt, bewusst gedopt zu haben, verdient er für mich keine zweite Chance.

Frankiny: «Fühle mich betrogen»

Kilian Frankiny (25) ist erst seit einigen Monaten beim Team Groupama-FDJ. Und trotzdem begeistert. «Hier herrscht eine andere Atmosphäre als früher bei BMC. Wir sind wie eine grosse Familie», so der Oberwalliser. Genau weil es ihm in der französischen Mannschaft so gefällt, traf ihn die Nachricht über den Doping-Fall von Georg Preidler bis ins Mark. «Ich fühle mich betrogen», so Frankiny. Zwar kennt er Preidler noch nicht lange. Dennoch hatten sie einen guten Draht. «Ein sympathischer Typ, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht.»

Und nun der Schock. Bei einigen Teams würde eine ähnliche Meldung weniger hohe Wellen werfen. Doch Groupama-FDJ ist keine gewöhnliche Mannschaft. Der von einem grossen Versicherungskonzern und der französischen staatlichen Lotterie finanzierte Rennstall gilt als Vorzeige-Equipe, hat keine von Doping verseuchte Vergangenheit.

Eine Episode, die ein Insider gegenüber BLICK erzählt, unterstreicht die Nulltoleranz des Teams. «An einem Teambuilding-Event Ende November stand unser Teammanager Marc Madiot beim Abendessen auf und sagte: ‹Wir wollen gewinnen – aber nicht um jeden Preis. Wenn es nicht zum Sieg reicht, weil andere betrügen, dann ist das so. Umso stolzer dürft ihr sein, wenn ihr selbst es schafft. Darum: Wenn jemand von euch dopt oder daran denkt zu dopen, soll er bitte jetzt aufstehen und den Raum verlassen.›»

Schliesslich seien 35 Fahrer und 50 Personen im Staff betroffen. Niemand stand auf. Auch Georg Preidler rührte sich nicht.

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