Der Col du Galibier. Ein Mythos. Bereits 1911 überquerten ihn die Fahrer der Tour de France erstmals. Heute ist es wieder so weit. Er ist der dritte grosse Pass des Tages . Er könnte – obwohl das Ziel der Etappe nach einer knapp zehn Kilometer langen Abfahrt folgt – für eine Zäsur im Gesamtklassement sorgen.
«Ich will einfach ein tolles Rennen sehen»
Die Rad-Profis sind nach zweieinhalb Wochen müde. Jetzt entscheiden Klasse, Fitness und Moral. 23 Kilometer lang steigt die Strasse von Briançon (1226 m) in Richtung Galibier-Pass (2642 m) an. Ein Showdown steht an.
«Ich würde Pinot oder Alaphilippe den Tour-Sieg gönnen. Aber auch Thomas. Letztlich will ich einfach ein tolles Rennen sehen», sagt Tony Rominger. Er werde die Etappe selbstredend im TV verfolgen. Und in Erinnerungen schwelgen? Schliesslich war er es, der 1993 in der 10. Etappe den Galibier als Erster erreichte, kurz darauf die Etappe gewann und Tour-Bergkönig wurde. «Nein, ich lebe im Moment», winkt er ab.
Letztlich erzählt Rominger, der von 1986 bis 1997 total 94 Siege feierte, aber doch. Zuerst vom Galibier selbst. «Ein Monument, aber nicht der schwierigste Pass. Der Col de la Madeleine ist härter.»
Stolz auf seinen Erfolg am Galibier
Dann über jenen berühmten Tag, als er mit dem späteren Tour-Sieger Miguel Indurain (Sp) und Alvaro Mejia (Kol) dem Ziel entgegenfuhr. «Es hatte enorm viele Leute am Strassenrand. Aber ich nahm sie nicht wahr – das tat ich nie, wenn ich vorne mitmischte. Mit Indurain war alles klar, er wollte sowieso den Gesamtsieg. Ich musste also Mejia bezwingen. Das war nicht schwierig, Kolumbianer konnten früher nur gut klettern.»
Rominger ist stolz auf seinen Erfolg vom 14. Juli 1993. «Das war mein bestes Jahr. Leider verpatzten wir gleich zu Beginn das Mannschaftszeitfahren, büssten dreieinhalb Minuten. Da war Hopfen und Malz früh verloren.»
Das gepunktete Bergpreis-Trikot von 1993 hat er behalten
Die Prüfungen gegen die Uhr waren damals echte Mammut-Tests, das von Rominger angesprochene Rennen führte über 81 Kilometer. Er stellt generell fest: «Die Tour war nie mein Ding. Ich war kein Hitze-Fahrer, sondern vor allem gut bei Regen und Kälte.» Rominger gewann im Frühling zwar dreimal die Vuelta (1992 bis 1994) und einmal den Giro (1995), aber nie die Grande Boucle – 1993 wurde er Zweiter.
Gekränkt hat ihn das nie. Auch wenn er nach dem Rücktritt zehn Jahre kein Velo mehr anrührte. Heute leitet und organisiert er Rad-Reisen, spult bis zu 10 '000 Kilometer an der Seite von Hobbyfahrern ab.
Was die wenigsten wissen: Rominger hat jeden seiner Pokale verschenkt, dazu fast alle Trikots, «meistens an Teamkollegen». Nur das gepunktete Bergpreis-Trikot von 1993 hat er behalten. Und wer weiss, vielleicht denkt er heute doch noch einmal an jenen grossen Tag am Galibier zurück.
Im BLICK-Ticker gibt es alle Etappen der Tour de France 2019 nochmals zum Nachlesen. Verpassen Sie kein Ergebnis und Highlight des legendären Radrennens!
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