Peter Sagan (29) gibt seinem Betreuer ein unmissverständliches Zeichen. Dieser versteht sofort, schüttet ihm Gummibärchen auf die Hände. Gierig verschlingt der Rad-Star aus der Slowakei die Süssigkeiten.
Diese nur fünf Sekunden dauernde Szene wurde auf Youtube schon tausendfach angeklickt. Sie stammt vom 26. Februar 2017 nach der Zieleinfahrt des Klassikers Kuurne-Brüssel-Kuurne. Sie gab mehr zu reden als sein Sieg. «Am Ende der Etappe brauchen die Fahrer so schnell wie möglich eine gewisse Menge an Kohlenhydraten per Kilogramm Körpergewicht. Wir verwenden einen speziellen «Finishline Drink» – und Gummibärchen», sagt Ralph Scherzer, Medienbetreuer bei Sagans Team Bora-Hansgrohe. Bei der Tour de Suisse ist das nicht anders.
Und siehe da: Auch andere Fahrer mögen die 1,5 Zentimeter grossen Fruchtgummis. «Nach der Etappe, immer gerne. Ein Becherchen voll. Das tut für die Moral gut», sagt Matteo Badilatti (26) von der Rad-Nati. Nach den vielen Gels und drei oder vier Litern Flüssigkeit, die er auf dem Rad in sich hinein schüttet, liebt er etwas zum Beissen. «Das ist auch für den Kopf wichtig.»
Badilatti und Lienhard naschen auch
Badilattis Teamkollege Fabian Lienhard (25) stimmt zu. Als er im letzten Jahr noch für ein kleines US-Team fuhr, waren Gummibärchen nach Rennen oder harten Trainings völlig normal. «Ich glaube gar, der Trend entstand ursprünglich in Amerika», meint der Zürcher. Auch Silvan Dillier (28), der wegen eines Schlüsselbeinbruchs nicht an der Tour ist, steht übrigens auf die Leckereien. «Nur hat unser Team sie leider nicht immer dabei», meint er schmunzelnd.
Nun stellt sich die Frage: Sind Gummibärchen – abgesehen vom mentalen Aspekt – auch für den Körper gut? Joëlle Flück ist Ernährungswissenschaftlerin und berät das Swiss Cycling Team. Sie sagt: «Es gibt drei wichtige Komponenten der Ernährung nach dem Rennen: Kohlenhydrate, Wasser und Protein. Gummibärchen enthalten schnell verfügbare Kohlenhydrate. Sie helfen also, nach dem Rennen die Kohlenhydratspeicher aufzufüllen, sind also alles andere als schädlich.»
Dennoch erklärt die ehemalige Spitzen-Leichtathletin, dass es noch Besseres als Gummibärchen gebe. «Ein Recovery-Shake enthält alle drei Komponenten, also auch Wasser und Proteine – das ist ideal. Dennoch verstehe ich, wenn Fahrer Gummibärchen möchten – die Psyche ist auch ein wichtiger Faktor.»