Der letzte grosse Schweizer Rad-Star wird 40 Jahre alt. Eine Party gibt es nicht. «Corona lässt es nicht zu. Schade», sagt Fabian Cancellara. Verbittert ist er deswegen nicht. Nur mit der Floskel «es ist halt ein Jahr mehr» tut er seinen runden Geburtstag allerdings auch nicht ab. «Ich habe nun eine Vier und eine Null auf dem Rücken. Das ist schon anders.» Für BLICK Grund genug, um nachzufragen: Gibt es vier Geschichten, die er noch nie erzählt hat? Der vierfache Weltmeister und zweifache Olympiasieger nickt.
1. Falsches Velo im Kofferraum. Es passierte um 4 Uhr morgens im Jahr 1998. Ich fuhr mit meinem Vater zu einem Nati-Zusammenzug nach Egerkingen. Von dort aus ging es zu einem Juniorenrennen nach Luxemburg. Ich war gut drauf und freute mich. Doch als ich mein Velo aus dem Kofferraum nahm, wunderte sich mein Mechaniker: «Seit wann hast du eine schwarze Sattelstütze?» Ich traute meinen Augen kaum, mein Vater hatte das Velo meiner Schwester eingepackt! Mir blieb nichts anderes, als die Rennen in Luxemburg mit einem Nati-Ersatzrad zu fahren. Stahlrahmen statt Karbon, 13 Kilo statt 8 – es kotzte mich richtig an. Es war friss oder stirb. Ich nahm die Challenge auf dem Bock an, wurde einmal Achter und einmal Neunter.
2. Baby-Angst und kein Superman. Jeder kennt die Story von London 2012. Ich war beim Olympia-Strassenrennen vorne dabei, verschätzte mich bei einer Rechtskurve und prallte voll in die Absperrungen – mein Gold-Traum platzte. Was ich nie wirklich erzählt habe, ist die Vorgeschichte – sie war mir zu privat. Unsere Tochter Elina kam kurz vor meiner Abreise auf die Welt. Weil sie aber nach der Geburt starkes Fieber hatte, musste sie zurück ins Spital. Fünf Tage lang Tests – wir hatten Angst vor einer Hirnhautentzündung. Ich pendelte zwischen Training, zu Hause und Spital hin und her. Olympia stand auf der Kippe. Zum Glück ging es Elina dann besser, und ich reiste nach London. Aber ich war emotional nicht auf der Höhe. Für mich war mein Unfall daher auch kein Pech. Es war, wie wenn der Herrgott gesagt hätte: «Fabian, du bist kein Superman!» Ich verstand.
3. Verbotener Schluck Bier. Während Rio 2016 wurden wir beim Eingang des olympischen Dorfs stets kontrolliert. Alkohol war strikt verboten. Doch weil der Ordner irgendwann die Lust verlor, unsere stets gleich gefüllten Getränkeboxen anzuschauen, haben wir halt mal einige Dosen Bier reingeschmuggelt. So konnte ich nach meiner Goldmedaille auf dem Zimmer mit meinen Kollegen anstossen – herrlich.
4. Innenschuhe auf der Heizung. 2013 wollte ich unbedingt die Flandernrundfahrt gewinnen. Weil das Wetter mies war, heckten mein Trainer und ich kurzfristig einen Plan aus. Wir flogen für zwei Trainingstage nach Alicante. Bei der Ankunft merkte ich: Die Innensohlen meiner Rennschuhe sind nicht da! Ich hatte sie zu Hause nach dem Waschen auf der Heizung liegen gelassen. Es war mir so peinlich. Ich brauchte Ersatz, nahm welche aus einem Turnschuh und benutzte diese. Alles fühlte sich weich und schwammig an. Aber ich zog es durch, trainierte stundenlang, flog zurück und gewann in Flandern.
Und was wünscht sich Cancellara zum 40. Geburtstag? Klar, Gesundheit. Aber er sagt auch: «Roger Federer und Simon Ammann werden in diesem Jahr auch 40. Ich würde gerne mit ihnen Znacht essen gehen – das wäre richtig cool!»