Nicht schon wieder! Im Zentrum «Ronde van Vlaanderen» ist das Erlebnismuseum gerammelt voll – mit Cancellara-Fans. Denn Fabians Fanclub «Spartacus» schaut in der Museums-Brasserie, dem Klublokal im belgischen Oudenaarde, die dritte Tour-Etappe auf der Grossleinwand. Dann der grosse Aufschrei.
Rund 60 km vor dem Ziel an der Mur de Huy (Be) touchiert William Bonnet das Rad eines Fahrers. Der Franzose geht zu Boden, löst den Massensturz aus. Fabian Cancellara rast ungebremst in den rechten Strassengraben.
«Es passierte in einer leichten Abfahrt. Ich sah den Crash kommen. Ich hoffte, dass ich da durchkomme. Aber da touchierte mich einer von hinten.» Er dreht einen Salto, sein gelbes Rennvelo fliegt weit durch die Luft. Team-Manager Luca Guercilena (It) ist sofort bei ihm, hilft ihm auf die Beine. Cancellara klagt über Schmerzen im Bereich jener Lendenwirbel, die er im April beim GP Harelbeke gebrochen hat.
Sein Gesicht ist schmerzverzerrt. Einer der Tour-Ärzte spricht mit ihm. Cancellara ist angeschlagen. Seinen belämmerten Zustand bestätigt er mit Handzeichen.
Zwei Lendenwirbel gebrochen
Das Rennen wird im Anschluss an den Sturz neutralisiert. Vier Fahrer geben auf. Unter ihnen befindet sich auch der Gesamtdritte, der Holländer Tom Dumoulin.
Cancellara aber steigt aufs weisse Ersatzvelo. Er greift sich immer wieder an die Hüfte, fährt im letzten Drittel des Feldes. 20 Kilometer vor dem Ziel kann er das horrende Tempo nicht halten, er lässt das Feld ziehen.
Fast 12 Minuten verliert er auf den Sieger Joaquim Rodriguez (Sp). «Eigentlich wollte ich das Leadertrikot verteidiigen. Dann aber stürze ich bei Tempo 80.» Christopher Froome (Gb) trägt heute das Leadertrikot auf der vierten Etappe.
Was am Morgen in Antwerpen so schön begann – Cancellara erhält ein Diamanten-Präsent im Wert von 25 000 Franken – endet abends in der Röhre vom Spital in Gent.
Die Diagnose ist ein Schock: Wie schon im Frühjahr bricht er sich zwei Lendenwirbel im unteren Rückenbereich. Für ihn ist seine zehnte und letzte Tour de France vorbei. Er wird in die Schweiz zurückkehren. «Ich hoffe, ich bleibe positiv für die zweite Saisonhälfte.»